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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Neues ausdenken.
    Zum Glück begann der Sänger seine Arie noch einmal von vorn, da das Publikum zum richtigen Zeitpunkt »da capo« gerufen hatte.
    Wie im Flug lief der Maler die zweite Treppe hinunter, stieß sich dabei mit den Händen an der Wand ab, um nicht an Schwung zu verlieren, und sauste wie eine Musketenkugel durch den Flur des zweiten Rangs.
    Als er den Türgriff drückte, ohne auf Widerstand zu stoßen, fiel er beinahe in Ohnmacht vor Erleichterung. Er wollte gerade die Wendeltreppe in Angriff nehmen, als er aus dem Augenwinkel eine Person in einem langen Mantel aus einer der nächstgelegenen Logen schlüpfen sah. Sie machte sich noch nicht einmal die Mühe, die Tür hinter sich zu schließen. Ohne Zweifel handelte es sich um dieselbe Person, die er vorhin schon gesehen hatte, denn er bemerkte das leichte Nachziehen des rechten Beins. Die verhüllte Gestalt entfernte sich schnell und lief die Treppe zum unteren Rang hinunter.
    Il Pisanino trillerte immer noch in den höchsten Tönen und schien nicht so bald aufhören zu wollen; ansonsten war es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Jetzt, da er beinahe in Sicherheit war, wurde Fulminacci ruhiger, und seine angeborene Neugier gewann wieder die Oberhand.
    Nur ein schneller Blick in die Loge, dachte er. Ich spähe kurz mal hinein, und dann nichts wie weg!
    Er war sich nicht ganz im Klaren, weshalb dieser doch eher harmlose Zwischenfall ihn so neugierig gemacht hatte, es sei denn wegen des neuerlichen Gefühls, den geheimnisvollen Operngast von irgendwoher zu kennen.
    Er kehrte um und lief zum offenen Eingang der Loge.
    Ein männlicher Körper in einem langen schwarzen Gewand lehnte schlaff an einem Pfeiler. Doch es waren nicht die Töne aus Pisaninos goldener Kehle, seien sie auch noch so himmlisch, die ihn hatten schwach werden lassen.
    Jemand hatte dem Mann den Kopf abgeschlagen, der nun auf der Brüstung der Loge prangte, von wo aus er mit leerem Blick zur Tür starrte.

KAPITEL XXII
     
    Aus dem Hals der Leiche quoll immer noch viel Blut, das sich in einer großen Pfütze auf dem spiegelnden Parkett sammelte.
    Auch aus dem abgetrennten Kopf rann das Blut und durchtränkte den grünen Samt, mit dem die Brüstung bezogen war.
    Fulminacci stand wie gelähmt da, und obwohl er nichts lieber wollte als weglaufen, zwang ihn eine magnetische Kraft, die Augen auf diese schauerliche Szene gerichtet zu halten.
    Dieses etwas morbide Zögern war es, was ihn in Schwierigkeiten brachte.
    Denn als er endlich davonrennen wollte, drehte sich eine Dame in der Nebenloge um, um ihrem Sitznachbarn etwas zuzuflüstern, und sah die makabre Trophäe, die nur wenige Ellen von ihr entfernt auf der Brüstung thronte.
    Die Frau stieß einen schrillen Schrei aus, der sogar die hohen Triller des Sängers übertönte. Einen kurzen Augenblick lang herrschte Stille, eine ganz unnatürliche Stille, in der sich mehrere Hundert Augenpaare in die Richtung wandten, aus der dieser durchdringende Laut, schrill wie von einer Buccina oder einer hohen Trompete, kam.
    Dann brach die Hölle los.
    Fulminacci hielt es nicht für klug, sich bei einer geköpften Leiche antreffen zu lassen, und rannte los, ehe die Leute in den Korridor strömten. Er erreichte die Tür zur Wendeltreppe und schlug sie hinter sich zu.
    Gerade noch rechtzeitig! Der Riegel war noch nicht eingerastet, als er hörte, wie die Logentüren aufgingen und erregtes Stimmengewirr den Flur erfüllte. Stolpernd hastete der Maler in der Dunkelheit die schmalen, steilen Stufen hinunter.
    Als er im Erdgeschoss angekommen war, wollte er gleich auf die Hinterbühne hinausstürzen, doch eine kluge Eingebung hielt ihn zurück. Das Echo vieler erschrockener Stimmen und das Trampeln von Füßen drang durch die Tür zu ihm. Er dachte, der Moment sei günstig, um das Durcheinander zu nutzen und loszulaufen, überlegte es sich aber anders. Besser war es, erst einmal nachzusehen.
    Er beugte sich zum Schlüsselloch hinunter und sah wenige Schritte von der Tür entfernt den Assistenten stehen, den er niedergeschlagen und gefesselt hatte. Bei ihm waren der Bühnenmeister und ein anderer Mann mit finsterem Gesicht und der dunklen Uniform der Schergen.
    Fulminacci sah sich gezwungen, die Treppe wieder hinaufzusteigen und zu versuchen, durch den Haupteingang hinauszugelangen. Auch im ersten Rang würde Chaos herrschen, aber es war unwahrscheinlich, dass ihn jemand erkannte oder mit der schrecklichen Bluttat in Verbindung

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