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Das Böse in dir

Titel: Das Böse in dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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hinterlassen, in dem er uns alles höflich und Schwarz auf Weiß erklärt. Das wäre doch ein feiner Zug von ihm, meinst du nicht?«
    »Der ist ja fast noch ein Kind. Ziemlich jung, um sich vom Acker zu machen. Anfang zwanzig, allerhöchstens fünfundzwanzig.«
    Wir traten näher heran, um die hängende Leiche in Augenschein zu nehmen. Dabei versuchte ich, nicht auf sein blau angelaufenes Gesicht zu achten. Die Totenstarre war nicht zu übersehen; die Leiche war so steif wie eine Schaufensterpuppe. Der Mann trug marineblaue Dockers und ein gelbes Polohemd, beides ordentlich und sauber mit Bügelfalten an Ärmeln und Hosenbeinen. An seinem rechten Ohr erkannte ich einen Ohrring, einen großen Diamantstecker, der immer wieder aufblitzte, als die Leiche im böigen Wind hin und her schwankte. Etwa zwei Meter unter ihm lag ein Mobiltelefon auf dem Boden.
    »Er hat sein Telefon fallen gelassen. Siehst du, da drüben auf den Felsen?«
    »Vielleicht ein Abschiedsanruf. Das könnte hilfreich sein.«
    »Am besten lassen wir es liegen, bis die Spurensicherung hier ist. Es könnte uns verraten, wer die nächsten Angehörigen sind.«
    »Der Junge scheint aus guten Verhältnissen zu kommen. Die Klamotten sind nagelneu und außerdem frisch gebügelt. Das Hemd ist offenbar von Ralph Lauren. Und die Armbanduhr sieht aus wie eine Rolex.«
    »Und die Turnschuhe haben keinen Kratzer und sind so weiß wie an dem Tag, an dem er sie gekauft hat. Die Sohlen sind kaum abgenutzt«, fügte ich hinzu. »Handwerker ist der bestimmt nicht.«
    »Vielleicht ist er ja Student an der Missouri State University in Springfield und extra hergekommen, um Schluss zu machen, damit uns heute Abend nicht langweilig wird.«
    »Glück muss der Mensch haben. Was ist denn das an seinen Armen?«
    »Anscheinend Armbänder. Sind das blaue und weiße Perlen? Mann, ich wette, das sind zwanzig pro Arm.«
    »Warum denn das? Hast du je einen Menschen mit so vielen Armbändern gesehen?«
    »Auf gar keinen Fall. Armbänder wie die sind mir überhaupt noch nie untergekommen.«
    Als mein Telefon sein Lied anstimmte, riss ich es vom Gürtel und erkannte Blacks Namen auf dem Display. Ich nahm den Anruf an und spähte zu ihm hinunter. Inzwischen stand er im Heck des Bootes und beobachtete mich wieder mit seinem starken Fernglass, sodass ich mich fühlte wie eine Amöbe unter dem Mikroskop.
    »Hast du das Opfer schon identifiziert?«, erkundigte er sich.
    »Nein, wir warten darauf, dass Buck das Seil durchschneidet und die Leiche runterholt.«
    »Ich bin ziemlich sicher, dass ich ihn kenne.«
    Zugegeben, das traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. »Woher willst du das wissen? Kannst du ihn denn so gut sehen?«
    »Ja, ich habe sein Gesicht deutlich im Blick. Armer Junge. Er sieht genauso aus wie ein junger Mann, den ich vor einigen Jahren in Behandlung hatte. Wenn ich richtig liege, heißt er Michael Murphy ist ist inzwischen einundzwanzig oder zweiundzwanzig Jahre alt.«
    »Michael Murphy? Warum kommt mir der Name so bekannt vor?«
    »Vielleicht deshalb, weil sein Vater Joseph Murphy ist, einer der wichtigsten politischen Berater des Gouverneurs. Er ist ständig in den Nachrichten. Liebt die Kameras. Möglicherweise erinnerst du dich noch, dass er den letzten Wahlkampf von Gouverneur Stanton geleitet hat, den, in dem er haushoch gewonnen hat, schon vergessen? Und noch etwas: Die Familie Murphy ist vom alten Geldadel. Ihnen gehört der Großteil der Innenstadt von Jefferson City, und auch in Kansas City und hier am See besitzen sie jede Menge Immobilien. Daher kenne ich sie. Wir waren gemeinsam an einigen Investitionsprojekten beteiligt.«
    »Ach, der Joseph Murphy. Ein hohes Tier in der Politik, was? Hat er vielleicht Dreck am Stecken? Ist ja spitze.«
    »Es wird so einiges gemunkelt, doch ich habe nie etwas Ungesetzliches bemerkt. Die Presse hasst ihn wie die Pest und umgekehrt, weshalb sie es sicher sofort an die große Glocke hängen werden. Ich hielt es nur für besser, dich zu warnen.«
    »Super, das sind ja tolle Nachrichten, Black. Bud wird Luftsprünge machen.« Mein sarkastischer Tonfall entging Bud nicht – nach all den Jahren als mein Partner hatte er ein Ohr dafür. »Black sagt, unser Toter wäre Michael Murphy, Sohn des großen Joseph Murphy, der beste Kumpel des Gouverneurs.«
    »Der Geldsack aus Jeff City? Der, der immer im Fernsehen ist? Auf mich wirkt er wie ein richtiger Schmierlappen.«
    Ich nickte. »Laut Black ist das hier ziemlich sicher sein Sohn.«

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