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Das böse Auge

Das böse Auge

Titel: Das böse Auge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Geruchsspuren, die sie oder andere Valunen beim letzten Marsch aus der Düsterzone heraus zurückgelassen hatten.
    Luxon konnte sich keine Gedanken darüber machen. Das Gelände wurde schroffer. Die Schatten wechselten nun schneller. Es war gerade so, als wanderten sie über die Felsen und Hänge. Täler, die eben noch im trüben Halbdunkel gelegen hatten, waren nur Atemzüge später in tiefe Schwärze getaucht. Luxon verlangsamte seine Schritte, tastete sich behutsam vor und blickte immer öfter zum Himmel auf. Doch der Ursprung der wandernden Schatten schien nicht dort zu liegen.
    Die Gruppe erreichte eine Senke, dreimal so groß wie jene, in der die Valunen hausten. Ringsherum ragten nun Felsklippen in die Höhe, bizarre Gebilde, deren Spitzen in dunklen Nebeln verschwanden. Dieser Nebel wurde dichter, je weiter der Trupp vordrang. Luxon konnte nicht sehen, ob und wo ein Weg aus der Senke herausführte. Zum erstenmal fühlte er sich wieder verloren. Die Schatten schienen von allen Seiten auf ihn einzudringen. Blaugras, eben noch das einzig Farbige in dieser unfruchtbaren Einöde, schien den Nebel in sich aufzusaugen und wurde schwarz. Selbst die Schreie hoch über den Anhöhen kreisender Vögel wurden geschluckt. Die Stille war unheimlich. Luxon hatte nur das Messer, mit dem er das Graupferd getötet hatte. Er umklammerte es fester. Aber was sollte er mit ihm gegen das Grauen ausrichten, das ihn nun umfing?
    Seine Füße traten das Gras nieder, und bei jedem Schritt glaubte er, feine, wispernde Stimmen zu hören.
    Er blieb stehen, sah Nebelschwaden auf sich zukommen und war ein, zwei Herzschläge später von Schwärze eingehüllt. In plötzlicher Todesangst drehte er sich zu seinen Valunen um – und glaubte, das Herz müßte ihm stehenbleiben.
    Sie leuchteten!
    Ihre Augen waren plötzlich dunkle Teiche in verwirrenden Lichtgebilden. Nur die Haare der Zwerge schimmerten schwarz auf ihren lichtdurchfluteten Körpern. Jede Ader, jeder Muskel leuchtete in einem durchscheinenden Leib. Doch die Zwerge bewegten sich, als machte ihnen das nicht das geringste aus. Sie kamen heran und blieben vor ihm stehen. Luxon hob seine eigenen Hände vor sein Gesicht und sah, daß sie schimmerten wie buntes Glas, in dem sein Blut dahinfloß.
    »Es ist nicht gut, zu lange den Zauberwolken ausgesetzt zu sein«, sagte der Halsbandträger. »Geh weiter, Häuptling.«
    Weiter! Wohin? Luxon hatte jede Orientierung verloren. Aber warum sollte er denn überhaupt von hier fortgehen? Es war warm. Er war plötzlich vollkommen ruhig. Die leuchtenden Zwerge schlugen ihn in ihren Bann. Die Nebel waren nicht länger drohend. Sie strahlten diese Wärme aus, die ihn so wohlig erfüllte. Was sollte er woanders? Er wollte hierbleiben, niemals mehr fort von hier.
    Die Valunen drängten sich an ihn heran. Zwei von ihnen schoben sich vor Luxon und versuchten, ihn fortzustoßen. Er hörte, wie sie auf ihn einredeten und dann zu schreien begannen. Aber wovor hatten sie denn Angst?
    »Hört auf!« rief er. »Weg mit euch! Ich will…«
    Irgend etwas schlug gegen seine Stirn. Blitze zerrissen das Dunkel. Grelle Punkte tanzten vor Luxons Augen, und stechender Schmerz durchfuhr seinen Körper. Er verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach hin. Er wollte sich wehren, als die Zwerge ihn an Händen und Füßen packten und fortschleiften. Aber er war wie gelähmt.
    Er nahm kaum wahr, daß er getragen wurde. Einmal glaubte er, es ginge steil bergauf. Dann wieder war es ihm, als ließen die Valunen ihn an Seilen in einen Abgrund hinab. Aber sie hatten keine Seile. Warum taten sie das alles?
    Etwas griff nach seinem Geist. Die Schatten ballten sich noch schwärzer um ihn zusammen. Luxon sah dämonische Fratzen, wie sie sich daraus hervorschälten und Klauenhände nach ihm ausstreckten. Er schrie. Seine Lungen schmerzten. Und die Valunen trugen ihn weiter. Spürten sie denn nicht dieses Ziehen? Er wollte sich freimachen, doch wieder war keine Kraft in seinen Armen und Beinen. Sie trugen ihn weiter, und immer eindringlicher wurden die Stimmen, die ihn lockten. Luxon verlor fast den Verstand.
    Dann war der Spuk vorbei. Die Nebel wichen zur Seite. Die Valunen leuchteten nicht mehr. Nur ihre Augen funkelten gelblich in der Düsternis. Einige von ihnen blickten sich noch scheu um. Sie liefen jetzt. Der Boden war eben. Ein ausgetretener Pfad führte zwischen zwei Anhöhen hindurch auf einen Hügel. Erst dort kamen die Zwerge zum Stehen.
    Luxon war immer noch benommen,

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