Das Bourne Duell
er: Was immer er dort herausgefunden hatte – es musste ihn bewogen haben, den Laptop zu behalten. Aber was hatte er damit gemacht? Die Antwort war so nah, dass er sie fast mit Händen greifen konnte, fast.
Und dann kam die Ausfahrt, die Coven ihm beschrieben hatte, und er musste die Vergangenheit sein lassen, weil es Zeit war, sich mit Coven zu beschäftigen.
SECHZEHN
»Von hier aus müssen wir zu Fuß gehen«, sagte Barbara und stieg aus dem Jeep. Trotz der Hitze hatte sie Jeans, Cowboystiefel und ein kariertes Hemd angezogen, die Ärmel aufgerollt.
Moira stieg ebenfalls aus. Sie waren etwa eineinhalb Kilometer Richtung Westen gefahren, befanden sich aber immer noch innerhalb der Grenzen der riesigen Estanzia. In der Ferne erhoben sich blaue Hügel, und der süße Duft der Agaven hing in der Luft. Die Sonne stand schon tief über dem Horizont. Der Boden war aufgeheizt von der Gluthitze des Tages.
»Narsico hat gemeint, dass das Ganze schnell vergessen sein würde, aber ich hab das von Anfang an nicht geglaubt.«
»Warum?«, fragte Moira.
»Weil es immer so geht.«
»Was geht immer so?«, drängte Moira.
»Man stolpert immer über irgendwelche Kleinigkeiten.«
»Mord nennen Sie eine Kleinigkeit?«
Barbara hob trotzig und herablassend das Kinn. »Glauben Sie, jemand, den ich nicht mal gekannt habe, kümmert mich auch nur einen feuchten Dreck?«
»Was wurde aus den Ermittlungen der Polizei?«, fragte Moira, während sie durch das trockene Buschland gingen.
»Das Übliche«, antwortete Barbara und blinzelte in die Sonne. »Ein Inspektor aus Tequila hat ein paar Fragen gestellt, aber niemand hat gewusst, wer der Tote ist, und es hat ihn offenbar auch niemand vermisst. Er hat uns einige Wochen lang immer wieder befragt, uns und das Personal. Er wurde uns schon richtig lästig. Immer wieder hat er gemeint, dass es einen Grund haben müsse, warum der Tote auf unserer Estanzia gefunden wurde. Wir wurden zu Hauptverdächtigen, aber er und seine Kollegen, das sind alles Stümper, und irgendwann musste er seine Spekulationen aufgeben. Dann war Funkstille. Ich habe angenommen, dass die Ermittlungen eingestellt wurden.«
»Von mexikanischer Seite vielleicht«, sagte Moira. »Aber für uns haben sich einige interessante Zusammenhänge ergeben, die wir näher untersuchen müssen.«
»Welche denn?«, fragte Barbara, nun sichtlich beunruhigt.
»Zum einen wissen wir, dass der Tote auf der Hazienda Ihres verstorbenen Bruders in Mexiko City gearbeitet hat, somit gibt es offensichtlich einen Zusammenhang zwischen Ihnen und dem Toten.«
»Er hat für Gustavo gearbeitet? Das wusste ich nicht. Mit Gustavos Geschäften hatte ich nichts zu tun.«
»Wirklich? Das ist schwer zu glauben – schließlich haben Sie mit seinem Zulieferer geschlafen.«
»Was gibt es noch für Zusammenhänge?«
Moira sagte nichts. Offenbar näherten sie sich dem Tatort des Verbrechens, oder zumindest der Stelle, wo
der Tote gefunden wurde, denn Barbara wurde langsamer und begann sich umzublicken.
»Hier ist es.« Barbara zeigte auf eine Stelle ein paar Meter vor ihnen. »Dort wurde die Leiche gefunden.«
So trocken, wie es hier war, konnte man mehrere Wochen alte Fußspuren immer noch erkennen, doch sie waren von den Fußabdrücken der Polizeistiefel überlagert. Moira ging langsam um die Stelle herum und suchte den Boden ab.
»Die Erde sieht gar nicht aufgewühlt aus. Anscheinend wurde der Tatort nicht gerade gründlich untersucht.«
»Nein. Das weiß ich, weil sie uns auch hergeholt haben, als sie hier waren«, sagte Barbara.
Moira begann die Stelle nun eingehender zu untersuchen. Sie streifte Latexhandschuhe über und wühlte in der Erde, im Staub und in den Büschen. Auf eine ihr unerklärliche Weise hatte sich Jalal Essai die Fotos von dem Toten verschafft, die zeigten, dass er auf seiner linken Seite gelegen hatte. Seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt, die Beine waren angewinkelt und der Kopf nach vorne gebeugt. Daraus ließ sich schließen, dass er gekniet hatte, als er starb. Essai hatte versucht, an den Autopsiebericht heranzukommen, doch der war entweder beim Gerichtsmediziner oder bei der Polizei verloren gegangen, die beide ziemlich inkompetent zu sein schienen.
»Da ist noch etwas«, sagte sie, um Barbara noch ein bisschen mehr zu beunruhigen, »wir wissen, dass das Opfer nicht einmal eine halbe Stunde vor der Operation, bei der Ihr Bruder getötet wurde, die Hazienda verlassen hat.« Sie blickte vom Boden auf, um
Weitere Kostenlose Bücher