Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
schaute zu mir zurück. »Ich dachte, du hättest dich von den Menschen ferngehalten? Das hast du selbst mir doch gesagt.«
Ich zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich habe es versucht. Ich sagte nicht, dass es mir gelungen ist. Doch alle, die du dort siehst … bis auf Lenere, sind schon bei Soltar.«
»Herzogin Lenere … du hast sie erwähnt. Die, von der du meinst, dass sie Leandra helfen würde.« Sie lächelte. »Die, die dich liebte und vor der du geflohen bist. Warum eigentlich? Weil du ihren Mann erschlagen hast? So, wie du es sagst, war es doch nötig?«
»Elfred die Treppe hinunterstürzen zu lassen und ihm das Genick zu brechen, belastete meine Seele wenig«, gestand ich ihr. »Er mochte das Blut meiner Schwester in sich getragen haben, doch es war durch den Wahn der Könige von Illian bereits verdorben. Er war ein räudiger Hund, der keine Grenzen kannte … Boron wird ihn mir noch gegenrechnen, dessen bin ich mir sicher, aber wegen ihm hielt ich mich nicht zurück. Das ist es nicht.«
»Warum dann?«
Ich zögerte. Das war jetzt etwas, das ich nie jemandem erzählt hatte. »Es mag sein, dass sie meine Enkeltochter ist.«
Serafine blinzelte.
»Du weißt es nicht?«, fragte sie ungläubig.
»Es ist eine dumme Geschichte. Es war kurz nach dem Tod meines Eheweibs. Ich war jung damals und fühlte mich einsam, also besuchte ich meine Schwester. Sie war damals schon betagt. In ihrem Gefolge gab es eine junge Sera, der man nachsagte, dass sie Elfenblut in sich tragen würde. Ihr Name war ebenfalls Lenere.« Ich nahm eine Figur von dem Regal, um sie Serafine zu zeigen. »Hier, das ist sie.«
»Eine schöne Frau«, stellte Serafine fest und sah mich weiterhin abwartend an.
Ich seufzte. »Sie war verheiratet, mit einem Baron, der in der Königsgarde diente. Eine Ehe, die ihr Vater zu seinen, aber nicht zu ihren Gunsten abgeschlossen hatte. Der Mann war ein Säufer und ein Hurenbock, und er behandelte sie nicht besonders gut. Ich fand sie eines Tages weinend vor und tröstete sie, und sie schüttete mir ihr Herz aus. Wir kamen uns näher … eines führte zum anderen, und wir lagen miteinander. Es war … schön, aber ich wusste nicht, ob ich sie liebte. Es durfte auch nicht sein. Ihr Gemahl war ein derber Mann, aber er war nicht … nicht schlecht. Nicht verdorben. Nur jemand, der gerne trank und bei anderen Frauen lag.«
Serafine zog eine Augenbraue hoch. »Das ist nicht die Beschreibung eines guten Gemahls.«
»Aber er sorgte für sie und hat sie nie geschlagen. Sie hat nie vorgehabt, ihn zu verlassen, selbst wenn es ihr möglich gewesen wäre. Wir beschlossen, dass es nicht wieder geschehen würde. Zwei Tage später starb ihr Mann bei einem Turnier.«
Serafines Blick war fragend.
»Nein. Ich war es nicht. Ich hatte keinen Grund dazu.« Ich seufzte. »Trägt man Elfenblut in sich, führt dies zu langen Schwangerschaften. Zehn Monate nach seinem Tod kam sie nieder und gebar ihm eine Tochter. Oder mir. Sie konnte es nicht sagen, wer von uns der Vater war. Sie nannte ihre Tochter nach ihrer Mutter … Marthild, ja ich denke, das war ihr Name. Als ich sie von der Hebamme entgegennahm und sie mich mit ihren violetten Augen ansah, war es um mich geschehen. Doch die Leute fingen bereits an, über uns zu munkeln, also beschlossen wir gemeinsam, dass ich gehen sollte … Kurz vorher war meine Schwester an einem Husten gestorben, und ihr Sohn …«
»Der, der später König wurde und von seinem Weib gemeuchelt wurde?«, fragte Serafine nach.
Ich nickte. »Er war schon fast vierzig Jahre alt, noch unverheiratet und nur seinen Büchern zugetan. Er hatte immer nur davon gesprochen, dass er in einen Tempel gehen würde, und sosehr ich ihn mochte, gab es nicht viel, was uns verband oder mich hätte halten können. Also ging ich. Ein halbes Jahr später wurde er König, und drei Jahre später stand ich dann an seinem Grab. Damit glaubte ich unsere Linie tot … es sei denn …«
»Es sei denn, Marthild wäre deine Tochter«, sagte Serafine leise. »Hattest du nicht andere Kinder? Mit deiner Frau?«
»Ja«, antwortete ich rau. »Drei, die die Geburt überlebten. Meine Tochter erlag dem keuchenden Husten. Mein jüngster Sohn ging in eine Kaufmannslehre, nur, um dann, kaum fünfzehn Jahre alt, bei einer Handelsreise von Räubern erschlagen zu werden. Mein ältester Sohn war gerade Vater geworden, als die Pest sein Haus erreichte … ich kam wenige Tage zu spät. Man führte mich zu einem offenen Grab,
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