Das Bourne-Attentat
mochte sich geändert haben, doch das hieß nicht, dass sie die Veränderung mitmachen würde. In dem Moment, als Noah ihr das Paket für Damaskus gegeben hatte, wusste sie, dass sie sich nicht von dem Long-Beach-Projekt verabschieden würde. Egal, was Noah oder seine Vorgesetzten beschlossen hatten – sie konnte NextGen mit dem Projekt nicht im Stich lassen. Müller hatte, so wie übrigens alle anderen bei Kaller und auch fast alle bei NextGen, keine Ahnung, dass sie für die Firma arbeitete. Nur sie allein wusste, dass sie eigentlich im Flugzeug nach Damaskus sitzen sollte, anstatt hier zu sein. Sie hatte nur eine Gnadenfrist von einigen wenigen Stunden, bis ihr Kontaktmann bei NextGen sie fragen würde, warum sie immer noch an dem LNG-Terminal-Projekt arbeitete. Bis dahin hoffte sie den Direktor von NextGen davon überzeugen zu können, dass es in diesem Fall klug war, die Anweisungen der Firma nicht zu befolgen.
Sie erreichten schließlich den Ladebereich, wo die sechzehn Teile des Kupplungssystems verpackt wurden, um mit dem Firmenjet von NextGen nach Long Beach transportiert zu werden, demselben Flugzeug, mit dem sie und Bourne nach München gekommen waren.
»Wie wir im Vertrag vereinbart haben, wird unser Ingenieursteam Sie auf der Heimreise begleiten«, sagte Müller, während er die Pläne zusammenrollte und sie Moira reichte. »Sie werden die Kupplung vor Ort zusammenbauen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass alles glattgehen wird.«
»Das muss es auch«, antwortete Moira. »Der LNG-Tanker soll in dreißig Stunden am Terminal anlegen.« Sie sah Müller mit ernster Miene an. »Nicht viel Spielraum für Ihre Ingenieure.«
»Keine Sorge, Fräulein Trevor«, versicherte er gut gelaunt. »Sie werden die Aufgabe leicht erfüllen.«
»Ich hoffe für Ihr Unternehmen, dass es so ist.« Sie klemmte sich die Pläne unter den Arm. »Kann ich offen mit Ihnen sprechen, Herr Müller?«
Er lächelte. »Aber sicher.«
»Ich wäre gar nicht hergekommen, wenn es nicht immer wieder Verzögerungen in Ihrem Produktionsprozess gegeben hätte.«
Müllers Lächeln schien unerschütterlich. »Mein liebes Fräulein, wie ich schon Ihren Vorgesetzten erklärt habe, waren die Verzögerungen unvermeidlich. Sie müssen verstehen, dass die Ursachen nicht in unserem Bereich lagen. Für die vorübergehende Stahlknappheit sind die Chinesen verantwortlich, und dass durch die Energieknappheit die Platinminen in Südafrika nur mit halber Geschwindigkeit arbeiten konnten, darauf haben wir auch keinen Einfluss.« Er breitete die Hände aus. »Ich versichere Ihnen, wir haben getan, was wir konnten.« Sein Lächeln wurde noch etwas breiter. »Und jetzt stehen wir am Ende unserer gemeinsamen Reise. Das Kupplungssystem wird in spätestens achtzehn Stunden in Long Beach sein, und acht Stunden später wird es bereit sein, um Ihren Flüssiggastanker in Empfang zu nehmen.« Er streckte ihr die Hand entgegen. »Somit wird alles ein Happy End haben, nicht wahr?«
»Ja. Danke, Herr Müller.«
Müller hätte beinahe die Hacken zusammengeklappt. »Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Fräulein.«
Moira ging mit Müller durch das Werk zum Eingang zurück. Sie verabschiedete sich von ihm bei den Fabrikstoren und ging zu ihrem Auto mit Chauffeur hinüber, das in der Auffahrt mit leise schnurrendem Motor – ebenfalls deutsche Präzisionsarbeit – auf sie wartete.
Ihr Wagen verließ das Firmengelände und fuhr Richtung Autobahn, um sie zurück nach München zu bringen. Fünf Minuten später sagte der Fahrer: »Hinter uns ist ein Auto, das uns folgt, Fräulein.«
Moira drehte sich um und blickte aus dem Fenster. Ein kleiner Volkswagen, höchstens fünfzig Meter hinter ihnen, blendete die Scheinwerfer auf.
»Halten Sie an.« Sie hob den Saum ihres langen Rocks und zog eine SIG Sauer aus dem Halfter an ihrem linken Fußknöchel.
Der Fahrer kam der Aufforderung nach, und der Wagen hielt auf dem Straßenbankett an. Der VW blieb direkt hinter ihnen stehen. Moira saß da und wartete, was passierte; sie war zu gut ausgebildet, um auszusteigen.
Schließlich fuhr der Volkswagen von der Straße weg und verschwand im Gestrüpp. Wenige Augenblicke später tauchte ein Mann auf, der zur Straße heraufkam. Er war groß und schlank und hatte einen dünnen Oberlippenbart, seine Hose wurde von Hosenträgern gehalten, und trotz der winterlichen Kälte war er nur mit einem Hemd bekleidet. Sie konnte erkennen, das er keine Waffe bei sich trug, was wohl, so vermutete
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