Das Bourne Imperium
Wahl.«
»Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Wie lange liegt sein letzter Anruf zurück?«
Der Botschafter sah auf die Uhr. »Zwölf Minuten.«
»Und der erste?«
»Etwa eine halbe Stunde.«
»Und Sie erfahren es jedes Mal, wenn er anruft?«
»Ja. Die Information wird an McAllister weitergeleitet.«
»Stellen Sie fest, ob Bourne es wieder versucht hat.«
»Warum?«
»Weil er, wie Sie das ausgedrückt haben, außer sich vor Sorge ist und weiterhin anrufen wird. Er kann nicht anders.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dass Sie möglicherweise einen Fehler gemacht haben.«
»Wo? Wie?«
»Das weiß ich nicht, aber eines weiß ich: Ich kenne Delta.«
»Was könnte er tun, ohne uns zu erreichen?«
»Töten«, sagte Alex leise.
Havilland drehte sich um, blickte den überfüllten Korridor hinunter und ging auf den Empfangstisch der Etage zu. Er sprach kurz mit einer Schwester; die nickte und griff nach einem Telefonhörer. Er sprach nicht lange und legte dann auf. Als er zu Conklin zurückkehrte, war seine Stirn gefurcht. »Seltsam«, meinte er. »McAllister hat dasselbe Gefühl wie Sie. Edward hat erwartet, dass Bourne alle fünf Minuten anrufen würde, mindestens alle fünf Minuten.«
»Oh?«
»Er muss davon ausgehen, dass die Leitung jeden Augenblick wieder funktionieren könnte.« Der Botschafter schüttelte den Kopf, als könne er damit abtun, was ihm unwahrscheinlich erschien. »Wir sind alle viel zu angespannt. Es könnte eine ganze Anzahl von Erklärungen geben, angefangen damit, dass er kein Kleingeld hat, bis zu Verdauungsstörungen.«
Die Tür zur Intensivstation ging auf, und der britische Arzt sah heraus. »Herr Botschafter?«
»Lin?«
»Ein ungewöhnlicher Mann. Was er mitgemacht hat, würde ein Pferd umbringen. Aber andererseits haben beide etwa die gleiche Größe, und ein Pferd hat keinen Überlebenswillen.«
»Dürfen wir zu ihm?«
»Das hätte keinen Sinn, er ist noch bewusstlos – manchmal bewegt er sich, aber er kann nicht zusammenhängend reden. Jede Minute Ruhe, ohne dass er einen Rückfall bekommt, ist ein Fortschritt.«
»Es ist Ihnen klar, wie dringend wir ihn sprechen müssen, ja?«
»Ja, Mr. Havilland, das ist mir klar. Vielleicht klarer, als
Sie denken. Sie wissen, dass ich für das Entkommen der Frau verantwortlich war …«
»Ja, das weiß ich«, sagte der Diplomat. »Man hat mir aber auch gesagt, dass sie, wenn sie Sie täuschen konnte, wahrscheinlich auch den besten Internisten in der Mayo-Klinik getäuscht hätte.«
»Das kann ich nicht beurteilen, aber ich halte mich eigentlich schon für kompetent. Aber in dem Fall komme ich mir wie ein Idiot vor. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Ihnen und meinem guten Freund Major Lin zu helfen. Wenn er die nächste Stunde überlebt, glaube ich, dass er eine Chance hat. Und wenn es dazu kommt, werde ich dafür sorgen, dass Sie mit ihm reden können, solange Sie sich auf knappe und einfache Fragen beschränken. Wenn ich glaube, dass er einen schweren Rückfall hat und nicht mehr zu retten ist, werde ich Sie ebenfalls rufen.«
»Ein fairer Vorschlag, Herr Doktor. Vielen Dank.«
»Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Wenzu würde es genauso wollen. Ich gehe jetzt wieder zu ihm.«
Das Warten begann. Havilland und Alex Conklin kamen ebenfalls zu einer bilateralen Übereinkunft. Wenn Bourne das nächste Mal versuchte, Schlangenweib zu erreichen, sollte ihm gesagt werden, dass die Leitung in zwanzig Minuten wieder funktionieren würde. In der Zeit würde Conklin in das Haus am Victoria Peak gebracht werden und sich darauf vorbereiten, das Gespräch zu führen. Er würde den Austausch einleiten und David sagen, dass Marie in Sicherheit sei und sich bei Morris Panov befinde. Die beiden Männer kehrten in den Vorraum der Intensivstation zurück und setzten sich einander gegenüber, und mit jeder lautlos verstreichenden Minute wuchs die Belastung.
Doch die Minuten dehnten sich zu Viertelstunden und die in eine ganze Stunde. Dreimal rief der Botschafter McAllister an, um nachzufragen, ob man etwas von Jason Bourne gehört habe. Nichts. Zweimal kam der englische Arzt heraus, um über Lins Zustand zu berichten. Der war unverändert, eine Tatsache, aus der sie Hoffnung schöpften. Einmal klingelte das Telefon, und die Köpfe von Havilland
und Conklin fuhren zu der Schwester herum, die sich ganz ruhig meldete. Der Anruf war nicht für den Botschafter. Die Spannung nahm zu, und jedes Mal, wenn sich die beiden
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