Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bourne-Attentat

Das Bourne-Attentat

Titel: Das Bourne-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Nachdem die Straße vor ihm nun frei war, trat er ordentlich aufs Gaspedal. »Wie soll ich dich sonst kennenlernen?«
    Sie kratzte die Tätowierung, als wäre sie unter die Haut gekrochen. »Pjotr wollte, dass ich es machen lasse. Er hat gesagt, es ist notwendig, wenn ich dazugehören will. Er hat gesagt, er würde erst mit mir schlafen, wenn ich es hätte.«
    »Und du wolltest mit ihm schlafen.«
    »Nicht so sehr, wie ich mit dir schlafen will.«
    Sie wandte sich von ihm ab und sah zum Fenster hinaus, so als wäre es ihr peinlich, was sie ihm soeben verraten hatte. Vielleicht war das gar nicht gespielt, dachte Arkadin, während er blinkte und über zwei Fahrspuren nach rechts schwenkte, nachdem er ein Schild gesehen hatte, das eine Raststelle anzeigte. Er fuhr von der Autobahn ab und parkte am anderen Ende der Raststelle, in einigem Abstand von den beiden Fahrzeugen, die auf dem Parkplatz standen. Er stieg aus, trat an den Rand, so dass er ihr den Rücken zukehrte, und pinkelte ausgiebig.
    Es war sonnig und wärmer als in Sewastopol. Der Wind, der vom Wasser hereinwehte, brachte eine Feuchtigkeit mit sich, die sich wie Schweiß auf seine Haut legte. Auf dem Weg zurück zum Wagen krempelte er die Ärmel auf. Seine Jacke lag auf einem Haufen mit der ihren auf dem Rücksitz.
    »Wir sollten die Wärme genießen, solange es geht«, meinte Devra. »Wenn wir ins Hochland von Anatolien kommen, wird es schweinekalt; die Berge halten das milde Wetter ab.«
    Es war so, als hätte sie das intime Bekenntnis nie gemacht. Aber sie hatte seine Aufmerksamkeit geweckt, das auf jeden Fall. Er hatte den Eindruck, dass er nun etwas Wichtiges über sie verstand – oder, genauer gesagt, über sich selbst. Es war ihm auch schon bei Gala aufgefallen, wenn er es recht bedachte. Er schien eine gewisse Wirkung auf Frauen zu haben, die ihm Macht über sie gab. Er wusste, dass Gala ihn abgöttisch liebte, und sie war nicht die Erste. Jetzt war auch dieser Wildfang von einem Mädchen in ihn vernarrt. Und das bedeutete, dass er jetzt wusste, wie er an sie herankam.
    »Wie oft warst du schon in Eskisehir?«, fragte er.
    »Oft genug, um zu wissen, was mich erwartet.«
    Er lehnte sich zurück. »Wo hast du gelernt, Fragen zu beantworten, ohne etwas preiszugeben?«
    »Das hab ich wahrscheinlich schon mit der Muttermilch aufgesogen.«
    Arkadin blickte zur Seite. Er sah plötzlich so aus, als würde er keine Luft mehr bekommen. Ohne ein Wort zu sagen, riss er die Tür auf, sprang hinaus und marschierte in kleinen Kreisen über den Parkplatz wie ein Löwe im Zoo.
    »Ich kann nicht allein sein«, hatte Arkadin zu Semjon Ikupow gesagt, und Ikupow nahm ihn beim Wort. Als er Arkadin in seiner Villa einquartierte, sorgte er dafür, dass noch ein anderer junger Mann da war. Doch als Arkadin seinen Mitbewohner halb totprügelte, änderte Ikupow die Taktik. Er verbrachte Stunden mit Arkadin und versuchte die Ursache für seine Wutausbrüche zu ergründen. Doch auch das ging schief, weil Arkadin sich offenbar nicht an die schlimmen Ereignisse erinnern – geschweige denn, über sie sprechen konnte.
    »Ich weiß wirklich nicht, was ich mit dir machen soll«, sagte Ikupow. »Ich will dich nicht einsperren, aber ich muss mich irgendwie schützen.«
    »Ich würde dir nie etwas tun«, versicherte Arkadin.
    »Nicht absichtlich vielleicht«, erwiderte der ältere Mann nachdenklich.
    In der folgenden Woche war ein Mann mit hängenden Schultern und Ziegenbart jeden Nachmittag bei Arkadin. Er saß in einem bequemen Sessel, die Beine übereinandergeschlagen, und schrieb in sauberer Handschrift in ein Notizbuch, das er keinen Moment aus der Hand gab. Arkadin lag auf der Chaiselongue seines Gastgebers, den Kopf auf ein Rollkissen gestützt, und antwortete auf die Fragen des Mannes. Er sprach ausführlich über dies und jenes, doch die Dinge, die seine Seele verdunkelten, hielt er tief in seinem Inneren verschlossen. Über diese Dinge würde er niemals sprechen; diese Tür war für immer zu.
    Nachdem drei Wochen vergangen waren, übergab der Psychiater Ikupow seinen Bericht und verschwand so plötzlich, wie er aufgetaucht war. Doch es änderte sich nichts. Arkadins Albträume suchten ihn weiter mitten in der Nacht heim. Immer wieder schreckte er aus dem Schlaf hoch und glaubte Ratten hin und her huschen zu hören und ihre roten Augen in der Dunkelheit glühen zu sehen. In diesen Augenblicken vermochte ihn auch die Tatsache, dass es in Ikupows Villa mit Sicherheit kein

Weitere Kostenlose Bücher