Das Blut des Teufels
und damit war die Sache erledigt. Schweigend starrte er Sam an, wie um ihn zu taxieren. »Wenn du meine Augen und Ohren sein sollst, wirst du alles wissen müssen, was ich weiß, Sam. Ich habe vor den anderen einige Dinge geheim gehalten. Aber damit du deine Entdeckung morgen im richtigen Licht betrachten kannst, musst du vollständig informiert sein.«
Sam setzte sich aufrechter hin. Plötzlich war sein Ärger über Philip verflogen. »Worüber?«
»Zwei Dinge. Zunächst: Der Mumie ist hier an der Johns Hopkins etwas Merkwürdiges zugestoßen.« Henry berichtete, wie der Schädel der Mumie explodiert war, und von der leuchtend goldenen Masse, die überall herumgeflogen war.
Sam hob die Brauen. »Mein Gott, Onkel Hank, was ist da passiert, zum Teufel?«
»Die hiesige Pathologin vertritt die These, dass durch das plötzliche Auftauen möglicherweise eingeschlossenes Methan explodiert ist. Aber in vier Jahrzehnten Praxisarbeit habe ich so etwas noch nie gesehen. Und dieses Zeug … Dr. Engel untersucht, woraus es besteht. In ein paar Tagen bin ich vielleicht schlauer, aber bis dahin sollst du die Augen offen halten. Vielleicht wird das Geheimnis, was in diesem Ort vor fünf Jahrhunderten geschehen ist, gelüftet, wenn du diese Tür öffnest.« »Ich werde auf alle erdenklichen Hinweise achten und behutsam weitermachen, selbst wenn ich Philip ganz fest an die Kandare nehmen muss.«
Sein Onkel lachte. »Aber vergiss nicht, Sam, dass ein erfahrener Reiter ein williges Pferd am besten durch ganz leise Berührungen der Zügel lenkt! Lass Philip in dem Glauben, er sei der Leiter, dann wird schon alles gut gehen.«
Sam runzelte die Stirn. »Trotzdem … weswegen die Geheimniskrämerei, Onkel Hank?«
Henry seufzte und schüttelte leicht den Kopf. Plötzlich bekam er müde Augen und wirkte dadurch viel älter. »In der Welt ist es wichtig, manches lieber geheim zu halten.« Er warf Sam einen Blick zu. »Denk an die Plünderer! Sogar in der abgelegenen Wildnis der Anden ziehen ein paar lose Mäuler die Räuber an wie ein Pferdeapfel die Fliegen. Das ist in der Welt der Wissenschaftler nicht anders. Ein paar achtlos hingeworfene Bemerkungen können finanzielle Zuwendungen, Stipendien und Positionen kosten. Das ist eine harte Lektion, die ich nicht gerne lehre.«
»Du kannst mir vertrauen.«
Henry lächelte. »Das weiß ich, Sam. Ich vertraue dir völlig. Ich hätte gern mein ganzes Wissen mit dir geteilt, aber ich wollte dich nicht mit Geheimnissen belasten. Noch nicht. Du wirst sehen, wie schwer es dich belastet, wenn du nicht offen mit deinen Kollegen sprechen kannst. Doch jetzt habe ich keine andere Wahl mehr, die Umstände zwingen mich jetzt dazu, meine Last auf deine Schultern zu wälzen. Du musst das letzte Teil des Puzzles kennen, den Grund, weshalb ich mir sicher bin, dass ein älteres Volk diese Stadt errichtet hat.« Er beugte sich näher zum Bildschirm. »Ich glaube sogar zu wissen, wer es war.«
»Wovon sprichst du? Wer? Diesem Ort ist überall das Siegel der Inka aufgeprägt.«
Sein Onkel hielt eine Hand hoch. »Ich weiß. Ich habe nie in Abrede gestellt, dass die Inka letztlich diesen Ort übernommen haben. Aber wer ist vor ihnen dort gewesen? Ich habe Geschichten gehört, mündlich überlieferte Geschichten aufgezeichnet, die über Generationen hinweg weitergegeben worden sind. Eine besagt, dass der erste Inkakönig in die heiligen Berge ging und eine Braut in einer wunderbaren Stadt entdeckte. Als er mit ihr zurückkehrte, errichtete er das Reich der Inka, das hunderte von Jahren überdauerte. Also geben die Inka sogar in ihren uralten Geschichten zu, dass ein fremdes Volk ihre Wurzeln teilte. Aber wer? Es ist das Geheimnis, hinter dem ich seit Jahrzehnten her bin. Meine Forschungen auf diesem Gebiet haben zu der Entdeckung dieser Ruinen geführt. Aber die Antwort auf die Frage – wer hat diese Stadt errichtet? –, die habe ich erst vergangenen Monat gefunden.«
Sam hatte es die Sprache verschlagen. Wie wild wirbelten die Gedanken in seinem Kopf herum und er versuchte sich vorzustellen, wie viel sein Onkel bisher verschwiegen hatte. »Du … du weißt wirklich, wer diese Stadt errichtet hat?«
»Ich will es dir zeigen.« Henry griff nach der eigenen Tastatur und der eigenen Maus und klickte verschiedene Dateien an. »Ich würde liebend gern behaupten, dass es ein brillantes Stück Forschungsarbeit gewesen ist, aber in Wahrheit war es eins dieser zufälligen Ereignisse, die immer wieder die Archäologie
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