Das Bourne Imperium
betrachtete. Jetzt erreichte er die Säule, glitt hinter sie und stöhnte erschreckt auf.
Zu Conklins Füßen lag ein mit einem Regenmantel bekleideter Mann in mittleren Jahren, dem Conklin den Klumpfuß auf den Rücken gesetzt hatte. »Sie sollen Matthew Richards kennen lernen, Doktor. Matt ist ein alter Asienhase – damals in Saigon sind wir einander das erste Mal begegnet. Da war er natürlich jünger und schneller. Aber das waren wir ja wohl alle einmal.«
»Um Gottes willen, Alex, lassen Sie mich aufstehen!«, bettelte Richards und schüttelte den Kopf, so gut er das in seiner augenblicklichen Lage konnte. »Mein Schädel tut höllisch weh! Womit haben Sie mich niedergeschlagen, mit einer Brechstange ?«
»Nein, Matt. Mit dem Schuh, der zu meinem kaputten Fuß gehört. Schwer, was? Und das mit dem Aufstehenlassen – Sie wissen ganz genau, dass ich das nicht kann, solange Sie meine Fragen nicht beantworten.«
»Herrgott, ich habe sie doch beantwortet! Ich bin doch bloß ein kleiner Beamter und nicht der Chef. Irgendwer von der Regierung wollte, dass Sie überwacht werden. Und dann kam noch eine Anweisung vom Außenministerium, die ich aber nicht gesehen habe!«
»Ich hab Ihnen doch gesagt, dass es mir schwer fällt, das zu glauben. Sie sind hier doch bloß eine kleine Einheit; jeder sieht alles. Seien Sie vernünftig, Matt, wir kennen uns lange genug. Wie lautete die Anweisung vom Außenministerium?«
»Das weiß ich nicht. Die Anweisung war nur für den Chef.«
Conklin blickte Panov an. »Die älteste Ausrede, die es gibt. Das machen wir immer so, wenn es Ärger mit anderen Regierungsstellen gibt. ›Was weiß ich denn schon? Fragen Sie den Chef.‹ Auf die Weise haben wir immer eine reine Weste, weil keiner sich mit einem Chef anlegen will. Sehen Sie, die Chefs haben einen direkten Draht nach Langley, und je nachdem, was für ein Knilch gerade im Oval Office sitzt, hat Langley einen direkten Draht ins Weiße Haus. Alles sehr politisch, kann ich Ihnen sagen, und nichts mit Geheimdienst oder so.«
»Hoch interessant«, sagte Panov und starrte den am Boden liegenden Mann an und wusste nicht, was er noch sagen sollte. Er war nur dankbar dafür, dass der Bahnsteig jetzt praktisch leer war und die Säule im Schatten lag.
»Keine Ausrede!«, schrie Richards und mühte sich ab, sich unter Conklins schwerem Stiefel hervorzuwinden. »Jesus! Ich sage Ihnen die Wahrheit! Im nächsten Februar gehe ich in Pension! Warum sollte ich mir den Ärger mit Ihnen oder sonst jemandem im Hauptquartier einhandeln wollen?«
»O Matt, armer Matt, Sie waren nie der Beste oder der Schlaueste. Sie haben sich gerade die eigene Frage beantwortet. Sie freuen sich genau wie ich auf Ihre Pension und wollen keine Wellen mehr machen. Ich stehe auf der Überwachungsliste, und Sie wollen Ihren Auftrag nicht versauen. Okay, Kumpel, ich werde denen telegrafieren, dass man Sie nach Mittelamerika versetzt, bis Ihre Zeit um ist – wenn Sie so lange durchhalten.«
»Hören Sie doch auf!«
»Man muss sich das einmal vorstellen, von einem Krüppel auf einem überfüllten Bahnsteig überwältigt zu werden. Wahrscheinlich lassen die Sie danach ganz alleine ein paar Häfen verminen.«
»Ich weiß überhaupt nichts!«
»Wer sind die Chinesen?«
»Ich sage Ihnen …«
»Polizei ist das nicht, wer dann?«
»Regierung …«
»Welche Abteilung? Das mussten die Ihnen sagen – das
musste Ihnen der Chef sagen. Er konnte ja schließlich nicht erwarten, dass Sie blindlings arbeiten.«
»Das ist es ja gerade, wir arbeiten blindlings ! Das Einzige, was er uns gesagt hat, ist, dass Washington sie ganz oben freigegeben hat. Er hat geschworen, das sei alles, was er selbst wisse! Was, zum Teufel, sollen wir denn machen?«
»Also ist keiner verantwortlich, weil keiner etwas weiß. Wäre ja reizend, wenn es Rotchinesen wären, die einen Überläufer aufgabeln wollen, nicht wahr?«
»Der Chef ist verantwortlich. Da müsste er dann den Kopf hinhalten.«
»Oh, jetzt kommt die allerhöchste Moral. ›Wir befolgen nur Befehle, Herr General‹ und ›Herr General weiß natürlich auch nicht mehr, weil er seinerseits Befehle befolgt.‹« Alex machte eine Pause und kniff die Augen zusammen. »Da war ein Mann, ein großer Bursche, der wie ein chinesischer Supermann aussieht.« Conklin hielt inne. Richards Kopf zuckte plötzlich, ebenso wie sein Körper. »Wer ist das, Matt?«
»Das weiß ich nicht … genau.«
»Wer?«
»Ich hab ihn gesehen, das
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