Das Blutgericht
nicht tot. Noch nicht. Dantalion hatte ihm absichtlich in den Bauch geschossen. Der Mann würde noch weiterleben, aber seine letzten Minuten auf Erden würde er unter schrecklichen Qualen verbringen. Petre schrie.
Genau wie Gabe Wellborn.
Er heulte wie ein Baby. Er wusste genau, was ihm bevorstand.
»Sie haben mich verraten, Gabe.«
»Nein. Ich habe Sie nicht verraten. Ich habe Ihnen das Geld verschafft. Sie hätten alles ruiniert, wenn ich nicht gewesen wäre!«
»Sie haben Recht, Gabe. Ich danke Ihnen dafür.«
Er schoss Gabe zwischen die Augen.
Er wandte sich wieder Petre Jorgenson zu und zielte auf das Gesicht des Mannes. Petre konnte ihn unmöglich im Dunkeln sehen, aber er würde schon wissen, dass der Tod nicht mehr weit war.
»Wir hatten einen Deal«, krächzte er.
»Ich habe mich bereiterklärt, die ursprünglichen Zielpersonen zu töten. Sie können sicher sein, dass ich das auch tun werde. Ich habe nicht zugesagt, Sie nicht zu töten.«
»Bastard …«, zischte Jorgenson. »Kein … gutes … Geschäft …«
»Meinen Auftraggeber zu töten?«, hauchte Dantalion. »Da haben Sie Recht, Petre. Außer dass ich meinen Auftraggeber nicht getötet habe, oder? Ich habe eine Wahl getroffen. Das war eine persönliche Angelegenheit. Der Auftraggeber bin ich.«
Er schoss Petre Jorgenson ins Herz.
Mittlerweile war der Schalldämpfer so gut wie nutzlos geworden. Der Schuss war ziemlich laut. Wie ein Ausrufezeichen im jüngsten Kapitel von Dantalions Buch.
23
Schreiend kam Seagram in das Zimmer gestürzt.
Wir befanden uns wieder in der Bibliothek im Erdgeschoss: Rink, Marianne, Bradley und ich. Beinahe hätte ich den Sicherheitsmann erschossen. Ich dachte, er hätte den Verstand verloren und alles auf einen Überraschungsangriff gesetzt. Aber dann sah ich das Entsetzen in seinem Gesicht und das Blut an seinen Händen.
Das ist mir vielleicht ein Profi, dachte ich abschätzig. Ex-West-Point? Ich fragte mich, ob Rink nicht doch mit seiner Einschätzung des Manns einigermaßen richtiggelegen hatte, aber selbst Köche ließen sich durch den Anblick von Blut nicht aus dem Konzept bringen.
Marianne war gegen den Vorschlag gewesen, sich von Bradley zu trennen, aber mit vereinten Kräften konnten wir drei sie davon überzeugen, dass es in ihrem besten Interesse sei. Ein Übriges tat mein Argument, Bradley wäre sicherer ohne die zusätzliche Sorge, dass ihr etwas zustoßen oder – schlimmer noch – dass sie als Druckmittel gegen ihn verwendet werden könnte. Sie packte gerade noch ein paar Dinge zusammen, ohne die sie nicht auskommen konnte, als Seagram in das Zimmer gerannt kam.
»Was soll denn das?« Rink fing den älteren Mann ab, versperrte ihm mit einer Hand den Weg. Seagram versuchte sich an ihm vorbeizuschlängeln, Rink schnappte ihn am Hals, wirbelte ihn in seiner Armbeuge herum und drückte ihm die Luft ab. Mit seinen Muskeln hätte Rink den Security-Mann leicht innerhalb von Sekunden erdrosseln können, aber das war nicht seine Absicht. Rink hielt ihn nur fest und zischte ihm ins Ohr: »Beruhigen Sie sich, Seagram. So nützen Sie niemandem etwas.«
Das Blut an seinen Händen stammte nicht von ihm. Ebensowenig das Blut, das er an seinen Hosenbeinen abgewischt hatte. Aber wenn man ihn ansah, konnte man meinen, er sei tödlich verwundet. Sein Gesicht war bleich, und seine Lippen schimmerten bläulich. Er zitterte am ganzen Leib. Er stand unter Schock, wurde mir klar.
Rink bugsierte Seagram zu einem Stuhl und drückte ihn hinein. »Jetzt erzählen Sie uns mal, was los ist«, sagte er.
Zitternd und die Hände ineinander verschlungen, sah Seagram nur ins Leere. Bradley hatte sich vor Marianne gestellt, um sie abzuschirmen, aber jetzt, da er erkannt hatte, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, näherte er sich Seagram. Auch er fragte: »Was ist los, Mann?«
Seagram stöhnte.
Rink verlor langsam die Geduld. »Und Sie wollen ein Soldat sein? Schlucken Sie’s runter. Sie sollten sich verdammt noch mal schämen.«
Der ältere Mann reagierte, sank auf dem Stuhl zusammen, den Kopf hinter seinen Händen verborgen. Die Angst zog sich durch seinen ganzen Körper, brachte die Knie zum Schlottern, der Stuhl quietschte mit jeder Bewegung. Das Geräusch war kaum auszuhalten.
Rink schnappte ihn sich wieder und riss seinen Kopf an den etwas längeren Vorderhaaren seines Bürstenschnitts hoch. »Verdammt nochmal! Erzählen Sie uns jetzt, was los ist, oder muss ich die Worte erst aus Ihnen
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