Das Bourne Duell
die Steinstufen hinauf und trat in die imposante Empfangshalle ein. Dieselbe Frau wie beim letzten Mal saß an dem hohen Schreibtisch in der Mitte, er ging zu ihr und fragte nach dem Leiter der PR-Abteilung.
»Wir haben keine PR-Abteilung«, antwortete sie mit nüchternem Gesichtsausdruck. »Was kann ich für Sie tun?«
»Dann möchte ich den Verantwortlichen für die Personaleinstellung sprechen«, sagte Willard.
Die Frau sah ihn zweifelnd an. »Wir stellen niemanden ein«, sagte sie schließlich.
»Trotzdem«, sagte Willard mit schmeichelnder Stimme und einem freundlichen Lächeln, »ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dem Verantwortlichen sagen würden, dass ich ihn – oder sie – gerne sprechen würde.«
»Dazu bräuchten Sie einen Lebenslauf.«
Willard zog ihn hervor.
Die Empfangsdame warf einen Blick darauf und lächelte. »Ihr Name?«, fragte sie.
»Frederick Willard.«
»Einen Moment, Mr. Willard.« Sie wählte eine interne Nummer und murmelte etwas in das Mikrofon ihres kabellosen Headsets. Dann blickte sie zu ihm auf. »Bitte, setzen Sie sich, Mr. Willard. Es kommt gleich jemand.«
Willard bedankte sich und ging zu der Bank, auf der er und Peter Marks auf Oliver Liss gewartet hatten. Die Empfangsdame wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, Anrufe
anzunehmen und weiterzuleiten. Willard wunderte sich ein wenig über das antiquierte System. Offenbar waren die Mitarbeiter des Monition-Klubs nicht direkt anwählbar.
Er fand diese Tatsache überaus interessant und begann die Frau eingehender zu studieren. Obwohl sie noch jung war und auf den ersten Blick wie eine ganz normale Empfangsdame aussah, hatte er immer mehr das Gefühl, dass sie in Wahrheit etwas ganz anderes war. Zum einen schien sie selbst zu entscheiden, ob jemand an ihr vorbeikam oder nicht. Zum anderen sah es so aus, als würde sie jeden Anruf genau prüfen, bevor sie ihn durchstellte.
Nach etwa einer halben Stunde erschien ein schlanker junger Mann aus einer Tür. Er trug einen grauen, konservativ geschnittenen Anzug. Seine Krawatte hatte in der Mitte etwas aufgestickt, was wie ein Goldbarren aussah. Er ging direkt zur Empfangsdame, beugte sich zu ihr und sprach so leise mit ihr, dass Willard es nicht einmal in der stillen Empfangshalle verstehen konnte.
Dann drehte er sich um und kam mit einem unverbindlichen Lächeln im Gesicht auf Willard zu.
»Mr. Willard, wenn Sie bitte mitkommen würden.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und ging. Willard folgte ihm durch die Halle. Als er am Tisch der Empfangsdame vorbeikam, sah er, dass sie ihn beobachtete.
Der junge Mann ging mit ihm durch die Tür und über einen gedämpft beleuchteten holzgetäfelten Korridor. Der Boden war mit einem Teppich ausgelegt, und an den Wänden hingen Bilder mit mittelalterlichen Jagdszenen. Die Türen auf beiden Seiten des Korridors
waren geschlossen, und Willard hörte keine Geräusche heraus. Entweder waren die Büros leer, was er bezweifelte, oder die Türen waren schalldicht – auch das ziemlich ungewöhnlich für einen Arbeitsplatz. Zumindest für einen, an dem keine Geheimdienstarbeit geleistet wurde.
Schließlich blieb der junge Mann vor einer Tür zur Linken stehen, klopfte einmal kurz und öffnete sie nach innen.
»Mr. Frederick Willard«, verkündete der junge Mann in seltsam förmlichem Ton, als er über die Schwelle trat.
Willard folgte ihm und sah, dass das kein Büro war, sondern eine Bibliothek, und noch dazu eine überraschend große. Die Bücherregale reichten an drei Wänden vom Fußboden bis zur Decke. Die vierte Wand wurde von einem riesigen Panoramafenster eingenommen, von dem man auf einen hübschen Innenhof hinausblickte, der wie ein Klostergarten gestaltet war. In der Mitte stand ein Brunnen im maurischen Stil, der aussah wie aus dem sechzehnten Jahrhundert.
Vor dem Fenster stand ein großer, blank polierter Hartholztisch wie aus dem Speisesaal eines Klosters. Sieben Holzstühle mit hoher Lehne standen in gleichmäßigen Abständen um den Tisch herum. Auf einem davon saß ein Mann mit dichtem silbergrauen Haar, das aus der breiten Stirn zurückgekämmt war, und einer honigfarbenen Haut. Vor ihm auf dem Tisch lag ein großformatiges dickes Buch, das er mit großer Aufmerksamkeit studierte. Schließlich blickte er auf, und Willard sah zwei durchdringende blaue Augen über einer markanten Habichtsnase auf sich gerichtet.
»Kommen Sie herein, Mr. Willard«, sagte der Mann
mit einem harten Lächeln. »Wir haben
Weitere Kostenlose Bücher