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Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Hilton
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Mal hatte er sich schmerzhaft den Weg durch die hohen Gräser bahnen müssen, jetzt ging alles schneller. Die Sonne auf seiner empfindlichen Haut war kein Thema mehr, und die Cargo-Hose schützte ihn vor den scharfen Gräsern.
    Die Scheinwerfer der Autos auf dem Küsten-Highway blitzten über die Hochbrücke wie eine Flotte von UFOs. Die aufkommende Nacht dämpfte alle Geräusche, sogar der Atlantik gab nur ein leises Flüstern von sich, wenn er die Küstenlinie liebkoste.
    Dantalion arbeitete sich durch die Gräser und stieß etwas östlich des Tors auf die Mauer. Mit der Vergrößerungseinstellung des Nachtsichtgeräts studierte er die über dem Tor angebrachte Überwachungskamera. Das Objektiv zeigte von ihm weg. Die Kamera schien sich nicht zu bewegen – als ob das Wachpersonal ein Schläfchen halten würde. Bei einem System mit einer so hohen Anzahl von Kameras war die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Wächter diese Kamera selten ansteuerte. Es gab ja dort nichts zu sehen in der Dunkelheit. Wahrscheinlich würde er sich auf den Verkehr vor dem Haupteingang konzentrieren oder vielleicht einen Blick in die Gemächer der Jorgensons riskieren.
    Dantalion entschied sich dagegen, die Kamera auszuschießen. Im Gegensatz zu einer defekten Kamera an der Mauer zur Straße, die kaum sofortige Reparaturmaßnahmen heraufbeschwören würde, müsste eine Fehlfunktion in dieser abgelegenen Ecke des Geländes umgehend untersucht werden. Er sah sich nach rechts zum Strandende der Mauer um und erkannte, dass die Mauer dort in einem rechten Winkel abzweigte, aber sich ein hoher Zaun über den Sand bis in den Atlantik zog. Das Tor blieb deswegen seine beste Zugangsmöglichkeit, wollte er nicht ein paar Hundert Meter schwimmen. Das Salzwasser würde seine Geräte beschädigen – und sein Buch, das er unter dem Sweatshirt trug.
    Er tastete die rostige Kette und das Schloss ab und stellte fest, dass sie trotz der Korrosion immer noch stabil waren. Er nahm die Beretta heraus und zielte auf das Schloss. Feuerte einmal. Feuerte ein zweites Mal. Das Schloss zersprang, aber es war noch ein hartes Stück Arbeit, es aus den Kettengliedern herauszuziehen und die Kette vom Zaun abzuwickeln. Die Überwachungskamera behielt er dabei die ganze Zeit im Auge, erwartete schon fast, dass sie sich in seine Richtung drehte. Aber sie tat es nicht.
    Er zog einen Torflügel auf und schlüpfte durch die Lücke. Sofort nahm er das elektromagnetische Messgerät zur Hand und schaltete es an. Lichter tanzten über die Anzeigeskala, als das Gerät die Kalibrierungssequenz durchlief. Er legte seine Hand über die Anzeige, um den Lichtschein zu dämpfen. Ein leises Piepen ertönte, dann schlug die Nadel nicht mehr aus. Es konnte losgehen.
    Er schon die Beretta zurück ins Holster, nahm das Betäubungsgewehr in die rechte Hand, das EMF-Messgerät in die linke und schwang es vor sich, als er sich in Bewegung setzte. Durch sein Nachtsichtgerät erschienen die nächstgelegenen Häuser wie schwarzgrüne Ruinen, die Beleuchtung in den Räumen aber übertrieben hell wie kalte Flammen. Der Himmel über ihm war übersät von einem Lichtermeer glitzernder Sterne, vom Atlantik wirbelte der Dunst herüber wie ein durchsichtiger Geist.
    »Haben Sie vor, auf Geisterjagd zu gehen?«
    Er erinnerte sich an Gabe Wellborns Versuch, einen Witz zu machen. Dantalion lächelte. Es war, als ob er eine Spuklandschaft durchquerte. Ihm fiel seine Antwort wieder ein: »Könnte schon sein, dass es ein paar Geister mehr gibt, wenn ich fertig bin.« Wenn alles nach Plan lief, würde seine Liste wieder stimmen, und er könnte ihr noch weitere Nummern hinzufügen.
    Er hielt sich nah am Strand, wo die hohen Gräser noch unberührt waren, und ließ die ersten Gebäude hinter sich. Hier gab es nichts, was ihn interessierte. Er hatte noch einen guten Kilometer vor sich, bis er an sein Ziel kam. Zeit hatte er genug, sein langsames Vorwärtskommen machte ihm nichts aus. Nur weil ihm bislang noch keine verborgenen Überwachungsgeräte untergekommen waren, musste das nicht heißen, dass es keine gab. Unermüdlich beschrieb er Halbkreise mit dem EMF-Messgerät und folgte ihnen mit seinem Nachtsichtgerät.
    Fast zwanzig Minuten später musste er sich flach im Gestrüpp verbergen. Eine Motorbarkasse schob sich durch das flache Gewässer, ein Suchscheinwerfer tastete den Strand nach Eindringlingen ab. Das Boot fuhr weiter in südlicher Richtung, Dantalion erhob sich wieder und machte sich mit dem Meer im

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