Das Blut des Teufels
ihn.
Die Wände der rechteckigen Kammer vor ihnen waren links und rechts mit goldenen Platten bedeckt. Sie glitzerten im Strahl von Gils Taschenlampe und der Schein wurde von den spiegelblanken Oberflächen vielfach zurückgeworfen, sodass ein Leuchten entstand, das sie nach dem Halbdunkel in den Tunneln der Grabungsstätte fast blind machte. Doch Gil scherte sich nicht weiter darum. Seine Lampe war nach wie vor auf einen einzelnen Gegenstand gerichtet, der den dreien genau gegenüber an der Steinmauer auf der anderen Seite der Kammer ruhte.
»Wir werden alle stinkreich, mi amigos .«
Dort drüben stand eine zwei Meter hohe goldene Statue, die Gestalt eines Inkakönigs mit rituellem Mantel und ritueller Krone, der einen Stab mit einer stilisierten Sonne an der Spitze in der Hand hielt. Die Figur war so lebensecht gearbeitet, dass es schien, als wollte das finstere Gesicht jeden Augenblick einen Warnruf ausstoßen. Aber es ertönte kein Wort des Protests. Der goldene Inkakönig stand schweigend da, als Gil die anderen in die Kammer führte.
Gil zog den Kopf ein und übertrat die Schwelle. Auf der anderen Seite des Eingangs konnte er wieder aufrecht stehen und er wartete nicht auf die anderen, sondern eilte den kurzen Vorraum hinab, magisch angezogen vom Gold. Beim Anblick dessen, was er vor sich hatte, blieb ihm die Luft weg. Boden wie Decke waren mit kostbaren Metallen bedeckt, die ein kompliziertes Muster aus Gold- und Silberfliesen von etwa einem Meter Kantenlänge bildeten. Das Muster der Decke war ein Spiegelbild desjenigen vom Boden. Zu Füßen der goldenen Statue lagen Haufen von Werkzeugen und Waffen, ebenfalls aus kostbaren Metallen gefertigt und besetzt mit Edelsteinen – Rubine, Saphire, Amethyste und Smaragde. Gil schüttelte den Kopf. Der gewaltige Reichtum war schier unfassbar.
Schließlich kam Juan und stellte sich neben Gil. Er trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen, denn ihr Fund ängstigte ihn. Als er etwas sagte, wollte er furchtlos erscheinen, doch seine Stimme kippte. »D… dann wollen wir mal einsammeln.«
Inzwischen war auch Miguel zu ihnen getreten und schlug beim Anblick des goldenen Königs das Zeichen des Kreuzes.
»Das ist keiner deiner toten Verwandten, Miguel«, neckte Juan seinen Gefährten. »Atme auf!«
»Dieser Ort ist verflucht«, murmelte Miguel und durchsuchte den Raum mit großen Augen. »Wir sollten uns beeilen.«
»Miguel hat Recht«, sagte Gil. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Schnappen wir uns, was heute Nacht möglich ist, und verstauen es im Regenwald. Vor Tagesanbruch kehren wir zurück und kümmern uns um die americanos und ihre dürren indianischen Arbeiter. Sobald wir sie aus dem Weg geräumt haben, holen wir die restlichen Männer, die, denen wir trauen können, damit sie uns beim Ausräumen helfen.«
Juan machte sich auf den Weg über den gefliesten Boden. Das Geräusch seiner Stiefelabsätze tönte seltsam in der hohlen Kammer. Er nickte zu den Bergen von Kostbarkeiten links und rechts zu Füßen der Inkafigur. »Ich würde sagen, wir sammeln das kleinere Zeugs ein. Sollen doch die anderen die schweren Sachen rausschleppen! Sollen sie sich ihren Anteil verdienen!«
Gil folgte, Miguel ihm auf den Fersen. »Wenn wir hier fertig sind, wird’s für alle überreichlich geben. Nicht mal hundert Männer können diese Reichtümer während ihres Lebens ausgeben.«
Juan warf einen Blick zurück. Auf seinem Gesicht lag ein breites Grinsen. »Tatsächlich? Da kennst du mich schlecht!«
Auf halber Strecke durch die Kammer schlug die Falle zu. Juan trat auf eine silberne Fliese und im selben Augenblick flog die entsprechende Goldfliese in der Decke über ihm auf. Tausende winziger Ketten flossen wie eine silbrige Kaskade herab und legten sich über Gils Gefährten. Juan schnappte entsetzt nach Luft und duckte sich, während die feinen Kettenglieder auf ihn herabregneten und ihn im Handumdrehen gefesselt hatten. Es sah aus wie ein erstarrter Wasserfall aus Silber. Schockiert, wenn auch unversehrt, tanzte Juan zwischen den hell klirrenden Ketten umher, verstrickte sich aber nur noch weiter hinein.
»Was zum …?«, setzte Juan an und streckte die Hand aus, um das Gewirr aus silbrigen Kettengliedern beiseite zu schieben. Ruckartig zog er die Hand zurück. »Scheiße, da sind überall Haken dran.«
Schließlich bemerkte Gil die hunderte von glitzernden, zentimeterlangen Haken, die den Ketten über die gesamte Länge hinweg entsprossen. Die Spitzen waren nach oben
Weitere Kostenlose Bücher