Das Böse unter der Sonne
Geschichte schon im Keim erstickte. Er brachte den gesprächigen Major zur Tür. Nachdem der Major verschwunden war, meinte der Inspektor:
«Schwierig zu überprüfen, was er in St. Loo getrieben hat. Wir sind mitten in der Hochsaison.»
«Wir können ihn noch nicht von der Liste der Verdächtigen streichen», sagte der Polizeichef. «Nicht, dass ich ernsthaft einen Verdacht gegen ihn habe. Es laufen Dutzende alter Langweiler wie er herum. Ich erinnere mich noch an den einen oder anderen aus meiner Soldatenzeit. Trotzdem – er kommt als Täter in Frage. Ich überlasse es Ihnen, Colgate, zu überprüfen, um wie viel Uhr er den Wagen aus der Garage holte, tankte und so weiter. Es wäre ja möglich, dass er den Wagen irgendwo an einer einsamen Stelle parkte und zur Bucht ging. Doch es erscheint mir höchst unglaubwürdig. Das Risiko, gesehen zu werden, wäre zu groß gewesen.»
Colgate nickte. «Allerdings sind heute eine Menge Ausflugsbusse da. Bei so schönem Wetter! Die ersten kamen um halb zwölf an. Flut war um sieben. Ebbe gegen ein Uhr. Es müssen viele Leute am Strand und auf dem Damm gewesen sein.»
«Ja, schon. Aber er hätte vom Damm aus am Hotel vorbeigehen müssen.»
«Nicht unbedingt, Sir. Er hätte vorher abbiegen und den Weg über die Mitte der Insel nehmen können.»
«Ich behaupte ja auch nicht, dass er es nicht hätte tun können, ohne gesehen zu werden. Praktisch waren alle Hotelgäste am Badestrand, mit Ausnahme von Mrs Redfern und Marshalls Tochter, die zur Möwenbucht gingen. Der Weg ist nur von ein paar Hotelzimmern aus einzusehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass gerade im richtigen Augenblick jemand zum Fenster hinaussah, sehr gering. Was das betrifft, so glaube ich, dass es durchaus möglich ist, das Hotel zu betreten, durch die Halle zu gehen und es wieder zu verlassen, ohne dass es jemand auffällt. Aber ich meine etwas ganz anderes: Er konnte nicht damit rechnen, dass ihn niemand sehen würde.»
«Er hätte mit einem Boot zur Bucht fahren können», meinte Colgate.
Weston nickte. «Das ist schon eher möglich. Wenn er sich ein Boot besorgt und es in einer nahen Bucht versteckt hätte, brauchte er nur den Wagen zu parken, hinzurudern oder hinzusegeln, Mrs Marshall zu ermorden und wieder zu verschwinden. Später tischte er uns dann die Geschichte auf, dass er in St. Loo gewesen sei und sich verfahren habe, wobei er ganz genau wusste, dass es schwierig sein würde, ihm einen Widerspruch nachzuweisen.»
«Sie haben vollkommen Recht, Sir.»
«Na, ich überlasse alles weitere Ihnen, Colgate», sagte Weston. «Sehen Sie sich gründlich um. Sie wissen ja, was zu tun ist. Am besten sprechen wir jetzt mit Miss Brewster.»
Emily Brewster hatte nichts Wichtiges zu berichten, nichts, was ihnen weitergeholfen hätte.
Nachdem sie ihre Geschichte noch einmal erzählt hatte, fragte Weston: «Sie haben also nichts beobachtet, was uns nützlich sein könnte?»
«Ich fürchte, nein», erwiderte Miss Brewster kurz. «Was für eine schreckliche Sache. Aber ich bin sicher, dass Sie bald dahinter kommen werden.»
«Ich hoffe es», sagte Weston.
«Es dürfte nicht allzu schwierig sein», bemerkte Miss Brewster trocken.
«Was meinen Sie damit, Miss Brewster?»
«Entschuldigen Sie. Ich wollte Ihnen keine guten Ratschläge geben. Ich meine nur, dass es bei so einer Frau ganz leicht sein wird, den Täter zu finden.»
«Glauben Sie?», fragte Poirot.
«Natürlich. Man soll ja nichts Schlechtes von den Toten sagen und so weiter, aber um die Tatsachen kommt man eben nicht herum. Die Frau war durch und durch böse. Man braucht sich nur ihre nicht sehr rühmliche Vergangenheit anzusehen.»
«Sie mochten sie nicht?», fragte Poirot freundlich.
«Ich wusste zu viel über sie», antwortete Miss Brewster. Und als sie die fragenden Blicke sah, fuhr sie fort: «Eine meiner Kusinen heiratete einen Erskine. Sie haben sicherlich gehört, dass diese Person den alten Sir Robert dazu überredete, ihr fast sein ganzes Vermögen zu hinterlassen statt seinen Verwandten. So vernarrt war er in sie!»
«Und die Verwandten – hm –, denen passte das nicht?», fragte Weston.
«Natürlich nicht. Sein Verhältnis mit ihr war sowieso schon ein Skandal, und dann hinterlässt er ihr noch eine Summe von fünfzigtausend Pfund. Das verrät doch, was für eine Art Frau sie war. Sicherlich klingt es sehr hart, aber ich finde, dass die Arlena Stuarts dieser Welt sehr wenig Mitgefühl verdienen. Ich weiß noch ein wenig mehr:
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