Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
gingen sie voran, er mit seiner geliebten Armbrust, auf der das Zeichen Borons nun hell strahlte, sie mit Furchtbann in der Hand.
Ich ging als Nächster über die Schwelle, doch es war nicht Leandra oder Serafine, die nun an meiner Seite stand, sondern Yoshi. Er hatte die Knöpfe seines roten Seidenkleids geöffnet und zurückgeschlagen, darunter trug er eine dunkle Lederrüstung, die aus viereckigen Stücken gefertigt war. Eine Hand hielt er in einer breiten Tasche, die an seinem Gürtel hing, die andere hielt er hoch erhoben, zwei Finger gerade ausgestreckt, dazwischen eingeklemmt ein Stück Reispapier, auf dem sich eines dieser kunstvollen Schriftzeichen seiner Heimat rot zu winden schien.
Er sah meinen überraschten Blick … und lächelte.
Langsam drangen wir tiefer in den Tempel ein. Hinter dem Beobachter und mir folgten Serafine und Leandra, die fast Rücken an Rücken gingen, Leandra mit Steinherz in der Hand, der, wie Seelenreißer, fahl zu leuchten begann, kaum dass wir die Schwelle überschritten, Serafine mit einem schmalen Dolch und einem kaiserlichen Schwert.
»Was immer es ist, es hat den Ort noch nicht verlassen«, stellte Bruder Tarmus mit gepresster Stimme fest. »Wir werden es vertreiben«, schwor er. »Und wenn nicht wir, dann wird Boron selbst den richten, der diese Blasphemie begangen hat. Dies ist sein Haus, und wir werden es nicht befleckt belassen!«
Ich wollte nur, ich hätte mir dessen so sicher sein können wie der treue Priester. Nach allem, was in den letzten Wochen in Borons Namen geschehen war, hatte ich meine Zweifel, ob der Gott hier noch zu Hause war.
Außer dass es dunkler wurde und kalt genug, dass sich mein Atem auf meiner Rüstung niederschlug, geschah vorerst nichts, auch als wir Bruder Faban erreichten.
»Das ist eine Kampfansage«, stellte Zokora fest, während sie von dem toten Priester zu den blutverschmierten Roben Borons schaute. »Viel klarer geht es kaum.«
Als Leandra berichtet hatte, dass man Bruder Faban tot in seinem Tempel aufgefunden hatte, war ich zuerst davon ausgegangen, dass er mit seinen Sünden nicht mehr hatte leben können und sich selbst gerichtet hatte, doch das war deutlich nicht der Fall.
Jemand hatte ihn mit silbernen Nägeln auf die polierten Platten genagelt, die Spuren zeigten, dass er da noch gelebt hatte.
»Sieben Nägel«, stellte Zokora fest. »Eine magische Zahl. Unfug zwar, aber es gibt genügend Rituale, die darauf bestehen.«
»Es ist ein Beschwörungszirkel«, stellte Leandra rau fest. »Diese schwarzen Kerzen, der Geruch …«
»Nase, Ohren, Augen, Zunge und sein Herz an den sieben Kreuzungspunkten«, meinte Zokora und deutete es für uns aus, während hinter mir der Priester leise würgte … viel anders erging es auch mir nicht. Sie sah fragend zu Leandra auf. »Ein Blutritual. Einer dieser Torzauber, von denen ich hörte?«
»Nein«, sagte Leandra und formte in ihrer Hand ein Licht, das sie aufsteigen ließ … und sah zu, wie es schwächer wurde und verblasste, als es sich etwas weiter von uns entfernte. Sie sah sich sorgsam um, aber es gab nichts, was sich in diesem toten Tempel rührte. »Ich bin in meinen Studien nicht so weit fortgeschritten, aber mir kommt es vor, als hätte hier jemand einen Dämon beschworen.«
»Es gibt keine Dämonen«, sagte Zokora entschieden. »Also kann man sie auch nicht beschwören.« Sie richtete sich auf, um ebenfalls in die Dunkelheit zu spähen. »Aber ich verstehe, was du meinst …«
»Ich nicht«, machte ich mich bemerkbar. »Was meinst du?«
»Es ist wie bei den Geistern der Barbaren«, erklärte mir Zokora. »Es sind keine echten Geister, nur formgewordene Magie. Ist die Magie mächtig genug, ist die Frage, wie echt die Geister sind, nur müßig, es macht keinen Unterschied. Bei all dem hier …« Sie tat eine kleine Geste, die den toten Priester und den ganzen Tempel einschloss. »Das Blut eines Priesters, ein heiliger Ort, dieses Ritual des Blutes … Bei der Macht, die ich hier fühle, ist es nicht mehr von Belang, ob es das, was hier beschworen wurde, gibt oder gar geben darf. Es ist. Und es belauert uns.« Ihre Lippen formten sich zu einem kalten Lächeln. »Ich habe noch nie einen Dämon erschlagen, aber es gibt für alles ein erstes Mal. Doch wir haben einen Vorteil.«
»Das ist gut zu hören«, meinte der Priester, der unter seiner Bräune bleich geworden war. »Und welcher wäre das?«
»Dieses magische Konstrukt, das hier beschworen wurde, glaubt selbst, dass
Weitere Kostenlose Bücher