Das Böse im Blut: Roman (German Edition)
er zum Eingang.
John hing am Hals von einem Seil, das über einen Deckenbalken geworfen war. Blut tropfte von seinen Stiefelspitzen, von seinem Kinn. Er hatte Wunden in der Leistengegend und an einem Bein; ein Auge fehlte, und unter dem anderen aufgerissenen Auge war ein rotschwarzes Einschussloch.
Sonst war niemand im Raum. Edward setzte sich an einen Tisch, starrte zu seinem Bruder hoch, dachte an nichts und hatte das Gefühl, als wäre seine Brust vollkommen ausgehöhlt.
Nach einer Weile stand er auf und schnitt ihn herunter. Dann ging er hinaus zu dem schwarzen Hengst, nahm die Jacke der Spy Company aus der Satteltasche, ging wieder in die Taverne und zog John die mexikanische Jacke aus und die andere Uniformjacke an. Er ging zur Theke und goss sich einen Drink ein, leerte ihn und ging dann zu John zurück und trug ihn hinaus. Er hob ihn bäuchlings über den Sattel des Rappen und band ihn fest. Er setzte ihm den schwarzen Hut der Spy Company auf und straffte die Krawatte eng unter seinem Kinn. Dann ging er zurück in die Cantina, holte sich zwei volle Flaschen Tequila, stopfte sie in seine Taschen, stieg auf und dirigierte die Pferde hinaus auf die Straße.
Menschen auf dem Gehsteig starrten ihn an, als er vorbeikam, starrten und flüsterten miteinander und zeigten ihm hinterher.
Er ritt durch die Stadt und begegnete keiner Armeepatrouille, weder zu Pferde noch zu Fuß, bis er zu dem Kontrollposten am nördlichen Ende der Tlalnepantla-Dammstraße kam. Er sagte dem befehlshabenden Offizier, dass der Tote ein Kamerad sei, der noch keine Stunde zuvor von einem gottverdammten mexikanischen Heckenschützen getötet worden sei, und er würde ihn zu dem Kundschafterlager seiner Einheit in der Nähe von Pachuca zurückbringen, damit Colonel Dominguez beschließen könne, wo er zu begraben sei. Der Offizier drückte ihm sein Beileid aus, verfluchte die mexikanischen Heckenschützen als feige Bastarde und winkte Edward durch.
22 Er ritt die ganze Nacht lang und den ganzen nächsten Tag in leichtem Galopp über das Tafelland zwischen aufragenden violetten Bergketten von Ost nach West. Er schlief im Sattel, machte nur Rast, um die Tiere zu tränken. Er dachte über wenig nach außer über die greifbare Welt um ihn herum. Er versank in tiefes Sinnen über die wechselnden Himmelsfarben, die sich bewegenden Wolken. Er studierte ferne Gewitter, die sich wie geheimnisvolle violette Schleier über den Horizont schleppten.
Am folgenden Tag bog er Richtung Nordwesten ab in die braunen Ausläufer und dann durch einen schmalen hohen Canyon, wo das Licht trübe blau war und die Hufe der Pferde wie gehämmerte Ambosse klangen. Beinahe taub vor Erschöpfung schlug er sein Lager auf einer Lichtung auf, die von Wacholder und Akazien gesäumt war. Ein kalter Wind pfiff in den Felsen, und sein Lagerfeuer schlug aus und wand sich verzweifelt wie in stummer Qual über sein eigenes Verbrennen. Der Mond richtete sein klägliches gelbes Auge auf diese harte, dunkle Welt dort unten. Er dachte über den Ursprung von Kometen nach, die über die schwarze Leere streiften, und fragte sich auch, wo ihre Feuer verloschen. Er wachte vor Tagesanbruch auf und sah, dass sich eine Klapperschlange neben ihm zusammengerollt hatte. Die Augen der Schlange waren vielleicht auf seine gerichtet oder starrten auf irgendeine innere Vision, die auf ewig das Geheimnis der Schlangen blieb. Er schloss die Augen und schlief wieder ein, und als er erwachte, war die Schlange verschwunden.
Vor Tagesanbruch saß er im Sattel und folgte Pfaden, die kein Mensch vor ihm gegangen war, gewundene Wege, die von Abfluss und Steinschlag und der Passage wilder Tiere geformt waren, Wege, die stellenweise so schmal durch den dornigen Bewuchs schnitten, dass er und die Tiere blutige Streifen bekamen von den tiefen Kratzern. Das Fortkommen wurde immer schwieriger, je höher sie kamen. Die Pferde scheuten und legten die Ohren zurück, als sie verzweifelt Halt suchten und sich ausschlagend vorwärtsbewegten, wobei sie große, krachende Lawinen von den Felsen hinter sich auslösten. Beim nächsten Sonnenaufgang befand er sich auf einem ansteigenden Pfad, der aus einer senkrechten Felswand hervorragte und kaum breit genug war, die Pferde zu tragen, bevor er ins neblige Nichts abfiel.
An diesem Nachmittag kam er um eine lange Biegung im Berghang zu einer breiten Lichtung, die auf einen riesigen, dunkel gefleckten Bolsón hinunterblickte, der eine halbe Meile unter ihm lag in einem rau
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