Das Blutgericht
Rücken auf in Richtung der Gebäude. Die hohen Gräser wichen einer niedrigen Mauer, hinter der ein gepflegter Rasen lag, darauf folgte der statuenübersäte Garten.
Endlich machte sich das elektromagnetische Feldmessgerät bezahlt: Es begann zu klicken, als er sich der niedrigen Mauer näherte. Dantalion suchte nach der Ursache des Ausschlags. Was er fand, war kein vergrabener gewichtsempfindlicher Sensor, sondern ein Bewegungsmelder, der an der Mauer selbst angebracht war. Ein Stück weiter würde sich ein zweiter befinden, und zwischen den beiden ein Laserstrahl, der bei Unterbrechung einen Alarm im Haus auslöste. Ein raffiniertes System, das ein unerkanntes Überwinden der Mauer unmöglich machen sollte. Ihn würde es nicht aufhalten, wenn er einfach darübersprang. Und genau das tat er auch.
Wenn die Jorgensons wirklich clever gewesen wären, hätten sie direkt hinter der Mauer berührungsempfindliche Sensoren verlegen lassen. Wer die Bewegungsmelder auf der Mauer überwunden hatte, würde von der zweiten Sicherungsstufe erkannt werden. Aber Dantalion wusste, dass sich mit Beginn der Dunkelheit Wachhunde auf dem Gelände tummelten – die Sensoren wären also sinnlos gewesen. Trotzdem suchte er das Rasenstück vor seinen Füßen genauestens ab. Das Messgerät blieb still. Er schritt voran und sah sich nach Kameras um. Das Haus vor ihm war riesig. Am Dachfirst befanden sich Kameras, aber die beiden, die er erkennen konnte, überwachten die Bereiche seitlich des Gebäudes. Über dem Hauseingang hingen weitere Kameras, aber sie waren direkt auf den Bereich vor der Tür gerichtet. Und auf diesem Weg würde er das Gebäude nicht betreten.
Er hielt sich aus dem Sichtbereich der Kameras und näherte sich dem Haus, neben dessen Eingangsportal der linke Gebäudeflügel lag. Er kroch darauf zu und bewegte sich dabei unterhalb der Fenster, nutzte die Ecke des Gebäudes, um sich direkt unter die Überwachungskamera zu schleichen. Zwar vermutete er, dass die Kamera mit einem Weitwinkelobjektiv ausgestattet war, aber er glaubte nicht, dass sie ihn erfassen würde, wenn er sich direkt an die Hauswand presste. Die Kameras waren so ausgerichtet, dass sie den Weg zum Haus im Blick hatten, nicht das Haus selbst. Er zog die Beretta und gab einen einzelnen Schuss auf das Kameragehäuse ab. Funken flogen, und die Kamera neigte sich müde zur Seite, dann kippte sie um – die letzten Züge ihres elektronischen Lebens.
Dantalion hetzte an der Seite des Gebäudes vorbei. An der nächsten Ecke blieb er stehen und lugte um den hinteren Hausteil herum. Jetzt war er froh, dass er das Ketamin mitgebracht hatte. Er hob das Gasdruckgewehr.
Die Hunde waren noch in ihrem Zwinger. So früh am Abend hatten die Hundeführer noch nicht mit ihren Rundgängen begonnen. Die zwei Deutschen Schäferhunde hatten die Köpfe auf ihre Pfoten gelegt und starrten mit geradezu bewundernswerter Geduld auf das Haus. Dantalion zielte und kalkulierte dabei den leichten Wind mit ein und dass der Pfeil durch den Luftwiderstand an Reichweite verlieren würde. Er überprüfte den Gasdruck und regelte ihn höher. Zielte noch einmal. Er drückte ab, das Gewehr reagierte mit einem Geräusch, das sich wie ein leises Bellen anhörte. Die Hunde spitzten die Ohren. Einer der beiden kläffte, richtete sich auf und tastete nach dem fremden Objekt, das sich in seinen Rumpf gebohrt hatte. Sekunden später brach er zusammen, nur eine Pfote zuckte noch. Dantalion hatte den Pfeil mit genügend Ketamin geladen, um einen Büffel zu fällen oder einem Dutzend Cracksüchtigen den Trip ihres Lebens zu bescheren.
Der zweite Schäferhund war hin und her gerissen zwischen den widersprüchlichen Triebreizen. Er hatte den Schuss gehört, die Pflicht verlangte nun von ihm, dass er sein Gebell anstimmte. Aber er hatte auch gesehen, wie sein Rudelgefährte zusammengebrochen war, und er wollte herausfinden warum. Dantalion schoss auf ihn. Der Pfeil traf seine linke Flanke. Wütend tastete der Hund mit den Pfoten danach, versuchte vergeblich, den Pfeil aus seinem Fleisch zu zerren. Mitten in der Bewegung brach er zusammen.
Dantalion warf sich schnell das Betäubungsgewehr über die Schulter und zog die Beretta. Hinter dem Hundezwinger kam er zu einem Parkplatz. Er schlich sich zwischen die Autos, erwägte kurz, die Reifen plattzuschießen, entschied sich dann aber dagegen. Er würde seine Munition für wichtigere Zwecke benötigen.
21
Als Bradley Jorgenson aus Miami zurückkehrte,
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