Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
richten?« Ihr Blick schwenkte zu dem Gardeleutnant hin. »Wollt Ihr mir das erklären?«
»Sie hat Jorten gebissen«, erklärte er ungerührt. »Also haben wir ihr eine Lektion erteilt.« Er zuckte mit den Schultern. »Wir werden sie am Morgen irgendwo aufhängen, also, was macht es für einen Unterschied?«
Mittlerweile hatten wir uns so im Raum verteilt, dass wir eine Art Halbkreis bildeten, und es mochte dem Gardeleutnant aufgefallen sein, dass wir wohl nicht daran dachten, seiner Einladung zu folgen. Er entschloss sich, den Stier bei den Hörnern zu packen.
»Dies ist die Ostmark, Schwertobristin«, sagte er. »Unser Land … und unsere Angelegenheit. Wir verfahren mit unseren Gefangenen, wie wir es wollen. Ihr könnt uns Gesellschaft leisten oder wieder gehen, ganz wie es Euch beliebt.« Sein Blick ging zu der jungen Frau, der Mahea gerade die Fetzen ihres Gewands notdürftig ordnete. »Das könnt Ihr Euch sparen, Korporal. Wenn wir nachher unseren Spaß mit ihr haben, wird noch mehr von ihr zu sehen sein.«
»Das ist nicht die Art, wie das Kaiserreich seine Gefangenen behandelt«, sagte Serafine steif.
»Ach, nicht?«, gab der Gardeleutnant mit einem kühlen Lächeln zurück. »Ihr meint, weil wir kein Rad haben, auf das wir sie flechten können, oder glühende Zangen oder Kohlen? Ist es nicht so, dass sie sich glücklich schätzen kann, wenn wir nur unseren Spaß mit ihr haben und sie morgen hängt? Habt Ihr noch nicht gesehen, was kaiserliche Foltermeister an blutigen Kunststücken vollbringen, wenn wieder einer der Barbaren in der Feste erwischt wird?«
»Das Schlimme ist«, teilte mir Varosch betrübt mit, »dass er die Wahrheit sagt, wie er sie zu kennen glaubt.«
Ich konnte nur nicken, das war mir durchaus bewusst. Auch die Gerechtigkeit des Kaiserreichs konnte ungerecht sein, vor allem, wenn die Priester Borons nicht einbezogen wurden. Doch während Serafine sich mit dem Leutnant auseinandersetzte, lag meine Aufmerksamkeit woanders. Ich berührte Seelenreißer und dankte den Göttern dafür, dass er mich nicht mit fremden Erinnerungen überflutete, sondern mich nur an seiner Wahrnehmung teilhaben ließ. Über uns, in den alten Betten, schliefen wohl noch zwei weitere Blutreiter, das teilte er mir mit, aber sonst hielt sich hier im Gasthof niemand mehr verborgen.
Achtzehn von Hergrimms Soldaten saßen hier, zwei lagen oben in ihren Betten, zwanzig waren zur Streife aufgebrochen. Keiner fehlte … also hatte das Opfer des Nekromanten doch nicht zu Hergrimms Männern gehört. Ich schaute fragend zu Zokora hin, die meinen Blick bemerkte und nur leicht den Kopf schüttelte, auch ihr war bisher nichts aufgefallen.
Und dennoch … ich hatte das unbestimmte Gefühl, als hätten wir etwas übersehen. Der Seelenreiter war irgendwo in der Nähe, aber wenn er nicht hier war, wo war er dann? Leandra hätte uns helfen können, sie hatte gelernt, einen dieser Verfluchten mit ihrer Sicht der Magie zu erkennen. Manche Priester vermochten dies auch zu tun, aber weder Varosch noch Zokora waren dazu imstande. Nun, dachte ich grimmig, selbst wenn wir also den ersten Schritt dem Nekromanten überlassen mussten, so waren wir doch wenigstens darauf vorbereitet und konnten hoffen, nicht vollends überrascht zu werden.
Währenddessen war der Gardeleutnant an die Gefangene herangetreten, für einen Moment sah ich, wie Mahea sich anspannte, als ob sie sich auf ihn stürzen wollte, doch dann ließ sie es zu, dass der Leutnant sie zur Seite schob und der Gefangenen grob ins Haar griff, um sie zu zwingen, ihn anzusehen. »Wenn du dir Mühe gibst, ersparst du dir so vielleicht das Hängen«, meinte er zu ihr und wich lachend aus, als sie blutig nach ihm spie. Mit einem festen Griff riss er ihr das Gewand noch weiter auf, sodass die junge Frau nun fast völlig entblößt war. »Und das«, fuhr er fort, als er sich aufrichtete und wieder uns zuwandte, »ist weitaus mehr Gnade, als sie von kaiserlichen Scharfrichtern erwarten kann! Oder wollt Ihr behaupten, dass Ihr diesen Rang erhalten habt, ohne dass Ihr jemals Gefangene habt hinrichten lassen?«
»Nur wenn sie unrettbar verloren waren«, antwortete Serafine mit einem Gesichtsausdruck, der einer Maske glich.
»Habt Ihr das entschieden, oder habt Ihr vorher einen Priester dazu befragt?« Der Leutnant fuhr sich über das kurze blonde Haar und sah uns alle nacheinander verächtlich an. »Wir sind Euch doppelt überlegen. Ihr tragt nicht einmal kaiserliche Rüstungen, es
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