Das boese Blut der Donna Luna
lachten oft.
Paulette ist auch so gewesen. Ein hübsches, blühendes Mädchen, das ein Recht hatte, zu leben.
»Malina, sieh dir diese Männer genau an. Erkennst du jemanden wieder?«, fragte Marco Auteri in ernstem, sachlichem Ton und breitete auf dem Schreibtisch vor dem Mädchen mehrere Fotos aus. Das des Klempners stammte aus dessen Personalausweis und war den anderen entsprechend vergrößert worden. Malina betrachtete sie einen Moment schweigend und konzentriert. Dann deutete sie auf das Bild von Gianluca Sonni.
»Also, Gianluca, fangen wir von vorn an. Du hattest dieses Mädchen – Paulette N’diaye – noch nie vorher gesehen. Als sie noch einen Kopf hatte, meine ich. Und die andere auch nicht, die, die wir heute Morgen am Forte Begato gefunden haben und deren Foto du gerade gesehen hast.«
Nelly wartete geduldig. Marco bebte, am liebsten hätte er den Jungen, der schlaff wie eine angepikste Luftmatratze auf dem Stuhl hing, beim Kragen gepackt und die Wahrheit aus ihm herausgeschüttelt. Mit gesenktem Kopf, die tapsigen Pranken im Schoß, saß Gianluca da und antwortete nicht. Die dunklen Schweißflecke unter seinen Achseln wurden immer größer und flossen fast mit dem feuchten Strich am Rücken zusammen, wo das rote T-Shirt auf der Haut klebte. Über eine Stunde lang hatte er geleugnet, protestiert, geschworen. Jetzt schien er in Starre verfallen zu sein. Nelly machte Lombardo, der neben der Tür stand, ein Zeichen. Er verschwand und kehrte gleich darauf mit Malina zurück. Für einen kurzen Moment erwachte Gianluca aus seiner Apathie, sah auf und machte ein Gesicht, als hätte er den leibhaftigen Teufel vor sich. Malina wusste nicht, wo sie sich lassen sollte, offenbar hätte sie am liebsten Reißaus genommen. Schließlich gab sie sich einen Ruck und zeigte auf Gianluca.
»Er ist es. Mit ihm ist Paulette ein paar Mal ausgegangen.«
Gianluca sprang auf, und ehe die anwesenden Polizisten reagieren konnten, rammte er seinen Kopf mit solcher Wucht gegen die Wand, dass sie erzitterte. Marco und Lombardo stürzten zu dem Hünen, der taumelnd auf die Knie sackte, und konnten gerade noch verhindern, dass er unsanft auf dem Boden aufschlug. Er hatte eine große Platzwunde an der Stirn.
»Verdammt noch mal, bist du völlig irre geworden, was soll denn das? Schnell, einen Arzt, sonst heißt es noch, wir hätten ihn geschlagen.«
Mit Lombardos Hilfe hievte Marco ihn in einen Stuhl.
»Mir geht’s gut, es ist nichts, jetzt geht’s mir wieder gut.«
Gianluca schloss die Augen, und Nelly wischte ihm mit einem Taschentuch, so gut es ging, das blutüberströmte Gesicht ab. Malina war von diesem jähen Gewaltausbruch wie gelähmt. Valeria brachte sie hinaus.
Gewaschen und verarztet, mit einem großen Pflaster auf der Stirn und einem Kaffee in der Hand, begann Gianluca etwas später mit kaum hörbarer Stimme zu erzählen.
»Ich hab sie ... am Strand kennengelernt, in San Giuliano. Die waren mit Abstand die Braungebranntesten von allen. Zwei hübsche Mädchen. Aber Paulette war ... so süß und jung, die hat immerzu gelacht. Ihr gefiel einfach alles hier. Sie konnte ziemlich gut Italienisch, das hatte sie an dieser Ordensbrüderschule bei sich zu Hause gelernt. Ich hab sie ein paar Mal zum Eisessen und ins Kino eingeladen. Sie gefiel mir total gut, aber sie wollte wohl nichts von mir. Sie wollte nur wissen, was die Stadt außer den Gassen sonst noch zu bieten hatte. Wir haben uns eine Weile nicht gesehen. Dann, gestern Morgen ...«
»Habt ihr euch wiedergesehen und du hast sie umgebracht, weil sie dich nicht rangelassen hat«, schloss Marco grimmig. Gianluca zuckte zusammen, ließ sich von Marcos Zwischenbemerkung jedoch nicht aus dem Konzept bringen.
»Gestern Morgen hat mich jemand ganz früh angerufen, eine merkwürdige Stimme. Ich hab nicht mal kapiert, ob es ein Mann oder eine Frau war. Sie hat gesagt, Paulette stecke in Schwierigkeiten und müsse mich sehen. Dann hat sie mir genau beschrieben, wo ich sie treffen sollte. Da oben am Righi. Deshalb war ich so außer mir, als Sie kamen, Commissario. Weil ich wusste, wer das Mädchen ohne Kopf war. Dann habe ich eine Scheißangst bekommen, denn immerhin kannte ich sie und war auch noch dort. Außerdem hatte ich ja schon mal ein bisschen Ärger mit der Polizei gehabt. Und wie man sieht, war meine Angst begründet, nicht?«, schloss er verzweifelt und sah Nelly an.
»Du hättest das besser alles sofort erzählt.«
»Na klar, dann hätte ich sofort in der
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