Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
weg und bestellten noch einen und nippten schweigend daran, während im Raum die Gespräche allmählich wieder in Gang kamen. Als sie ihr zweites Glas geleert hatten, traten sie hinaus auf die kleine Veranda und beobachteten den Regen.
»Sieht jedenfalls nicht so aus, als würde es bald aufhören«, meinte John mit einem Blick auf den dunklen Himmel und dann zur Straße hinunter Richtung Westen. »Soviel ich weiß, liegt Texas immer noch da drüben. Je eher wir weitergehen, umso eher sind wir dort.«
»Ich geh nich ohne das Maultier«, sagte Edward.
John sah ihn an.
»Mach ich nicht. Ich lass das Maultier doch nicht bei einem dahergelaufenen Schmied für zwanzig Dollar. Is mir egal, ob sie ein Papier dafür unterschrieben hat.«
»Zum Teufel, mein Lieber, wann hast du
das
denn beschlossen?«
»Da drin, gerade eben.« Edward blickte zu einer Nebenstraße, und John folgte seinem Blick und erkannte die Straße, die zu dem Stall führte, wo sie das Maultier Foots gesehen hatten. Er sah Edward an und sagte: »Der Bursche sieht wie ein rauer alter Kerl aus.«
»Er hat sie um das Maultier betrogen, und ich hol es mir wieder. Der macht mir keine Angst.«
»Hab ich nicht behauptet. Mir auch nicht«, sagte John. Er sah wieder die Straße hinunter. »Wenn du das Maultier haben willst, dann würd ich sagen, holen wir’s uns.«
Edward betrachtete den bewölkten Himmel. »Bald ist’s richtig dunkel. Besser, wir warten noch.« Er fing Johns Blick auf die Tür zur Schenke auf. »Ich hab keine Angst, aber besser, wir machen das nicht halb betrunken.«
Sie hatten ihre Schusswaffen zum Schutz vor dem Regen in ihre Decken gewickelt und holten sie jetzt heraus und überprüften die Schlösser, um sich zu vergewissern, dass sie noch trocken waren, dann wickelten sie die Pistolen wieder ein. Sie saßen auf der Veranda mit dem Rücken zur Wand und warteten auf den Einbruch der Nacht, und als sie kam, standen sie auf und stapften die dickschlammige Straße hinunter.
Der Regen hatte unter beständigem Donnergrollen wieder nachgelassen, doch die Wolken waren noch dick und aufgewühlt und hingen tief. Gelegentlich ließen Blitze die Straßen in blauem Licht und schwarzen Schatten aufleuchten. Der Wind hatte jetzt an Stärke zugenommen und schüttelte in schweren, sprühenden Schwaden Wasser von den Bäumen. Sie konnten das Rauschen des angeschwollenen Flusses vernehmen. Der Geruch von blankem Lehm lag schwer in der Luft. Die Gebäude entlang der Hauptstraße waren geschlossen und dunkel bis auf die Schenken und Vergnügungssalons, durch deren Fenster schwankendes Lampenlicht drang und Musik und Gelächter herausschallte. Zwei Reiter in Regenjacken platschten laut vorbei und witzelten lärmend über Mobiles Freudendamen.
Sie gingen um die Ecke und sahen den Schein blassgelben Lichts vom Mietstall. Sie schlichen zur Tür und spähten hinein. Der Stallmeister saß in seinem Schaukelstuhl, nippte an einem Krug und redete mit der Bulldogge, die mit dem Kopf auf den Pfoten zu seinen Füßen lag. Sie traten ein, und der Hund sprang auf und knurrte leise mit gekrümmtem Rücken und gefletschten Zähnen.
Der Stallmeister stellte den Krug auf den Boden und erhob sich aus dem Stuhl, und John richtete das Hawken von der Hüfte aus auf ihn. Der Mann blieb stehen und sah schwermütig aus. Edward nahm ein aufgerolltes Seil von einer Boxtür, warf es ihm zu und befahl ihm, den Hund kurz angeleint an einen Pfosten zu binden. Der Mann tat wie ihm geheißen, und dann befahl Edward ihm, den Schlüssel für die Schreibtischschublade auszuhändigen und sich wieder in seinen Schaukelstuhl zu setzen. Er fesselte den Mann fest an den Stuhl, während die Bulldogge fauchend und geifernd, doch ohne zu bellen, an ihrer kurzen Leine zog. John fabrizierte aus einem Seil eine Zäumung für das Maultier und legte sie ihm an, während Edward zum Schreibtisch ging, die Schublade öffnete, den Kaufvertrag fand, ihn zusammenfaltete und in seine Tasche steckte.
»Wir könnten jedes deiner Tiere hier mitnehmen, wenn wir wollten«, sagte Edward zum Stallmeister, »aber wir sind nicht hier, um von dir zu stehlen, sondern nur um uns das zu nehmen, was rechtmäßig uns gehört. Du hast zwanzig Dollar für den alten Foots bezahlt, aber es war Betrügergeld, weil du ganz genau weißt, dass er mehr wert ist. Es is also nur gerecht, dass du verlierst, was du bezahlt hast.«
Während John sich daranmachte, einen breiten Streifen aus einem Jutesack zu schneiden, sagte der
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