Das Bourne Duell
Der Keller war in mehrere Gänge unterteilt, die zwischen hüfthohen Schränken verliefen – ein jeder mit drei Schubladen, in denen alle Arten von Handfeuerwaffen aufbewahrt wurden, die man sich nur vorstellen konnte. Jede einzelne Waffe war fein säuberlich beschriftet.
»Nun, Sie wissen ja, was Sie hier bei mir finden können«,
sagte der Maulwurfsmann. »Ich überlasse es Ihnen, sich das Passende auszusuchen. Nehmen Sie sich einfach, was Sie kaufen möchten, und kommen Sie damit hinauf. Ich gebe Ihnen dann die Munition, die Sie dazu brauchen, dann machen wir die Rechnung.«
Arkadin nickte geistesabwesend. Er ging bereits von einer Schublade des Waffenlagers zur nächsten und wog Durchschlagskraft, Bedienungsfreundlichkeit, Feuergeschwindigkeit sowie Größe und Gewicht der Waffen ab.
Als sie allein waren, nahm er aus einer Schublade etwas heraus, was Soraya wie ein Scheinwerfer mit Batteriepack vorkam. Er wandte sich ihr zu und schüttelte den Scheinwerfer. Das Ding klappte auseinander und war nun als Maschinenpistole erkennbar.
»So etwas hab ich noch nie gesehen«, meinte sie, unwillkürlich fasziniert.
»Es ist ein Prototyp, noch nicht auf dem Markt. Eine Magpul FMG, verfeuert normale Neun-Millimeter-Glock-Munition, aber viel schneller als eine Pistole.« Er strich mit der Hand über den kurzen Lauf. »Nettes Ding, was?«
Soraya musste ihm recht geben. Sie hätte jetzt selbst gern so eine Waffe gehabt.
Arkadin hielt sie ihr hin, als hätte er ihren Gedanken gelesen.
Sie nahm die MP und begutachtete sie mit Kennerblick. »Verdammt raffiniertes Ding«, sagte sie anerkennend. Arkadin schien es nicht eilig zu haben, die Waffe zurückzunehmen. Er schien sie zu betrachten, doch in Wirklichkeit sah er etwas ganz anderes, eine Szene aus der Vergangenheit.
In St. Petersburg war er mit Tracy in ihr Hotelzimmer gegangen. Sie hatte ihn nicht gefragt, ob er mitkommen wolle, doch sie protestierte auch nicht, als er es tat. Drinnen legte sie ihre Handtasche und den Schlüssel auf einen Tisch und schritt über den Teppich zum Badezimmer hinüber. Sie schloss die Tür, doch er hörte nicht das Klicken eines Schlosses.
Der Fluss glitzerte im Mondlicht, schwarz und voller Geheimnisse. Es war muffig im Zimmer, deshalb ging er zum Fenster und öffnete es. Der Wind trug den Geruch des Flusses herein. Er wandte sich um, sah auf das Bett hinunter und stellte sich Tracy darauf vor, ihr nackter Körper vom Mondlicht erhellt. Da hörte er ein leises Geräusch hinter sich, das wie ein Seufzer klang, und drehte sich um. Die Badezimmertür war aufgegangen, und ein Windstoß schob sie weiter auf, sodass ein wenig Licht auf den Teppich fiel. Er trat in den Lichtkegel und warf einen Blick ins Badezimmer. Er sah Tracys Rücken, oder vielmehr ein Stück davon, weiß und makellos. Darunter die Rundung ihrer Hinterbacken und die Furche dazwischen. Das jähe Verlangen in seinen Lenden war so stark, dass es fast schmerzte. Sie hatte etwas an sich, was ihn schwach machte und ein Gefühl des Hasses und der Abhängigkeit in ihm auslöste. Er verachtete sich selbst dafür, doch er konnte nicht anders, als zur Tür zu gehen und sie aufzustoßen.
Tracy sah ihn über die Schulter hinweg an. Ihr Körper bot sich ihm in seiner ganzen Pracht dar. Sie sah ihn mit einer Mischung aus Mitleid und Abscheu an, und er gab einen gequälten Laut von sich und machte die Tür rasch wieder zu. Als sie herauskam, konnte er sie nicht
mehr ansehen. Er hörte, wie sie durchs Zimmer ging und das Fenster schloss.
»Wo sind Sie großgezogen worden?«, fragte sie.
Es war keine Frage, vielmehr ein Schlag ins Gesicht. Er konnte nichts antworten, und allein dafür – und für vieles andere – wünschte er sich brennend, sie zu töten, zu spüren, wie ihr Kehlkopf unter dem Druck seiner Finger nachgab, wie ihr warmes Blut über seine Hände lief. Doch er war an sie gebunden, so wie sie an ihn. Sie waren durch ein Band des Hasses aneinandergekettet, ohne Möglichkeit, sich zu befreien.
Aber Tracy ist schließlich doch geflüchtet , dachte er, in den Tod . Er vermisste sie, und er hasste sich selbst dafür. Sie war die einzige Frau, die ihn zurückgewiesen hatte. Jedenfalls bis heute. Als sein Blick zu Soraya zurückkehrte, spürte er ein Schaudern wie von einer bösen Vorahnung. Einen Moment lang sah sie für ihn aus wie der Tod. Dann kam er wieder zu sich und holte tief Luft.
Im Gegensatz zu Tracy hatte sie eine bronzefarbene Haut. Aber so wie Tracy
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