Das Bourne Duell
Sie schon erwartet.«
»Sie benutzen Vergnügungsboote – sehr teure Jachten«, erklärte Contreras.
»Um die Küste rauf und runter zu fahren«, sagte Soraya.
»Das ist der sicherste Weg, um ihre Waren aus Zentralmexiko herauf zu transportieren. Dort bekommen sie sie von den kolumbianischen Kartellen.«
Der Himmel über der Wüste war riesig und voller Sterne. Die schmale Mondsichel hing tief am Himmel und spendete zum Glück nur ganz wenig Licht. Contreras sah auf seine Uhr; wie es schien, hatte er die Zeiten der Grenzpatrouillen ganz genau im Kopf.
Sie hockten hinter ein paar Wüstensträuchern und einem riesigen Saguarokaktus. Wenn sie sprachen, dann nur im leisesten Flüsterton. Sie hielt sich an die Anweisungen des Polleros, sodass ihre Stimme nicht anders klang als das Wispern des trockenen Wüstenwindes.
»Der Mann, den Sie suchen, hat mit Drogen zu tun, jede Wette«, sagte Contreras. »Warum sonst sollte jemand heimlich nach Mexiko kommen?«
Es war kälter hier, als sie erwartet hatte, und sie zitterte ein wenig.
»Wenn ihn nicht jemand hier abgeholt hat, dann ist er bestimmt direkt nach Nogales gegangen, hat sich ein Auto gestohlen und ist damit an die Küste gefahren.«
Soraya wollte schon etwas antworten, doch er legte den Zeigefinger an die Lippen. Sie lauschte, und nach einigen Augenblicken hörte sie, wovor er sie gewarnt hatte: das leise Knirschen von Stiefelsohlen nicht weit
von ihnen entfernt. Als ein Scheinwerfer anging, zuckte Contreras nicht einmal, was bedeutete, dass er es erwartet hatte. Das Licht wurde in weitem Bogen geschwenkt, nicht in ihre Richtung, sondern nach vorne, wo die unsichtbare Grenze verlief. Sie hörte ein leises Brummen, das Licht ging aus, und die Schritte entfernten sich wieder.
Sie wollte sich schon bewegen, doch Contreras hielt sie am Arm zurück. In der Dunkelheit spürte sie seine eindringlichen Augen auf sich gerichtet. Sie hielt den Atem an. Im nächsten Augenblick ging das grelle Licht wieder an und schwenkte in weitem Bogen über die Wüste vor ihnen. Dann explodierten drei Schüsse in der Nacht, und Staub und Sand wurden hochgewirbelt, wo die Kugeln in die Erde einschlugen.
Sie hörte ein kurzes glucksendes Geräusch, vielleicht ein Lachen. Das Licht ging wieder aus. Dann war es still ringsum, bis auf das einsame Säuseln des Windes.
Jetzt gehen wir , formte Contreras lautlos mit den Lippen.
Sie nickte und folgte ihm mit verkrampften Beinen, als sie den Schutz der Sträucher verließen und über das flache Land eilten, um von den Vereinigten Staaten nach Mexiko zu gelangen. Da war absolut nichts, was ihnen angezeigt hätte, dass sie die Grenze zwischen den beiden Ländern überschritten hatten.
In der Ferne hörte Soraya das Heulen eines Kojoten, doch sie hätte nicht sagen können, von welcher Seite der Grenze es kam. Sie erschrak, als ein Eselhase vor ihnen aufsprang und weglief. Sie spürte ihr Herz rasen und ein seltsames Singen in den Ohren, so als würde ihr Blut zu schnell durch die Adern strömen.
Contreras führte sie in gleichmäßigem Tempo weiter, ohne anzuhalten, offenbar ohne jeden Zweifel, ob die Richtung stimmte. Er wusste anscheinend genau, was er tat, und sie verließ sich auf seine Erfahrung. Es war ein merkwürdiges und leicht beunruhigendes Gefühl, und sie musste an Amun in Kairo denken, an ihre Zeit in der ägyptischen Wüste. War das wirklich erst wenige Wochen her? Es schien so viel Zeit vergangen zu sein, seit sie bei ihm war, und die Nachrichten, die sie austauschten, wurden immer seltener und immer kürzer.
Es waren nun keine Sterne mehr am Himmel zu sehen, die Nacht war so dunkel wie der Meeresgrund, und man konnte sich gar nicht vorstellen, dass schon in wenigen Stunden die Sonne am fernen östlichen Himmel aufgehen würde. Sie hörte einen jähen Donnerschlag, aber wie aus weiter Ferne, am Himmel über einem anderen Land.
Sie marschierten lange dahin, durch eine flache monotone Landschaft, in der es kaum Leben zu geben schien. Schließlich sah Soraya Lichter schimmern, und wenig später führte Contreras sie nach Nogales im mexikanischen Bundesstaat Sonora.
»Weiter gehe ich nicht«, sagte der Pollero. Er blickte nicht zu den Lichtern hinüber, sondern in die Dunkelheit am östlichen Rand der Stadt.
Soraya gab ihm den Rest der vereinbarten Summe, und er steckte das Geld ein, ohne nachzuzählen.
»Im Ochoa haben sie saubere Zimmer, und dort stellen sie auch keine Fragen.« Dann spuckte er lässig zwischen
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