Das Blut des Skorpions
dämlicher Esel, wenn du mich nicht sofort zum Bischof bringst, wirst du es bereuen, auf die Welt gekommen zu sein, hast du mich verstanden?«
Die beiden Wachen, die von der Wendung, die der Wortwechsel nahm, überrascht wurden, brauchten einen Moment, um einzuschreiten. Als sie dann dem pedantischen Pförtner zu Hilfe eilen wollten, sahen sie sich der massigen Gestalt Zanes gegenüber, der keinerlei Furcht vor ihrer Bewaffnung zeigte. Ein leises Knurren des Riesen genügte, und sie nahmen eine vorsichtigere Haltung ein. Nach kurzem Zögern jedoch machte der eine Wachposten einen Ausfallschritt, in der offenkundigen Absicht, seine Autorität wiederherzustellen.
Da tauchten in Zanes Händen wie durch Zauber zwei große Messer auf und richteten sich gegen die beiden aufgeputzten Soldaten, die es daraufhin trotz ihrer Hellebarden und der anderen Waffen nicht für angezeigt hielten, die augenfällige Kampfbereitschaft des Riesen auf die Probe zu stellen.
»Signore, ich bitte Euch…«, stammelte der Pförtner in seiner Not.
»Entscheide dich, Hanswurst, meine Geduld ist zu Ende«, sagte der Maler und schüttelte ihn ein wenig.
»Selbst wenn ich auf Euren sicher berechtigten Wunsch eingehen wollte, wäre mir dies leider nicht möglich, denn der Bischof befindet sich zur Zeit nicht im Palast. Er ist vor zwei Stunden mit der Kutsche weggefahren.«
»Wo wollte er hin? Rede oder ich stech dich ab wie ein Kalb.«
»Unglücklicherweise besitzt Monsieur nicht die Angewohnheit, dem Dienstpersonal die Ziele seiner Ausfahrten mit der Kutsche zu nennen. Das ist die Wahrheit, ich schwöre es!«
Der Maler ließ den besserwisserischen Lakaien los, der wie ein Bündel Lumpen zu Boden sackte, weil ihn seine Beine nicht gleich wieder trugen.
»Gehen wir, Zane, aus diesem Kleingeist kriegen wir nichts mehr heraus.«
Fulminacci und der Slawe entfernten sich, ohne den beiden Wächtern den Rücken zuzukehren, die allerdings keine Anstalten machten, ihnen zu folgen.
Erst als sie schon ein ganzes Stück weit weg waren, fanden die Franzosen den Mut, ihnen ein paar hässliche Beschimpfungen hinterherzurufen, die Zweifel an ihrem Ehrgefühl aufkommen ließen. Fulminacci brauchte bloß so zu tun, als wollte er kehrtmachen, da hörten auch diese Beleidigungen auf.
»Großartig«, bemerkte er dann zu Zane, »diesen Weg hätten wir uns also endgültig verbaut. Irgendeine neue Idee?«
Zane schüttelte den Kopf.
Als Fulminacci sich umblickte, entdeckte er auf der anderen Seite der Piazza die Tische einer Taverne, an denen gerade niemand saß.
»Gehen wir mal rüber und reden mit dem Wirt«, schlug er vor. »Vielleicht hat er ja was gesehen oder gehört.«
Der Inhaber des Lokals erwies sich als jovialer und ausgesprochen redseliger Mann.
»Eine junge Frau?«, sagte er, kaum hatte der Maler nach Beatrice gefragt. »Mit einem langen, bunt gemusterten Rock? Lasst mich nachdenken… Trug sie zufällig eine karminrote Bluse?« Die beiden nickten. »Und hatte ihre roten Haare mit Bändern zusammengebunden?«
»Ja, das ist sie!«, bestätigte Fulminacci. »Ihr habt sie also gesehen?«
»Aber ja, meine Herren, das habe ich. So was Hübsches vergisst man nicht so schnell. Obwohl sie mir, muss ich Euch gestehen, etwas zu schmal um die Hüften herum war. Ich habe nämlich eine Schwäche für… wie soll ich sagen… üppig gebaute Frauen, müsst Ihr wissen. Üppig, ja, das ist das richtige Wort. Aber abgesehen von den Hüften war sie wirklich ein überaus ansehnliches Frauenzimmer. So eine bekommt man nicht allzu oft zu Gesicht…«
»Verzeiht, dass ich Euch unterbreche«, sagte Fulminacci, »aber wir müssen dringend wissen, wo wir sie finden können. Wenn Ihr daher so gut sein wollt, uns Auskunft zu geben…«
»Oh, gewiss, entschuldigt bitte – wenn ich eine so schöne junge Frau sehe, fühle ich mich immer an die Freuden meiner Jugendzeit erinnert. Man sieht es mir vielleicht nicht mehr an, aber vor dreißig Jahren war ich…«
Fulminacci räusperte sich und zeigte dem geschwätzigen Wirt ein drohendes Stirnrunzeln.
»Ach ja, Ihr habt recht, ich schweife schon wieder ab. Wisst Ihr, so ein Lokal zu führen macht ganz schön viel Arbeit, und die Gelegenheiten für einen Schwatz werden immer…«
»Die Frau!«, brüllte der Maler, dessen Geduld, die schon der Pförtner auf eine harte Probe gestellt hatte, nun endgültig erschöpft war. »Was ist mit der Frau?«
»Ja, natürlich, die junge Frau. Ich habe sie heute Morgen gesehen, es war
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