Das Boese in uns
Problem handelt. Es gibt heutzutage zahlreiche Möglichkeiten, die Wahrheit an die Öffentlichkeit zu bringen. Nun denn, lassen Sie uns über die Beziehung von Wahrheit und Zeit sprechen, wie es in diesem Fall angemessen erscheint. Wahrheit interessiert sich nicht für Alter. Ein Kind ist ein Kind, zugegeben, doch eine Seele ist eine Seele, und Wahrhaftigkeit ist ein Gebot an alle. Der Teufel erscheint in zahlreichen Verkleidungen, und ob man zehn ist oder achtzig - die Beichte und die damit verbundene Reue sind in jedem Fall der einzige Weg zur Erlösung. Das ist der Sinn dieses speziellen Teils meines Werkes. Ich möchte zwei Dinge demonstrieren: Wahrhaftigkeit ist alterslos, und Wahrheit ohne Reue ist für sich selbst genommen eine Lüge.« Er reibt eine Rosenkranzperle zwischen Daumen und Zeigefinger. »Valerie Cavanaugh stammt aus einer guten Familie. Sie hat gottesfürchtige Eltern. Sie verlangen viel von ihrer Tochter, und Valerie hat sie nie enttäuscht - nach außen hin. Valerie war stets eine Musterschülerin. Sie übt jeden Tag eine Stunde lang Klavier. Sie ist in einem Schwimmverein und hat bereits einige Pokale errungen. Sie engagiert sich zusammen mit ihren Eltern bei Wohltätigkeitsveranstaltungen und hilft Leuten, die weniger Glück im Leben hatten ...«
»Das alles stimmt«, sagt Alvarez dazwischen.
»Doch Äußerlichkeiten können trügen«, fährt der Prediger fort. »Und das Beichten auch der größten Verbrechen macht die Beichte selbst zu einer Lüge, wenn es an wahrer Reue mangelt.«
DIE SÜNDEN DER VALERIE CAVANAUH
Kapitel 33
»Sieh mich an, Kätzchen«, sagt Valerie.
Die Katze dreht den Kopf zu der Stimme und miaut einmal leise. Sie hat wunderschöne grüne Augen, und Valerie lächelt.
»Braves Kätzchen«, sagt sie und krault das Tier hinter den Ohren.
Es ist ein schöner Tag. Die Sonne scheint, doch die Hitze ist nicht drückend. Daddy nennt solche Tage »kalifornischen Herbst«. Ein leichter Wind weht. Valerie schließt die Augen und hebt den Kopf zum Himmel. Der Wind kühlt ihre Haut und streicht durch ihr Haar. Sie krault die Katze unablässig hinter den Ohren.
Valerie ist im Garten hinter dem Haus. Mommy und Daddy sind ausgegangen, und Emma, die Babysitterin, schlummert auf dem Sofa. Es ist einer jener seltenen Momente, in denen Valerie für sich alleine ist, und sie genießt jede Sekunde davon.
Der Garten ist riesig. Es gibt einen Patio und einen Pool und jede Menge üppigen grünen Rasen. Mommy hat viel Zeit mit dem Entwurf des Gartens verbracht und die Arbeiter persönlich beaufsichtigt (keine halben Sachen, sonst bist du am Ende selbst nur eine halbe Persönlichkeit, pflegt Mommy immer zu sagen). Valerie sitzt hinter einer Hecke, die eine Barriere bildet zwischen dem Rest des Gartens und der hohen Mauer aus Schlackenstein, die das Grundstück von der Außenwelt trennt.
»Braves Kätzchen«, murmelt sie erneut.
Die Katze miaut. Es ist kein fröhliches Miauen, und Valerie kann es dem armen Tier nicht verdenken. Schließlich ist es in ein Handtuch eingewickelt.
»Tut mir leid, Kätzchen«, sagt sie. »Aber ich kann mich schließlich nicht von oben bis unten zerkratzen lassen, nicht wahr?«
Valerie würde gerne noch länger warten, die Einsamkeit noch eine Weile genießen, doch sie kann sich nicht darauf verlassen, dass Emma bis in alle Ewigkeit weiterschläft. Sie seufzt.
»Besser, wir bringen es hinter uns, Kätzchen. Keine halben Sachen, sonst bist du am Ende selbst nur eine halbe Persönlichkeit.«
Sie legt die ins Handtuch gewickelte Katze in ihren Schoß, dreht sie auf den Rücken und legt ihre Hände um den Hals des Tieres. Dann drückt sie zu.
Sie drückt nicht allzu fest, denn sie will nicht, dass das Kätzchen zu schnell stirbt. Den Augenblick zu genießen ist schließlich ein großer Teil des Vergnügens.
Valerie sieht der Katze die ganze Zeit unverwandt in die Augen. Sie weiß selbst nicht genau, was sie sucht. Vielleicht den Moment des Todes, wenn der letzte Lebensfunke erlischt. Wer weiß? Doch es ist ein endloser Quell der Faszination: Irgendetwas geschieht da drin, so viel steht fest.
Valerie spürt, wie die Katze sich wehrt, wie sie versucht, sich aus dem Handtuch zu befreien.
Tut mir leid, Kätzchen, aber du hast keine Chance.
Sie kichert leise, dann verstummt sie.
Valerie spürt, wie ihr Herz schneller schlägt. Ein undefinierbares Gefühl erfasst sie. Eine Art von Erregung, die sie nicht einzuordnen vermag. Sie versucht es auch nicht
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