Das Bourne Ultimatum
und vierzehn Minuten, und die voraussichtliche Landezeit wird sechs Uhr früh sein, Pariser Zeit. Angenehmen Flug.«
Als Marie St. Jacques zum Fenster hinausschaute, war der Ozean in Mondlicht getaucht. Sie war nach San Juan in Puerto Rico geflogen, um dort den Nachtflug nach Marseilles zu nehmen, wo die Kontrollformalitäten ein heilloses Durcheinander oder absichtlich lax waren. So war es zumindest vor dreizehn Jahren gewesen - eine Zeit, in die sie nun zurückkehrte. Dann wollte sie nach Paris fliegen, und sie würde ihn finden. Wie schon vor dreizehn Jahren, so würde sie ihn auch jetzt wieder finden. Sie musste es ganz einfach! Sonst würde der Mann, den sie liebte, ein toter Mann sein.
21.
Morris Panov saß teilnahmslos in einem Stuhl an einem Fenster, das auf die Weide einer Farm hinausging, die, wie er annahm, in Maryland lag. Er befand sich in einem kleinen Schlafzimmer im zweiten Stock, in ein Krankenhausnachthemd gekleidet, und sein nackter rechter Arm bestätigte die Story, die er nur zu gut kannte. Er war wiederholt unter Drogen gesetzt worden, hatte unkontrolliert in einer Sprache gesprochen, wie sie normalerweise von denen benutzt wird, die solche Narkotika verabreichen. Er war geistig vergewaltigt worden, man war in sein Hirn eingedrungen, seine Innersten Gedanken und Geheimnisse waren chemisch an die Oberfläche geholt und entwickelt worden.
Der Schaden, den er angerichtet hatte, war nicht abzusehen, das begriff er. Was er aber nicht begriff, war, warum er noch lebte. Und was noch verwirrender war, warum er so rücksichtsvoll behandelt wurde. Warum war sein Wächter mit der schwarzen Gesichtsmaske so höflich, die Nahrung so ausreichend und anständig? Es war, als wollte man ihn wieder zu Kräften kommen lassen und es ihm unter den außerordentlich schwierigen Umständen so angenehm wie möglich machen. Warum? Die Tür ging auf, und sein maskierter Wächter kam herein, ein kleiner, untersetzter Mann mit einer rauen Stimme, die Panov irgendwo im Nordosten ansiedelte, möglicherweise Chicago. In einer anderen Situation wäre er komisch erschienen mit seinem großen Kopf, aber so, wie die Dinge standen, wirkte selbst seine Unterwürfigkeit schon bedrohlich. Über seinem linken Arm trug er die Kleider des Psychiaters.
»Okay, Doktor. Ziehen Sie sich an. Ich habe dafür gesorgt, dass alles gereinigt und gebügelt ist, sogar die Unterhosen.«
»Sie meinen, dass Sie hier eine eigene Wäscherei und Reinigung haben?«
»Quatsch, wir bringen sie rüber nach... O nein, so bekommen Sie mich nicht dran, Doktor!« Der Wächter grinste und bleckte dabei seine leicht gelben Zähne. »Ganz clever, wie? Sie denken, ich sage Ihnen, wo wir sind, wie?«
»Ich war nur neugierig.«
»Ja, klar. Wie mein Neffe, das Kind meiner Schwester, das immer neugierig ist und mir Fragen stellt, die ich nicht beantworten möchte. He, Onkel, wie hast du mich nur durch die Uni gebracht? Ja! Er ist ein Doktor wie Sie. Wie gefällt Ihnen das?«
»Ich würde sagen, der Bruder seiner Mutter ist eine sehr großzügige Person.«
»Ja, na ja, was soll man denn machen? Kommen Sie schon, ziehen Sie die Klamotten an, Doktor, wir machen eine kleine Reise.«
»Ich nehme an, es wäre dumm zu fragen, wohin«, sagte Panov. Er stand vom Stuhl auf, zog sein Krankenhausnachthemd aus und stieg in die Unterhose.
»Sehr dumm.«
»Ich denke aber, nicht so dumm wie Ihr Neffe, der Ihnen nichts über ein Symptom sagt, dass ich, wäre ich Sie, beunruhigend finden würde.« Mo zog lässig die Hosen hoch.
»Wovon reden Sie?«
»Vielleicht von nichts«, antwortete Panov, streifte sein Hemd über und setzte sich, um sich die Socken anzuziehen. »Wann haben Sie Ihren Neffen zuletzt gesehen?«
»Vor ein paar Wochen. Ich habe ihm ein bisschen Kohle gebracht, damit er seine Versicherung bezahlen kann. Mann, diese Mütter sind Blutegel...! Was meinen Sie damit, wann ich ihn gesehen habe?«
»Ich fragte mich nur, ob er Ihnen etwas gesagt hat.«
»Worüber?«
»Über Ihren Mund.« Mo schnürte seine Schuhe und schüttelte den Kopf. »Dort über der Kommode hängt ein Spiegel, sehen Sie mal rein.«
»Wieso?«
»Lächeln Sie.«
»Warum?«
»Lächeln Sie... Sehen Sie das Gelbe auf Ihren Zähnen, das blasse Rot Ihres Zahnfleisches und wie es immer höher dringt?«
»So? Das ist schon immer so...«
»Vielleicht ist es nichts, aber er hätte es sehen müssen.«
»Was sehen, um Himmels willen?«
»Orale Arneloblastomie. Wahrscheinlich.«
»Was ist
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