Das Blutband: Der 11. Handyman Jack Thriller (German Edition)
doch nicht von gestern. Der Briefkopf war wahrscheinlich eine völlige Fälschung und sie würde darauf wetten, dass da jemand ans Telefon gehen würde, der darauf gedrillt war, diesen ganzen Blödsinn zu wiederholen.
Sie rief bei der Auskunft an und bat um die Nummer des Creighton-Instituts in Rathburg. Sie wusste noch nicht mal, wo Rathburg lag.
Zu ihrem Entsetzen gab ihr die Auskunft eine Nummer – die gleiche wie die auf dem Briefkopf.
Ihre Finger zitterten, als sie die Zahlen eintippte. Sie erreichte eine digitale Weitervermittlung, die ihr sagte, dass die medizinischen Büros nicht besetzt seien, aber falls es sich um einen Notfall handle, solle sie auf die Null drücken. Das tat sie und bekam eine Frau mit einem Akzent an den Apparat. Ja, dort war eine Dr. Vecca beschäftigt – sie war die Leiterin der medizinischen Abteilung – und nein, vor morgen früh sei sie nicht erreichbar. Ein anderer Arzt hatte gerade Dienst. Könnte der ihr weiterhelfen?
Dawn legte auf und stand da und spürte, wie sich eine Gänsehaut auf ihren Armen ausbreitete. Sie redete sich ein, dass das nicht sein könne … Nie echt voll nie nicht. Jerry konnte kein Krimineller sein … Aber was wusste sie denn schon von seiner Vergangenheit? Er vermied es immer, darüber zu reden. Bisher hatte ihn das in ihren Augen verlockend geheimnisvoll gemacht. Aber jetzt …
Und diese Sache, dass er ihr Vater sein sollte … Sie sahen sich so echt überhaupt nicht ähnlich.
Und Mama umzubringen? Sie mit Roofies zu betäuben und sie dann zu ermorden? Wie albern! Sie wusste Bescheid über Roofies – sie hatte schon Millionen Mal die Warnungen gehört, darauf zu achten, dass einem nicht jemand eine Vergewaltigungsdroge auf einer Party in den Drink mixen konnte. Wo würde Jerry überhaupt …?
Oh Gott! Dirty Danny! Sie selbst hatte ihn zu ihm hingefahren, damit er sich Vicodin besorgen konnte. Von ihm hätte er auch Roofies kaufen können.
Halt-halt-halt. Er war die ganze Nacht mit ihr zusammen gewesen.
Oder doch nicht? Er hätte ihr auch einen Roofie einflößen können, der sie die Nacht über betäubte. Hatte sie sich deswegen heute Morgen so benommen gefühlt? Und sie hatte gedacht, er könne nicht Auto fahren, aber jetzt gerade war er ja mit dem Auto unterwegs. Gestern Nacht, als sie weggetreten war, hätte er sich rausschleichen können, und …
Nein. Halt. Das ist Irrsinn.
Aber wenn sie den Brief mit dem verglich, was geschehen war … Es passte zu gut zusammen. Und er schien so scharf auf die Ergebnisse des Drogentests zu sein. War das, weil er …?
Zufall. Es musste Zufall sein.
Aber falls Jerry Roofies gekauft hätte, wo würde er sie verstecken?
Verflixt, sie hasste sich dafür, dass sie das tat, aber sie würde das Haus durchsuchen müssen. Wenn sie nichts fand, bedeutete das natürlich noch nichts – er konnte sie alle verwendet oder den Rest bei sich haben –, aber sie hoffte, es würde ihr Gewissen beruhigen.
6.
Jack hatte die Perücke, den Bart, die Nasenpolster und die Wattebäusche in den Wangen wieder abgelegt. Er war sich nicht sicher gewesen, wie gut sich Dawn nach ihrer Begegnung im Auf der Arbeit an ihn erinnern konnte, aber entschieden, kein Risiko einzugehen.
Was für ein Glücksfall, dass Bolton sie schon am ersten Tag der Überwachung allein gelassen hatte. Er hatte erwartet – und sich geistig schon darauf eingestellt –, bis zu einer Woche warten zu müssen.
Er fragte sich, was Bolton heute Nacht hinausgetrieben hatte. Es spielte keine Rolle – dadurch hatte er die Gelegenheit bekommen, Dawn den Brief und die Untersuchungsergebnisse in die Hände zu spielen. Was als Nächstes passieren würde, war jetzt eine Frage des Glücks und der Gegebenheiten. Dawns Jugend und ihre Naivität würden zu Jacks Gunsten arbeiten.
Im besten Fall würde sie die ganze Geschichte schlucken – wieso auch nicht? Es war die reine Wahrheit – und aus dem Haus rennen.
Höchstwahrscheinlich würde sie das aber komplett von sich weisen: Doch nach einer Weile würde sie dann anfangen, Parallelen zwischen ihren Erlebnissen und dem Brief zu sehen.
Selbst wenn sie so verknallt in Bolton war, dass sie sich das auch weiter nicht eingestand und den Brief ihrem Liebhaber Bolton zeigte, würde das einen schweren Konflikt in Boltons Leben bewirken und ihn vielleicht so weit in Rage oder in Panik versetzen, dass er etwas tat, das dumm genug war, um der klinischen Studie des Creighton-Instituts einen so schweren Schlag zu versetzen,
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