Das Bourne-Attentat
geleitet wurde. Dieser Ort war so geheim, so extravagant, wie es innerhalb des Beltway nur möglich war. Hier war Kendalls kleiner Zufluchtsort, hier hatte er etwas für sich allein, von dem niemand wusste. Nicht einmal Luther LaValle kannte das Lokal. Es fühlte sich gut an, ein Geheimnis vor LaValle zu haben.
Kendall und Feir saßen auf violetten Samtstühlen und bekamen eine Reihe von Frauen in allen Größen und Hautfarben vorgeführt. Kendall wählte Imani, eine seiner Favoritinnen, und Feir entschied sich für eine dunkelhäutige Eurasierin mit indischem Einschlag.
Sie zogen sich in geräumige Zimmer zurück, die wie Schlafzimmer in einer europäischen Villa eingerichtet waren, mit Himmelbetten und jeder Menge Samt und Chintz und allerlei Zierrat. Dort sah Kendall zu, wie Imani mit einem atemberaubenden Hüftschwung aus ihrem schokoladebraunen Kleid mit Spaghettiträgern schlüpfte. Sie trug nichts darunter. Das Licht der Lampe verlieh ihrer Haut einen goldfarbenen Schimmer.
Dann breitete sie die Arme aus, und General Richard P. Kendall verschmolz mit einem tiefen Stöhnen mit den geschmeidigen Rundungen ihres makellosen Körpers.
In dem Moment, als Bourne keine Luft mehr bekam, stemmte er sich von seinem Sitz hoch und stützte sich zuerst mit dem einen, dann auch mit dem zweiten Fuß am Armaturenbrett ab. Mit der Kraft seiner Beine warf er sich schräg nach hinten auf den Rücksitz, so dass er direkt hinter dem unglücklichen Baronow landete. Der Würger befand sich nun rechts neben Bourne, wo es nicht mehr ganz so einfach war, den Draht um Bournes Hals festzuhalten.
Bourne trat dem Würger, so fest er konnte, zwischen die Beine, doch er war vom Sauerstoffmangel geschwächt.
»Stirb, du Hundesohn«, stieß der Würger mit dem ausgeprägten Akzent eines Mannes aus dem Mittelwesten hervor.
Weiße Lichter tanzten vor seinen Augen, und Dunkelheit breitete sich um ihn herum aus. Es war, als blicke er durch das falsche Ende eines Teleskops in einen Tunnel hinein. Nichts sah mehr real aus, die Perspektiven verzerrten sich. Er sah den Mann, sein dunkles Haar, sein grausames Gesicht, den unverkennbaren starren Blick des amerikanischen Soldaten im Gefecht. Irgendwo im Hinterkopf war ihm bewusst, dass ihn die NSA gefunden hatte.
Bournes nachlassende Konzentration ermöglichte es dem Würger, die Enden des Drahtes noch fester zusammenzuziehen. Bournes Luftröhre war völlig abgeschnürt. Blut lief ihm in den Kragen, als sich der Draht immer tiefer in seinen Hals schnitt. Fremdartige Tierlaute kamen tief aus seinem Inneren hervor. Er blinzelte die Tränen und den Schweiß weg und setzte sein letztes bisschen Kraft ein, um dem Agenten den Daumen ins Auge zu drücken. Der Mann schlug auf ihn ein, doch Bourne drückte weiter zu und erreichte so, dass sich der Draht um seinen Hals etwas lockerte. Er atmete gierig ein und presste dem Mann seinen Daumen noch tiefer ins Auge.
Der Draht lockerte sich weiter. Er hörte, wie die Autotür aufging. Das Gesicht des Würgers entfernte sich mit einem Ruck von ihm, und die Autotür wurde zugeknallt. Er hörte Laufschritte, die in der Ferne verklangen. Als er seinen Hals von dem Draht befreit hatte und hustend und keuchend Luft in seine brennende Lunge einsaugte, war die Straße bereits leer. Der NSA-Agent war weg.
Bourne saß allein in dem Wolga, mit der Leiche von Lew Baronow, benommen, geschwächt und niedergeschlagen.
Kapitel achtzehn
»Ich kann Haydar nicht so einfach kontaktieren«, sagte Devra. »Nach dem, was in Sewastopol passiert ist, werden sie wissen, dass du hinter ihm her bist.«
»Wenn das der Fall ist«, meinte Arkadin, »dann ist das Dokument längst weg.«
»Nicht unbedingt«, erwiderte Devra und rührte in ihrem türkischen Kaffee, der dick wie Teer war. »Sie haben dieses abgelegene Provinznest gewählt, weil es so schwer zu erreichen ist. Aber das gilt auch in der anderen Richtung. Es besteht die Möglichkeit, dass Haydar das Dokument noch nicht weitergeben konnte.«
Sie saßen in einem winzigen Café in Eskisehir. Selbst für türkische Verhältnisse war dies eine rückständige Gegend, in der man außer Schafen und den Gerüchen von Nadelbäumen, Dung und Urin nicht viel wahrnahm. Ein kalter Wind wehte über den Gebirgspass.
Auf den Häusern lag Schnee, und die tief hängenden Wolken ließen vermuten, dass bald noch mehr davon kommen würde.
»Gottverlassen ist noch stark untertrieben für dieses finstere Loch«, meinte Arkadin. »Verdammt, hier
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