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Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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für Arkadin. Er war es nicht gewöhnt, ein solches Verlangen zu verspüren. Sein bisheriges Leben war davon geprägt gewesen, dass er irgendetwas brauchte, dass er Dinge tun musste. Er musste sich an seiner Mutter rächen, er musste von zu Hause weg, er musste es allein schaffen, er musste seine Rivalen und seine Feinde besiegen, er musste jeden vernichten, der seinen Geheimnissen zu nahe kam. Aber etwas einfach nur zu wollen – das war etwas ganz anderes. Es war Devra, die dieses Wollen in ihm geweckt hatte. Aber erst als er sich sicher war, dass er sie nicht mehr brauchte, konnte sein Verlangen hervorkommen. Er wollte sie.
    Als er mit der Hand unter ihren Rock fuhr, zog sie ihr Bein hoch. Ihre Finger befreiten ihn geschickt von seinen Kleidern. Dann hörte er ganz auf zu denken.
    Als sie danach zu ihren Plätzen zurückkehrten, an den Fluggästen vorbei, die inzwischen eine Schlange vor der Toilette bildeten, brach Devra in schallendes Gelächter aus. Arkadin setzte sich und sah sie an. Das war auch etwas Einzigartiges an ihr. Jede andere hätte ihn wahrscheinlich nach seinen Erfahrungen mit Frauen gefragt. Nicht sie. Sie hatte kein Interesse daran, in seinem Inneren zu stöbern und irgendwelche Details über ihn herauszufinden. Sie musste es nicht wissen. Nachdem er selbst ein Mensch war, der immer von irgendeinem Zwang getrieben wurde, konnte er es nicht ertragen, wenn andere genauso zwanghaft waren.
    Er spürte ihre Anwesenheit auf eine Weise, die er selbst nicht verstehen konnte. Es war, als könnte er ihren Herzschlag spüren, das Rauschen des Blutes in ihrem Körper – einem Körper, der so zerbrechlich wirkte, auch wenn er wusste, wie zäh sie sein konnte, nach allem, was sie durchgemacht hatte. Wie leicht man ihre Knochen hätte brechen können, wie leicht ein Messer zwischen den Rippen in ihr Herz hätte eindringen können, wie leicht eine Kugel ihren Schädel zertrümmern hätte können. Diese Gedanken machten ihn wütend, und er rückte näher an sie heran, so als bräuchte sie Schutz – was, wenn man an ihre ehemaligen Verbündeten dachte, auch durchaus der Fall war. Er wusste, dass er alles tun würde, was in seiner Macht stand, um jeden zu töten, der ihr etwas antun wollte.
    Als sie ihn näher rücken spürte, wandte sie sich ihm lächelnd zu. »Weißt du, was, Leonid? Ich fühle mich zum ersten Mal in meinem Leben sicher. Dass ich manchmal so kratzbürstig bin, das habe ich mir schon früh angewöhnt, um mir die Leute vom Leib zu halten.«
    »Du hast gelernt, hart zu sein, so wie deine Mutter.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das war nur Fassade. Meine Mutter hatte eine raue Schale, ja, aber innerlich war sie voller Angst.«
    Devra lehnte den Kopf zurück, ehe sie fortfuhr: »Ja, wenn ich an meine Mutter denke, dann erinnere ich mich vor allem an diese Angst. Ich habe sie nicht bloß gespürt, sondern gerochen, sogar wenn sie vorher gebadet hatte. Ich habe lange nicht gewusst, woher der Geruch kam, und vielleicht war ich auch die Einzige, die es gerochen hat, ich weiß es nicht.
    Sie hat mir früher manchmal eine alte ukrainische Volkssage erzählt. Sie handelt von den neun Ebenen der Hölle. Was hat sie sich nur dabei gedacht? Wollte sie mir Angst machen, oder hat sie gehofft, dass ihre eigene Angst ein bisschen kleiner wird, wenn sie sie mit mir teilt? Ich weiß es nicht. Jedenfalls hat sie mir diese Sage erzählt. Demnach gibt es einen Himmel, aber neun Ebenen der Hölle, wo man nach dem Tod hinkommen kann, je nachdem, wie schwer die Sünden waren, die man begangen hat.
    Die erste Ebene, die am wenigsten schlimm ist, kennt jeder; das ist dort, wo man ins Feuer geworfen wird. Auf der zweiten Ebene ist man allein auf dem Gipfel eines Berges. Jede Nacht gefriert man zu Eis, langsam und furchtbar, und am Morgen taut man wieder auf, und dann fängt alles wieder von vorne an. Die dritte Ebene ist ein Ort, der von einem grellen Licht erfüllt ist, auf der vierten herrscht tiefe Dunkelheit.
    Auf der fünften Ebene ist man einem Wind ausgesetzt, der so scharf bläst, dass er einen wie mit dem Messer schneidet. Auf der sechsten Ebene wird man von Pfeilen durchbohrt, auf der siebten wird man langsam unter einem Ameisenheer begraben, und auf der achten wird man gekreuzigt.
    Aber es war die neunte Ebene, die meiner Mutter am meisten Angst gemacht hat. Dort lebt man unter wilden Bestien, die am liebsten Menschenherzen fressen.«
    Arkadin stellte sich vor, wie grausam es war, einem Kind so etwas zu erzählen.

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