Das Bourne Duell
verdüsterte sich noch mehr. »Du bist im falschen Geschäft, das weißt du doch, oder?«
»Es war das Leben meines Bruders.«
»Ich würde jetzt gern sagen, dass es nicht das deine sein muss, aber dann würdest du mich auslachen.«
Barbara lächelte schmerzlich. »Seiner Familie kann man nun mal nicht entkommen.« Geistesabwesend strich sie über Moiras Gips. »Mein Bruder war immer gut zu mir, er hat mich beschützt und sich um mich gekümmert, wenn mich jemand ausnutzen wollte.« Sie sah Moira in die Augen. »Er hat mir beigebracht, hart zu sein. Von ihm hab ich gelernt, mich in der Männerwelt zu behaupten. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte.«
Moira dachte eine Weile über ihre Worte nach. Ein guter Grund, bei Barbara zu bleiben, wäre, sie zu überreden, aus dem Geschäft ihres Bruders auszusteigen, auch wenn sie ihm sehr viel zu verdanken glaubte. Moira selbst hatte seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie. Zu ihren Eltern hatte sie immer ein schwieriges Verhältnis gehabt, und den Kontakt zu ihrem Bruder hatte sie schon vor Jahren abgebrochen. Während die Eltern ihr längst gleichgültig waren, vermochte der Gedanke
an ihren Bruder durchaus noch Gefühle in ihr wachzurufen, wenn auch keine positiven.
Sie atmete tief ein und ließ die abgestandene Luft ihrer Vergangenheit heraus. »Es verheilt schneller, als der Chirurg es erwartet hatte, und der Mann ist so überzeugt von seinen Fähigkeiten, wie man es nur sein kann.«
Barbaras Augen funkelten verschmitzt. »Nun, du weißt ja, nichts kommt so, wie man’s erwartet.« Sie lachte, und diesmal lachte Moira mit ihr.
Benjamin El-Arian saß am Schreibtisch in seinem Arbeitszimmer. Er telefonierte mit Idir Syphax, dem hochrangigsten Vertreter von Severus Domna in Tineghir. Syphax hatte ihm bestätigt, dass sowohl Arkadin als auch Bourne unterwegs nach Marokko waren. El-Arian wollte sichergehen, dass seine Strategie genau so umgesetzt wurde, wie er es geplant hatte. Es durfte jetzt keine Überraschungen mehr geben; schließlich wusste er nur zu gut, womit man bei den beiden Männern rechnen musste.
»Ist im Haus alles vorbereitet?«
»Ja«, bekräftigte Idir. »Das System wurde mehrfach überprüft, zuletzt von mir persönlich, so wie Sie es angeordnet haben. Sobald sie drin sind, werden sie nicht mehr herauskommen.«
»Dann haben wir also eine richtige Rattenfalle gebaut.«
Idir lachte. »Das kann man so sagen, ja.«
Nun kam El-Arian zur schwierigsten Frage. »Was ist mit der Frau?« Er brachte es nicht über sich, Tanirts Namen auszusprechen.
»Wir können sie natürlich nicht anrühren. Die Männer haben Angst vor ihr.«
Aus gutem Grund , dachte El-Arian. »Dann lasst sie in Ruhe.«
»Ich werde zu Allah beten«, sagte Idir.
El-Arian war zufrieden. Auch weil Willard offensichtlich seinen Teil der Abmachung einhielt. Er wollte noch etwas sagen, als er draußen vor seinem Sandsteinhaus in Georgetown ein Auto mit quietschenden Reifen losfahren hörte. Mit seinem drahtlosen Kopfhörer konnte er aufstehen und zum Fenster gehen, wo er durch die Schlitze der Fensterläden spähte, ohne das Telefongespräch zu unterbrechen.
Er sah ein Bündel auf der Treppe vor seinem Haus liegen, so als hätte es jemand hingelegt. Es war in einen alten Teppich gehüllt. Er schätzte die Länge auf etwa einen Meter achtzig.
Während er in sein Mikrofon sprach, ging er über den Flur, öffnete die Haustür und zog den Teppich ins Haus. Er grunzte vor Anstrengung; das Bündel war sehr schwer. Der Teppich war an drei Stellen mit einer gewöhnlichen Schnur zusammengebunden. Er holte ein Klappmesser aus der Schreibtischschublade und ging zurück in den Vorraum. Als er die Schnüre durchgeschnitten hatte, rollte er den Teppich auseinander. Der bestialische Gestank, der ihm entgegenschlug, ließ ihn zurückfahren.
Als er erkannte, wer da vor ihm lag, und sah, dass der Mann noch lebte, beendete er das Telefongespräch. Allah schütze mich, dachte er, als er auf Frederick Willard hinunterblickte, Jalal Essai hat mir den Krieg erklärt . Essai hatte zwar auch die Männer getötet, die El-Arian
losgeschickt hatte, um ihn auszuschalten – aber das hier war eine persönliche Botschaft.
Er unterdrückte seinen natürlichen Ekel und beugte sich zu Willard hinunter. Ein Auge ging überhaupt nicht auf, das andere war so entzündet, dass das Weiße im Auge nicht mehr zu erkennen war.
»Ich werde für dich beten, mein Freund«, sagte El-Arian.
»Das ist
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