Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
die ich gewartet hatte. Bevor er sich fangen konnte, sprang ich vor und stieß mit aller Kraft zu, hart genug, dass mein Stich ihm die Kettenglieder sprengte und meine Klinge tief in seine Seite fuhr.
Ein guter Streich, und so tief, wie ihm meine Klinge in die Seite gedrungen war, wussten wir beide, wer von uns den nächsten Tag nicht mehr erleben würde.
Schwer atmend trat ich zurück, während er mit der rechten Hand seine blutende Seite hielt und sein Schwert fallen ließ.
»Ich werde dich lange sterben lassen«, teilte ich ihm mit, während ich zusah, wie er langsam auf seine Knie sackte. »Rarak war mein Freund, und bevor du stirbst, ziehe ich dir dafür die Haut in Streifen ab!«
Er sah zu mir hoch und lächelte schwach … und wieder fühlte ich dieses Frösteln auf meinem Rücken, denn in seinen Zügen las ich weder Angst noch Furcht vor dem Gericht der Götter, eher war es so, als ob er nachdenklich in sich lauschen würde.
Dann schüttelte er den Kopf.
»So will ich nicht sterben«, teilte er mir mit.
»Was du willst, alter Mann, berührt mich nicht«, meinte ich zu ihm. »Ich will dich nur noch schreien hören.« Ich lachte hart. »Vielleicht fängst du schon mal damit an.«
»Ich glaube nicht«, sagte er und hob die linke Hand … und was dann geschah, ging so schnell, dass ich Mühe hatte, es zu sehen.
Irgendwie rollte sich die Lederrolle auf seinem Rücken auf, und ein Schwert sprang in seine Hand, dessen Klinge hier im Schatten der hohen Baumkronen schwach und fahl zu leuchten schien. So schnell, wie er sich bewegte, war es, als ob es nur ein Blinzeln brauchte, eben kniete er noch sterbend dort, jetzt stand er nah vor mir … und ich sah ungläubig auf seine Hand hinab, die eben diese fahle Klinge hielt, die wie kaltes Feuer in mir brannte.
»Verdammt«, sagte er und zog langsam seine Klinge aus mir heraus, um einen Schritt zurückzutreten und sich über seinen grauen Bart zu reiben. »Das sind bestimmt weitere zwanzig Jahre … hättest du nicht besser zielen können?«
Ich verstand nicht, was er damit sagen wollte, warum mir die Knie so schwach wurden, oder wann mir mein Schwert aus den Fingern geglitten war. Warum seine Augen so schwarz wurden, dass es mir schien, als ständen Sterne in ihnen und ich fiele in sie hinein, in die Dunkelheit, in der das Licht so fern wurde, dass ich es nicht mehr sah …
»Alles ist gut, Havald«, hörte ich Serafines Stimme, während ich aus der Dunkelheit auftauchte. »Sssh …«, flüsterte sie. »Alles ist gut, ich bin bei dir, ich werde immer bei dir sein … nur … bitte … lass Seelenreißer los!«
Langsam nur verstand ich, dass ich mich nicht mehr auf diesem Handelsweg befand, ich nicht gestorben war, und der Nachthimmel, der sich über mir erstreckte, der der Ostmark war. Ich lag auf meiner Decke, halb in sie verknotet, und Serafine lag schräg über mir, ihr Gesicht ganz nah dem meinen, während sie mich mit leichten Küssen bedeckte … und mit der anderen Hand meine linke Hand zur Seite drückte, in der Seelenreißer wie eine fahle Fackel leuchtete. Als hätte er mich verbrannt, ließ ich ihn fallen, und das Leuchten schwand, während Serafine erleichtert ausatmete.
»Was …«, begann ich, »was ist geschehen?«
»Der Alb hat dich geritten, Havald«, teilte sie mir leise mit. »Schlimmer, du hast im Schlaf Seelenreißer zu dir gerufen, und dann hast du aufgeschrien, und er fing an zu leuchten … das hat mir Angst gemacht.«
Sie richtete sich auf einem Arm auf und sah auf mich herab. Für die Nacht hatte sie ihren Zopf gelöst, und ihre Haare fielen wie ein dunkel schimmernder Vorhang auf mich herab. Viel mehr als das Schimmern ihrer Augen sah ich nicht, aber ich spürte ihren Herzschlag auf meiner Brust und roch ihren Atem … und küsste sie, während ich sie zu mir herunterzog.
»Nicht …«, flüsterte sie. »Die anderen …«
»Sollen sie wegsehen«, teilte ich ihr mit, und stahl ihr den Atem von den Lippen, die mich, so schien es mir, schon mein ganzes Leben lang in ungezählten Träumen hatten zittern lassen.
»Ich brauche dich, Finna«, stieß ich rau hervor, während ich mit ungeschickten Fingern an ihrer Schnürung zog. »Ich …«
»Ssh …«, sagte sie leise und schmiegte sich an mich, während ihre Hand die meine zur Seite schob, um nun selbst ihr Mieder zu lösen. Ihre Lippen waren meinem Ohr so nah, dass ich ihren Atem hörte. »Ich bin ja da …«
Ich starb in dieser Nacht ein zweites Mal, doch in
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