Das Blut-Haus
rechneten damit, daß es dunkel bleiben würde, das erwies sich als Irrtum. Das Licht blieb an.
Todd atmete schnaufend aus. »Mein lieber Mann, hier ist einiges faul. Jetzt glaube ich auch, daß der Ghoul erst der Anfang war. Hier tut sich was. Das ist alles verseucht.« Er räusperte sich. »Ich weiß nicht, wieso das gekommen ist, aber ich fühle mich nicht schuldig.« Er war schneller gegangen und drückte die Tür zu seinem großen Wohnraum auf. Er war leer, der helle Marmorboden schimmerte gräulich und war mit dunkleren Einschlüssen durchzogen.
»Nein!« ächzte Todd. »Nein, das ist der nackte Wahnsinn. Das glaube ich nicht!«
Er versperrte mir den Weg. Ich schob ihn zur Seite, um in den Raum hineinblicken zu können.
Das Bild war schlimm.
Genau dort, wo sich die Einschlüsse wie gekrümmte Würmer abzeichneten, quoll die dunkle Flüssigkeit hervor. Dunkel wie Blut…
***
Und es quoll nicht nur aus dem Boden. An den Wänden hatten sich ebenfalls Risse aufgetan, aus dem die rote Flüssigkeit drang. Selbst an der Decke waren sie vorhanden.
Dort hatte sich das Blut gesammelt und fiel, wenn die Schwerkraft zu groß wurde, wie Regen zu Boden. Dort zerplatzten sie wie kleine Sterne. Der Agent konnte es nicht fassen. Ich hörte ihn röcheln und stöhnen. Er faßte sich an den Hals, als wollte er sich selbst umbringen. »Sinclair, das ist kein normales Haus mehr, nein, verdammt, das ist es nicht. Das ist ein Bluthaus…« Er stierte mich an. »Ja, ein Bluthaus. Und ich weiß nicht, wie es gekommen ist. Warum hat es sich verändert? Warum nur, Sinclair, warum?«
Ich wußte keine Antwort, wenigstens keine direkte. Eigentlich konnte ich nur raten und ging davon aus, daß die Dinge erst mit der Vernichtung des Ghouls ins Rollen gekommen waren.
War das tatsächlich die Lösung? Hatte das Verschwinden des Leichenfressers für diesen Umschwung gesorgt?
Neben mir schrak Mason Todd zusammen, als ihn ein Blutstropfen erwischte. Er war auf seine Stirn gefallen, verteilte sich dort und rann als roter Klacks mit einem langen Faden in Richtung Nase. Angewidert wischte Mason das Blut ab und wollte sein Taschentuch wieder einstecken.
»Haben Sie was?« Mirwarseine Haltung aufgefallen.
»Riechen Sie mal, Sinclair.« Er hielt mir das Taschentuch entgegen. »Ja, riechen Sie mal.«
Es war zwar nicht gerade angenehm, ich tat es trotzdem und wußte plötzlich, was er gemeint hatte. Die rote Flüssigkeit roch nicht nur nach Blut, sondern auch nach Moder.
»Wie bei dem Ghoul«, flüsterte Todd. »Verdammt noch mal, wie bei dem Leichenfresser!«
»Stimmt.« Ich gab ihm das Tuch zurück. »Und wie erklären Sie sich das?«
»Ich weiß es nicht.«
Todd nickte. »Klar, wir wissen es nicht.« Er schaute sich um. »Dieses Haus ist verflucht, das weiß ich genau. Hier lauert etwas, hier wohnt jemand, Sinclair. Aber nicht ich. Haben Sie verstanden? Ich werde hier ausziehen. Ich will in keinem Bluthaus leben, dessen Wände verflucht sind. Hier ist alles verflucht!« schrie er, wollte wegrennen.
Ich war schneller und hielt ihn fest. »Bleiben Sie, Mr. Todd. Bleiben Sie hier!«
Er wollte sich losreißen. Ich war stärker. »Weshalb?« schrie er mich an.
»Weshalb soll ich bleiben?«
»Weil keiner von uns weiß, wie es draußen in Ihrem Garten aussieht. Kapiert?«
»Nein, ich…«
»Der Garten ist wichtig, Todd. Aus ihm ist der Ghoul gekrochen. Es kann sein, daß er nicht der einzige war. Wir werden vorerst hier im Haus bleiben. Wenn Sie unbedingt verschwinden wollen, gehen Sie durch das offene Fenster.«
Als ich merkte, daß er sich entspannte, ließ ich ihn los. Danach schaute er mir erstaunt in die Augen. »Kann es sein, daß Sie schon einen Plan haben?«
»Möglich.«
»Und welchen?«
Ich zeigte ihm ein beruhigendes Lächeln. »Sie werden sehen. Jedenfalls möchte ich nicht, daß Sic sich von der Stelle rühren. Bleiben Sie bitte hier stehen.«
Er stellte keine Frage mehr. Wahrscheinlich war er froh, nicht tiefer in den Raum hineingehen zu müssen, denn das tat ich. So gut wie möglich umging ich die Blutpfützen. Die Risse blieben in der Decke und den Wänden. Sie trafen keine Anstalten, sich zu schließen. Mir kam es vor, als wäre eine Kraft dabei, immer mehr Blut in die Rillen zu kippen. Aber auch ich hatte meine Methoden. Das Zeug streifte ich über den Kopf, verhielt meinen Schritt neben einem der großen Sessel und blickte gegen die Decke. Ein Muster aus schmalen Rissen lief über die Fläche hinweg. Rot gefüllt
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