Das Bourne Imperium
Kind. Und das Pornomagazin gehört einfach mit zu dem Erkennungszeichen. Pandas und Bilder von nackten Frauen passen normalerweise nicht zusammen.«
»Im Gegenteil, Sigmund Freud wäre da ganz anderer Ansicht.«
»Ein Punkt für die Klapsmühle. Tun Sie einfach, was ich sage.«
»Was Sie sagen? Was ich der Frau sagen soll, haben Sie mir bis jetzt noch nicht gesagt.«
»Wie wär’s mit ›Nett, Sie kennen zu lernen‹ oder ›Wie geht’s dem Kleinen?‹ Ganz egal. Geben Sie ihr den Panda und kommen Sie dann so schnell wie möglich wieder hierher zur Rolltreppe. Aber laufen Sie auf keinen Fall.«
Sie hatten inzwischen den Bahnsteig erreicht, und Conklin tippte Panov am Ellbogen an und dirigierte den Arzt nach rechts. »Sie machen das schon richtig, Chef. Tun Sie einfach, was ich gesagt habe. Es wird schon alles klappen.«
»Das lässt sich von dem Platz aus, auf dem ich gewöhnlich sitze, leichter sagen.«
Panov ging ans Ende des Bahnsteigs, während der Zug aus Lo Wu in die Station brauste. Er stand bei der letzten Säule und hielt den schwarz-weißen Panda unter den Arm geklemmt, während die Passagiere zu Hunderten aus den geöffneten Türen des Zuges strömten. Das Magazin schlug er auf und starrte hinein. Als es dann geschah, war er perplex.
»Sie müssen Harold sein!«, rief eine laute Falsettstimme, und eine große Person mit auffälligem Make-up unter einem weichen, breitkrempigen Hut, die einen grauen Faltenrock trug, schlug ihm auf die Schulter. »Sie würde ich doch überall erkennen, Liebster!«
»Nett, dass Sie da sind. Wie geht’s dem Kleinen?« Morris brachte kaum ein Wort heraus.
»Wie geht’s Alex ?«, erwiderte die Stimme leise, jetzt plötzlich in einem männlichen Bass. »Ich stehe in seiner Schuld und pflege meine Schulden zu bezahlen. Verrückt! Hat er denn noch alle Tassen im Schrank?«
»Ich weiß nicht, ob das überhaupt einer von euch hat«, sagte der verblüffte Psychiater.
»Schnell«, sagte die fremde Gestalt. »Die kommen näher. Geben Sie mir den Panda, und wenn ich zu laufen anfange,
dann tauchen Sie in der Menge unter und verschwinden hier! Geben Sie ihn mir!«
Panov tat wie ihm geheißen und beobachtete, dass einige Männer sich jetzt ihren Weg durch die Menge bahnten und auf sie zukamen. Plötzlich rannte der dick geschminkte Mann in Frauenkleidern hinter die Säule und kam auf der anderen Seite wieder hervor. Er schlüpfte aus den hochhackigen Schuhen, umkreiste die Säule erneut und rannte dann wie ein Footballspieler mitten in die Menge am Zug hinein, vorbei an einem Chinesen, der ihn zu packen versuchte, unter dem Arm eines anderen durch und vorbei an verblüfften Gesichtern. Hinter ihm nahmen ein paar Männer die Verfolgung auf, was ihnen allerdings von den ungehaltenen Passagieren nicht leicht gemacht wurde, die ihre Koffer und Taschen dazu benutzten, ihnen den Weg zu versperren. Irgendwie geriet in dem Durcheinander der Panda in die Hände einer großen Weißen, die einen auseinander gefalteten Fahrplan in der Hand hielt. Zwei gut gekleidete Chinesen packten die Frau; sie stieß einen Schrei aus; die zwei sahen sie an, riefen einander etwas zu und rannten weiter.
Morris Panov tat wieder, was man ihm aufgetragen hatte: Er mischte sich rasch unter die aussteigenden Passagiere auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnsteigs und ging mit schnellen Schritten an Gleis 5 entlang zu der Rolltreppe, wo sich eine Schlange gebildet hatte. Eine Schlange war da, aber kein Alex Conklin! Bemüht, nicht in Panik zu geraten, verlangsamte Mo seine Schritte, ging aber weiter, sich immer wieder umsehend und die Menschenmenge absuchend.
Was war passiert? Wo war der CIA-Mann?
»Mo!«
Panov fuhr nach links herum, der kurze Ruf war für ihn gleichzeitig Erleichterung und Warnung gewesen. Conklin hatte sich halb hinter eine Säule gestellt, die zehn Meter hinter der Rolltreppe stand. Seine schnellen Gesten signalisierten, dass er bleiben musste, wo er war, und dass Mo vorsichtig und langsam zu ihm kommen solle. Panov bemühte
sich, wie jemand zu wirken, der nicht gern Schlange stand, der lieber wartete, bis sich die Menge aufgelöst hatte, ehe er die Rolltreppe betrat. Er wünschte sich jetzt, er wäre Raucher oder hätte wenigstens das Pornomagazin nicht auf die Gleise geworfen; dann hätte er jetzt etwas zu tun gehabt. So verschränkte er eben die Hände hinter dem Rücken und schlenderte über den leeren Teil des Bahnsteigs, wobei er sich zweimal umsah und die Schlange
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