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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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brachte. Er wusste nicht, wo Zane und Beatrice abgeblieben waren, vertraute aber darauf, dass sie seine schwierige Lage erahnten und das Theater ohne ihn verließen.
    Schnaufend kam er zum Treppenabsatz im ersten Stock, fand die Tür verschlossen vor und stürzte weiter zum zweiten, wo er anhielt, die Tür einen Spalt öffnete und hinauslugte.
    Der Flur war unglaublich überfüllt. Die Leute drängten sich vor der Loge, weil sie einen Blick auf den Tatort werfen wollten, während ein paar Schergen versuchten, der Menge Einhalt zu gebieten. Einer von ihnen befragte die Besucher der angrenzenden Logen, unter denen auch die Frau mit der schrillen Stimme war, die als Erste Alarm geschlagen hatte.
    Obwohl Fulminacci ein ganzes Stück weit weg stand, hörte er gut, was sie dem Schergen sagte.
    »Ich habe dieses… dieses Ding gesehen… also den Kopf. Mein Gott, wie entsetzlich! Ich dachte, ich sterbe vor Schreck. Glaubt mir, meine Sinne schwanden, mein Blick vernebelte sich, aber ich habe jemanden in der Loge gesehen, als ich mich vorbeugte. Das Gesicht konnte ich nicht erkennen, weil er einen großen Hut aufhatte, so ähnlich wie ihn die Fuhrknechte tragen, wisst Ihr? Ja, diese breiten, unförmigen Töpfe mit abfallender Krempe. Außerdem hatte er einen dunklen Rock an, dunkelbraun vielleicht, und sehr weite Hosen. Die Schuhe habe ich nicht gesehen, weil sie hinter der Balustrade verborgen waren. Tut mir leid, dass ich ihn so ungenau beschreibe, aber Ihr müsst bedenken, was ich durchgemacht habe, dieses Grauen, dieses Entsetzen!«
    Von wegen ungenaue Beschreibung, dachte Fulminacci. Wenn Guercino selbst mich porträtiert hätte, hätte er es nicht minutiöser tun können!
    Jedenfalls versperrte ihm die ungeahnte Beobachtungsgabe der Frau nun auch diesen Fluchtweg.
    Da er weder über die Bühne noch über die Logenaufgänge verschwinden konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als in seinem Versteck auszuharren, bis auch der letzte Zuschauer gegangen war. Er baute darauf, nicht allzu lange warten zu müssen, da die Aufführung, nach allem, was er mitbekommen hatte, abgebrochen worden war. Sobald das Theater leer war, würde er im Schutz der Dunkelheit das Gebäude verlassen können.
    Doch wie schon häufiger an diesem Abend gab der arme Fulminacci sich einem übertriebenen Optimismus hin. Von der anderen Seite der Tür drang nämlich plötzlich die Stimme des Hauptmanns der Schergen zu ihm, der den Theaterdirektor aufforderte, ihn bei einer gründlichen Durchsuchung des Hauses zu begleiten.
    Zweifellos wusste der Direktor von der Hintertreppe, auf welcher der Maler sich befand, und vermutlich würde die Durchsuchung gerade in den Bereichen des Theaters beginnen, die als Versteck dienen konnten.
    Mit anderen Worten, er saß ganz schön in der Tinte.
    Mit klopfendem Herzen lief er die Treppe wieder hinunter, in der wenig realistischen Hoffnung, einen anderen Ausgang zu finden oder es doch noch zu schaffen, die Tür im ersten Stock aufzubrechen. Auch wenn seine Chancen schlecht standen, gab es vielleicht noch irgendeine Möglichkeit, aus dem ersten Stock zu entkommen, bevor die Schergen die Durchsuchung organisiert hatten.
    Doch das Schloss widersetzte sich jeder Gewalteinwirkung. Um die Tür zu öffnen, hätte er sich mit der Schulter dagegenwerfen müssen, was nicht unmöglich gewesen wäre angesichts des dünnen Holzes, aber unweigerlich Aufmerksamkeit erregt hätte.
    Fulminacci war nun wirklich verzweifelt, aber noch nicht bereit aufzugeben. In völliger Finsternis stieg er die Stufen wieder hinauf und tastete dabei fieberhaft die Wände auf der Suche nach einem rettenden Schlupfloch ab, als seine Finger etwa auf halber Höhe der Treppe auf einen Türrahmen stießen. Er fuhr den Umriss nach und fand die Klinke, die er vorsichtig herunterdrückte. Die Tür war nicht verschlossen.
    Auch dahinter konnte sich eine Bedrohung verbergen, das war ihm klar, aber was hatte er für eine Wahl, als sein Glück zu versuchen?
    Ganz langsam öffnete er die Tür ein paar Zentimeter und sah, dass sie in einen fensterlosen Raum führte, der nur von einem Kerzenleuchter auf einem runden Tisch mit grünem Tischtuch erhellt wurde. Daran saß ein Mann und hantierte mit einer großen Menge von Münzen, die seine flinken Hände zu ordentlichen Haufen auftürmten. Nicht weit davon, direkt neben dem Kerzenleuchter, lag ein Stoß Karten.
    Der Mann kehrte ihm den Rücken zu, und eine zweite Tür, die Gott weiß wohin führte, war nur wenige

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