Das Blut des Teufels
lag schweigend da, wie ein dunkler Fremder, der sie anstarrte. Sam musterte den Wald einen weiteren Augenblick lang und wandte sich dann wieder seinem Zelt zu. »Ich geh meine Sachen holen.«
Er verschwand im Innern, nahm die Tasche mit seinen Farben und der UV-Speziallampe und wollte gerade gehen, als sein Blick auf die alte Winchester fiel. Instinktiv hob er sie auf und hängte sie sich um die Schulter. Zuvor lud er jedoch rasch das Magazin mit ein paar 44/40-Patronen und steckte sich eine Pappschachtel Ersatzmunition in die Tasche. Er hatte gelernt, auf alles vorbereitet zu sein, nachdem er jahrelang immer wieder in der texanischen Wildnis übernachtet hatte.
Er kroch aus dem Zelt und sah sich Maggies Rücken gegenüber. Sie musterte den Saum des Regenwalds. »Ist immer noch so verdammt still«, meinte sie. »Als würde der Wald den Atem anhalten.«
»Wenn wir der Sache nachgehen wollen«, sagte Sam, der unbedingt los wollte, »halten wir uns besser ran. Es sind nur noch ein paar Stunden bis zur Dämmerung.«
Maggie nickte und löste widerstrebend den Blick vom Regenwald.
Sam führte sie zu den terrassenförmig angelegten Ruinen. Da der Dschungel so still dalag, klangen ihre Schritte auf den Granitfelsen ungewöhnlich laut. Sam ertappte sich dabei, dass er sehr vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, aus Angst, das Schweigen zu stören. Es war wie ein mitternächtlicher Spaziergang über einen Friedhof. Er war froh, als sie endlich oben am Sonnenplatz angekommen waren. Aus dem Schacht drang ein heller Schein.
Zwei schattenhafte, vom Licht bemalte Gestalten zeigten sich – eine dünne und eine breite. Norman und Ralph. Sie standen ein wenig voneinander entfernt.
Der Ex-Linebacker hob eine Hand zum Gruß und zeigte auf den Schacht. »Wer hat das Licht angelassen?«
Maggie schüttelte den Kopf, als sie auf dem ebenen Platz eintraf. »Ich weiß genau, dass ich es abgeschaltet habe.« Sie musterte die Ruinen ringsumher. »Dieser blöde Guillermo hat es vielleicht wieder angeschaltet, als er seine Runden gedreht hat, und nicht wieder ausgemacht. Wo ist er überhaupt? Er sollte doch hier Wache schieben.«
»Vielleicht ist er im Wald draußen und sucht diese Plünderer von letzter Nacht. Vielleicht war er es, der die ganzen Vögel aufgescheucht hat.«
Im Regenwald blieb es totenstill. Norman beobachtete den schwarzen Wald. »Für Dunkelheit habe ich nie was übrig gehabt. Schon in meiner Dunkelkammer daheim krieg ich die Krise.«
Ralph neckte ihn mit einer perfekt gesummten Version der Titelmelodie aus Twilight Zone . Norman stellte sich taub.
Sam stieg als Erster hinab, gefolgt von Maggie und den anderen beiden. Sobald er festen Boden unter den Füßen hatte, half er Maggie von den Sprossen.
Sie wandte sich mit etwas geneigtem Kopf ihm zu und ihre Hand ruhte in der seinen. »Hast du auch gerade was gehört?«
Sam schüttelte den Kopf. Er hörte lediglich das Pochen des eigenen Herzens. Ihm fiel auf, dass er ihr die Hand drückte.
Ralph und Norman trafen ein.
Maggie entzog Sam ihre Hand und horchte einen weiteren Augenblick lang. Daraufhin zuckte sie mit den Schultern und übernahm die Führung. »Müssen diese Inkageister sein«, brummelte sie.
»Vielen Dank, Maggie«, bemerkte Norman säuerlich. »Genau das will ich hören, wenn ich um Mitternacht durch die Ruinen krieche. Ich befürchte sowieso schon das Schlimmste wegen dieser Sache.«
Erneut summte Ralph die Titelmelodie aus Twilight Zone .
»Du kannst mich mal, Isaacson«, fauchte Norman.
»Lieber nicht, so schräg bin ich nicht drauf, Normie.«
»Wirklich? Du bist doch Footballer gewesen, oder? Was war denn da mit dieser ganzen Arschklatscherei und dem Aufeinanderwerfen, hm?«
»Halt’s Maul!«
»Mein Gott!«, rief Maggie aus. »Jetzt reicht’s aber, ihr beiden! Ich will nichts mehr hören!«
Sam, der hinter Maggie herging, schenkte ihnen allen keinerlei Beachtung. Er war völlig in seine Betrachtungen versunken, wie wunderbar sich Maggie beim Klettern bewegte. Ihre muskulösen Beine drückten sich durch die dünnen Baumwollkhakis und waren so wohlgeformt, dass sie seinen Blick weiter ihre Rundungen empor lenkten. Er schluckte schwer und wischte sich mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn. Sie ist eine Kollegin, musste er sich immer wieder sagen. Wie das Militär hatte auch sein Onkel etwas gegen Verbrüderungen im Feld. Unerwünschte Aufmerksamkeiten untereinander konnten eine kleine Schar schon ziemlich belasten.
Aber Ansehen kostet ja
Weitere Kostenlose Bücher