Das Blut-Haus
Wesen zu tun hatte? Okay, ich habe Schauspieler für Gruselfilme vermittelt, aber das waren Filme, keine Realität. Jedenfalls bin ich überfragt.«
»Das Haus haben Sie gebaut?«
»Bauen lassen.«
»Klar. Warum gerade hier? Weshalb zieht sich ein Mann mit Ihrem Job in die Einsamkeit zurück?«
»Das dürfen Sie so nicht sehen, Sinclair. Ich bin nicht vom Weltlichen ab, wenn Sie das meinen. Ich habe in London auch noch eine Wohnung. Doch mir gefällt es hier. Ich brauche nicht den Trubel der Großstadt. Wer etwas von mir will, weiß genau, wo er mich finden kann. Und wenn nicht, ist mir das egal.«
»Es ist ein teures Pflaster geworden, nicht wahr?«
Todd nickte. »Klar, was sich unten im Ort an Publikum zusammenzieht, gehört nicht eben zu den ärmsten Menschen. Trotzdem sind viele Blender dabei.«
»Wie Holly?« fragte ich.
Todd grinste und lächelte in einem. »Holly war ein Ereignis, eine Wucht. Die hat mich echt gefordert.« Er strich über das Leder, als wollte er ihren Körper streicheln. Seine Augen hatten dabei den weichen Glanz der Erinnerung bekommen.
»Holly hat Sie persönlich nie geliebt.«
Er lachte. »Nein. In dieser Branche liebt man nur sich selbst. Echte Liebe ist äußerst selten. Wenn wir mal ins Tageslicht gerückt werden, dreht es sich zumeist um irgendwelche Skandale. Sie werden nie lesen, daß eine Ehe klappt.« Er winkte ab. »Ich kenne auch keine, die positiv ist. Holly war die zweite, die verschwand. Um Jill, das erste Mädchen, hat niemand getrauert. Sie stammte aus dem Norden, war gekommen, um ihr Glück zu machen. Irgendwo sind sie alle gleich. Ich fand ihre Knochen ebenso wie die von Holly. Es ist furchtbar, Sinclair, aber das ist jetzt vorbei. Werden Sie mich anzeigen?«
»Nein und auch nicht verhaften. Sie haben die beiden Mädchen nicht getötet.«
»Ich hätte es melden müssen.«
»Da gebe ich Ihnen recht, das hätten Sie.«
»Wer hätte mir denn geglaubt?«
»Kaum jemand.«
»Sehen Sie.« Todd nickte. »Nicht daß Sie denken, der Tod der beiden Mädchen würde mich nicht belasten, aber auch bei mir muß die Schau weitergehen. Eigene Gefühle dürfen sie nicht zeigen. Sie können nur die der anderen verkaufen.« Er hob die Schultern. »Tja, so ist das in unserem Job.«
Widersprechen konnte ich nicht, dachte aber darüber nach, ob es sich lohnte, auch weiterhin hier zu sitzen und über Dinge zu reden, die in den Bereich der Spekulation gehörten. Ich nahm das Thema Ghoul und dessen Herkunft noch einmal auf.
»Tut mir leid«, sagte mein Gegenüber und schüttelte den Kopf. »Ich kann Ihnen da nicht helfen. Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, wo er hergekommen sein soll. Es gibt hier in der Nähe nicht einmal einen Friedhof. Das muß ein Zufall gewesen sein.«
Ich wollte es nicht so hinnehmen. Für mich sahen Zufälle anders aus. Bei Dämonen gab es sie sowieso nicht. Da steckte ein System dahinter. Nicht umsonst hatte der Ghoul gewartet. Todd stand auf. »Ich bin gleich wieder zurück.« Er ging nicht mehr so federnd wie noch vor einigen Stunden. Der genossene Alkohol hatte auch bei ihm Spuren hinterlassen.
Allein blieb ich zurück, umgeben von der Stille und einer Nacht, die durch das große Fenster hinwehte und eine wunderbare Kühle mitbrachte. Der Leichengeruch hing zwar noch immer in meiner Nase, zum Glück abgeschwächt. Ich würde ihn noch lange riechen, das wußte ich genau.
Als Mason Todd zurückkam, drehte ich kaum den Kopf. Erst als ich sein scharfes Atmen hörte, schaute ich zu ihm. Er stand in der Mitte des Raumes wie ein Mensch, der sich nicht auskennt.
»Haben Sie was, Mr. Todd?«
»Ich… ich weiß nicht«, flüsterte er.
»Los, raus mit der Sprache!«
Mit kleinen Schritten kam er näher. »Da waren Geräusche, die ich auf einmal hörte.«
»Wo denn?«
»Im Haus hier.«
»Und welche?«
»Sie werden es kaum glauben, Sinclair. Mir kam es vor, als würde jemand weinen und stöhnen. Ein richtiges Wehklagen. Ich… ich habe mich vielleicht erschreckt.«
»Und wo hörten Sie das?«
»Als ich auf der Toilette war. Nicht nur dort, auch aus anderen Räumen. Haben Sie denn nichts gehört?«
»Nein.«
»Das ist aber komisch.« Mason Todd rieb über sein Gesicht. »Ich glaube, Sie hatten recht. Der Fall scheint noch nicht beendet zu sein. Möglicherweise müssen wir uns um einen zweiten Ghoul kümmern, der hier irgendwo haust. Was meinen Sie?«
»Haben Sie ihn denn gerochen?«
»Nein, auch nicht gesehen. Ich hörte nur die verdammten
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