Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
er wirklich ist.« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Jemand, der sich der Magie entziehen kann … das ist wahrhaft unnatürlich!«
Begnadigungen
33 »Hier ist Eure Begnadigung«, sagte ich und hielt dem blutigen Marcus das gesiegelte Schriftstück hin. »Ein voller Dispens, für alle Verbrechen, die Ihr bis heute begangen habt. Kommt nur nicht auf den Gedanken, jetzt auch nur ein Kupferstück zu stehlen, dann hängt Ihr schneller, als Ihr reden könnt. Es befindet sich ein Nachsatz von Leandra auf dem Dokument, Ihr seid mit ihrem Siegel auch hier in den Südlanden begnadigt.«
»Ist das wahr?«, fragte er fast ehrfürchtig. »Ich bin ein freier Mann?«
»Bis wir Euch erneut erwischen. Hier …« Ich reichte ihm noch einen Beutel. »Das sind zwanzig kaiserliche Goldstücke. Genug für einen neuen Anfang. Diese beiden«, ich wies auf die Legionäre, die hinter mir an der Zellentür standen, »werden Euch zum Tor geleiten und aus dem Tor hinaus zum Tempel Borons in Askir. Ob Ihr dort Eure Sünden beichten wollt, bleibt Euch überlassen.«
»Ich denke nicht«, meinte der blutige Marcus etwas eingeschüchtert. »Göttliche Vergebung dürfte schwerer zu erkaufen sein. Was ist in dem Packen dort?«
»Neue Kleidung.« Ich wandte mich ab, hielt dann aber noch einmal inne, um zu ihm zurückzusehen. »Der Götter Segen für dich, Marcus«, entbot ich ihm leise. »Verschwende diesen neuen Anfang nicht.«
»Das werde ich nicht«, schniefte er. »Das könnt Ihr mir glauben!«
Damit ließ ich ihn in seiner offenen Zelle sitzen, Packen, Beutel und die Begnadigung in seinem Schoß, und versuchte mir einzureden, dass es mich nicht berührte, dass er weinte.
Keine zwei Glocken später saß ich neben Leandra auf der Plattform, die man für uns errichtet hatte, und dachte mir, dass der blutige Marcus, den wir so oft und gerne mit Verachtung gestraft hatten, zehnmal mehr Mut und Tapferkeit besaß als dieses elendige Stück Mensch, das schon beim Anblick der glühenden Zangen zu wimmern und zu schreien begann. Wäre es dazu gekommen, dass wir Marcus heute am Strang hochgezogen hätten, hätte er dabei tausendmal mehr Würde bewiesen.
»Götter«, hauchte Leandra, als Graf Render anfing zu schreien. »Ich kann das nicht mit anhören … da, er tut es schon wieder, schreit und winselt und bittet mich um Vergebung … und die Götter, deren Priester er ermordet hat! Dabei hat der Scharfrichter noch gar nicht richtig angefangen!«
»Du kannst ihn nicht verschonen«, sagte Lenere mit schneidender Stimme von Leandras Seite her. »Du kannst nicht ausgerechnet ihm Gnade zeigen und die anderen dort dann hart abstrafen.« Die anderen, damit meinte sie die gut zwei Dutzend Verschwörer, die auf dem Podest uns gegenüber auf ihr Schicksal warteten. Nicht jeder zeigte sich unberührt von seinem drohenden Schicksal, es gab einige, die weinten und zu den Göttern beteten, aber allesamt war ihnen der Ekel und die Abscheu eigen, die sie gegenüber dem alten Grafen zeigten.
»Götter!«, rief jetzt einer angewidert und stand trotz seiner Fesseln auf. »Könnt Ihr mich nicht jetzt gleich hinrichten? Ich halte dieses Gewinsel nicht mehr aus!«
Ich kannte ihn von früher, damals war er ein Knappe gewesen und von fröhlichem Gemüt. Er stand nur dort, weil Render der einzige Erbe gewesen war … und Illian, wie er beim Verhör gesagt hatte, nun einmal eine Krone brauchte.
Leandra stand auf, wir tauschten einen Blick, dann griff sie Steinherz, der neben ihrem Stuhl gestanden hatte, und ging die Treppe herab zu dem Richtblock, auf den man den Grafen Render geschnallt hatte. Das kunstvolle Gerät mit seinen tausend Schnallen, das es erlaubte, alles festzusetzen und abzubinden, war mit dem Aldanen hergekommen, es erlaubte ihm, so hatte er voller Stolz verkündet, sein Handwerk mit größter Präzision auszuführen und zudem den Blutverlust in Grenzen zu halten.
»Haltet ein«, gebot sie dem Aldanen, der mit seinen roten und goldbestickten Gewändern und der roten Haube vor allem dadurch furchterregend wirkte, weil er sich für das Schlachten so ganz besonders fein gemacht hatte. Trotz seiner Haube meinte man, seinen erstaunten Blick zu sehen, dann ließ er die Zange los und Renders Fingerspitze fallen, um mit einer Verbeugung vor ihr zurückzutreten.
»Ich wusste es!«, rief Graf Render erleichtert. »Ich wusste, dass Ihr ein Herz voll Gnade habt und Astarte Euch erleuchtet. Sagt, dass Ihr mir vergeben habt!«
»Nein«, sagte
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