Das Bourne Duell
»Einer Journalistin hätte Roberto nie von uns erzählt. Kein Wort hätte er Ihnen gesagt.«
»Was soll ich sagen?« Moira zuckte mit den Schultern. »Er muss mich irgendwie gemocht haben.«
Barbara schnaubte verächtlich. »Roberto mag niemanden, und lieben tut er nur sich selbst.« Sie legte den Kopf auf die Seite, und ihr Gesicht war nun nicht mehr drohend, sondern nahm einen fast verführerischen Ausdruck an. Sie drückte Moira gegen einen Baum, hob eine Hand und wickelte sich eine Strähne von Moiras Haar um den Zeigefinger. »Dann hast du ihn also gevögelt oder ihm zumindest einen geblasen.«
»Er hat mich nicht angerührt.«
Barbara streichelte ihr mit dem Handrücken über die Wange. War Barbara eifersüchtig, wollte sie sie verführen oder sie einfach nur verwirren?
»Irgendwie sind Sie an ihn herangekommen. Wie haben Sie es geschafft?«
Moira lächelte. »Ich war im Charme-Unterricht die Klassenbeste.«
Barbaras lange Finger waren wie Federn an ihrer Wange und ihrem Ohr. »Was hat Roberto in Ihnen gesehen? Er mag ja ein brutales Schwein sein, aber eine seiner großen Stärken ist, dass er Leute sofort einschätzen kann. Also frage ich mich, warum Sie hergekommen sind.« Sie drückte ihre Lippen auf Moiras Wange. »Sicher nicht, um meinen Mann zu interviewen, ich glaube, so viel ist schon mal klar.«
Moira spürte, dass sie Barbara irgendwie schockieren musste, um die Oberhand zu gewinnen. »Ich bin hier, um in einem Mord zu ermitteln. Es geht um den Mann, der hier vor einigen Wochen tot aufgefunden wurde.«
Barbara machte einen Schritt zurück. »Sind Sie von der Polizei? Die amerikanische Polizei ermittelt in dem Mord?«
»Ich bin vom FBI«, entgegnete Moira.
Barbara war einen Moment lang sprachlos. »Gott«, murmelte sie. »So sind Sie an Roberto herangekommen.«
»Berengária«, sagte Moira, »ich möchte, dass Sie mich zu der Stelle führen, wo die Leiche gefunden wurde. Jetzt gleich.«
Bourne saß am Lenkrad von Ottavio Morenos grauem Opel und folgte der Wegbeschreibung, die Coven ihm gegeben hatte. Neben ihm bereitete Ottavio die Utensilien vor, die Bourne gekauft hatte. Sie schwiegen, und
es war still im Wagen bis auf das Brummen des Verkehrs, das durch die geschlossenen Fenster hereindrang.
»Zwanzig Minuten«, sagte Bourne schließlich.
»Wir werden bereit sein«, gab Ottavio zurück, ohne von seiner Arbeit aufzublicken. »Keine Sorge.«
Bourne machte sich keine Sorgen, das hatte er sich längst abgewöhnt, spätestens in seiner Treadstone-Ausbildung. Er dachte an Coven, den Mann, der mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Decknamen der CI trug. Er wusste nur zu gut, dass die CI eine Gruppe von Agenten für die Drecksarbeit ausbildete und einsetzte. Er musste alles über Coven wissen, bevor er mit ihm zusammentraf, und es gab nur einen Menschen, der ihm dabei helfen konnte.
Er zog sein Handy heraus und tippte eine Nummer ein, die er lange nicht mehr gewählt hatte. »Peter«, sagte er, als sich die vertraute Stimme meldete, »ich bin’s, Jason Bourne.«
Peter Marks war unterwegs zu seinem Treffen mit Chefinspektor Lloyd-Philips, der ihn im Vesper-Klub erwartete, als der Anruf kam. Er war wie elektrisiert, als er Bournes Stimme hörte.
»Wo zum Teufel bist du?«, rief Marks auf dem Rücksitz des Londoner Taxis.
»Ich brauche deine Hilfe«, sagte Bourne. »Was weißt du über Coven?«
»Den CI-Agenten?«
»Du hast nicht gesagt, unseren Agenten. Bist du nicht mehr bei der CI, Peter?«
»Nein, seit Kurzem nicht mehr.« Marks versuchte sich zu beruhigen und seinen Herzschlag einigermaßen
unter Kontrolle zu bringen. Er musste erfahren, wo sich Bourne aufhielt, und sich mit ihm treffen. »Seit Danziger im Amt ist, herrscht dort ein Klima, das ich nicht aushalten würde. Er beseitigt nach und nach alle, die schon unter dem Alten gearbeitet haben.« Als er daran dachte, was in letzter Zeit alles passiert war, überlief ihn ein kalter Schauer. »Du weißt sicher, dass er Soraya gefeuert hat.«
»Nein, das hab ich nicht gewusst.«
»Jason … ich bin wirklich verdammt froh, dass du noch lebst.«
»Peter, kannst du mir etwas über Coven sagen?«
»Ja, richtig, Coven. Er ist gefährlich … und erfolgreich.« Marks überlegte einen Augenblick. »Ein harter Typ, rücksichtslos, ein richtiger Scheißkerl.«
»Würde er einem Kind etwas antun?«
»Was?«
»Du hast mich schon verstanden«, sagte Bourne.
»Herrgott, ich glaube nicht. Er ist selbst Familienvater, ob du’s
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