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Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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umwölkte Okular eines Mikroskops späht und etwas zu erkennen versucht, was sein Auge und sein Geist verstehen können. Das Vertraute und das Fremdartige mischten sich, und das Ergebnis war Verwirrung und Furcht. In den Sitzungen mit Panov in Virginia hatte David hunderte von Reiseprospekten und illustrierten Broschüren gelesen, in denen all die Orte beschrieben waren, die der legendäre Jason Bourne je besucht hatte; das Ganze war eine andauernde, häufig schmerzhafte Übung in Selbsterkenntnis, oder besser ein Herumtasten in der eigenen Vergangenheit.
Immer wieder tauchten dann Fragmente wie Blitze auf, wobei die plötzlichen Erinnerungen erstaunlich genau waren und er eigene Beschreibungen liefern konnte, die nicht aus den Reiseprospekten stammten. Als er jetzt in die Tiefe blickte, sah er vieles, von dem er wusste, dass er es kannte, und an das er sich doch nicht eindeutig erinnern konnte. So wandte er den Blick ab und konzentrierte sich auf den Tag, der vor ihm lag.
    Er hatte dem Regent-Hotel in Kowloon vom Dulles Airport aus ein Telegramm geschickt und auf den Namen Howard Cruett ein Zimmer bestellt, auf den Namen des blauäugigen Inhabers des von Cactus gefälschten Reisepasses. Er hatte hinzugefügt: »Ich glaube, für unsere Firma ist ein Arrangement für Suite sechs-neun-null getroffen worden, falls die zur Verfügung steht. Der Ankunftstag ist fest, der Flug noch nicht.«
    Die Suite würde zur Verfügung stehen. Er musste herausfinden, wer dafür gesorgt hatte, dass sie zur Verfügung stand. Das war der erste Schritt auf Marie zu. Und davor oder danach oder währenddessen musste er einkaufen – etliches würde leicht zu haben sein, anderes nicht, aber herankommen würde er an alles, was er brauchte. Dies war Hongkong, die Kronkolonie des Überlebens, ausgestattet mit den Werkzeugen für das Überleben. Und dies war auch der einzige zivilisierte Ort auf der Erde, wo zwar eine Vielfalt von Religionen gedieh, aber der einzige Gott, den alle anerkannten, Gläubige ebenso wie Ungläubige, war das Geld. Marie hatte gesagt: ›Das ist die einzige Existenzberechtigung, die es hat.‹
    Die Morgenluft stank nach einer dicht zusammengedrängten, gehetzten Menschheit, und doch war der Gestank seltsamerweise nicht ganz und gar unangenehm. Die Bürgersteige wurden heftig mit Schläuchen abgespritzt, und Dampf stieg von dem in der Sonne trocknenden Pflaster auf, und durch die schmalen Gassen zog der würzige Duft von in Öl siedenden Kräutern, von Imbisswagen und Kiosken, die nach Kundschaft schrien. Die Geräusche verschmolzen ineinander und wurden zu einer Folge dauernder
Crescendos, verlangten, dass man sie aufnahm, etwas kaufte oder wenigstens darüber verhandelte. Hongkong war die Essenz des Überlebens; man arbeitete entweder wie wild oder man überlebte nicht. Adam Smith war hier übertroffen, war altmodisch; eine solche Welt hätte er sich nie vorstellen können. Sie sprach den Regeln Hohn, die er für eine freie Wirtschaft aufgestellt hatte; sie war Wahnsinn. Sie war Hongkong.
    David hob die Hand, um ein Taxi herbeizuwinken, und wusste, dass er dies nicht das erste Mal tat, kannte die Ausgangstür, auf die er nach der langen Zollprozedur zugestrebt war, wusste, dass er die Straßen kannte, durch die der Fahrer ihn fuhr – nicht dass er sich an sie erinnerte, aber irgendwie wusste er es doch. Das bereitete ihm gleichzeitig Behagen und erschreckte ihn zutiefst. Er wusste und wusste doch nicht. Er war eine Marionette, die manipuliert wurde, und er wusste trotzdem nicht, ob er die Puppe oder der Puppenspieler war.
     
    »Das war ein Irrtum«, sagte David zu dem Angestellten hinter dem ovalen Marmortresen mitten in der Halle des Regent. »Ich will keine Suite. Ich hätte lieber etwas Kleineres, ein Einzelzimmer oder ein Doppelzimmer reichen mir.«
    »Aber es ist doch so vorbestellt worden, Mr. Cruett«, erwiderte der verwirrte Angestellte und benutzte den Namen, den er in Webbs falschem Pass gelesen hatte.
    »Wer hat die Suite bestellt?«
    Der junge Asiate sah auf eine Unterschrift auf der Reservierung, die der Computer ausgedruckt hatte. »Der stellvertretende Manager, Mr. Liang, hat gegengezeichnet.«
    »Dann verlangt es wohl die Höflichkeit, dass ich mit Mr. Liang spreche, nicht wahr?«
    »Ich fürchte, das wird nicht notwendig sein. Ich bin nicht sicher, ob etwas anderes frei ist.«
    »Ich verstehe. Ich werde mir ein anderes Hotel suchen.«
    »Man betrachtet Sie als äußerst wichtigen Gast, Sir. Ich gehe

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