Das Bourne Ultimatum
sind auch alle still gewesen... Was wirst du jetzt tun?«
»Auf den Anruf von Kaktus warten und dann einen eigenen machen.«
»He?«
»Meine Frau.«
Marie saß auf dem Balkon ihrer Villa im Tranquility Inn und sah auf das vom Mond erhellte Meer hinaus. Sie versuchte, all ihre Kontrollinstinkte zu aktivieren, um nicht vor Angst verrückt zu werden. Seltsamerweise, und vielleicht war es sogar dumm oder gefährlich, war es keine Angst vor physischer Gewalt, die an ihr zehrte. Sie hatte in Europa wie auch im Fernen Osten mit der Killer-Maschine Jason Bourne gelebt. Sie wusste, wozu dieser Fremde fähig war und wie effektiv er war. Nein, es war nicht Bourne, es war David. Was machte Jason Bourne mit David Webb! Sie musste es beenden!... Sie konnten weggehen, weit weg, an einen fernen Zufluchtsort und ein neues Leben beginnen, unter neuem Namen; sie könnten sich ihre eigene Welt schaffen, fern von Carlos. Sie hatten so viel Geld, wie sie niemals brauchen würden, sie konnten es sich leisten! Es wurde doch dauernd gemacht - Hunderte, Tausende Männer, Frauen und Kinder, deren Leben bedroht war, wurden von ihren Regierungen beschützt, und wenn je eine Regierung Grund gehabt hatte, einen Mann zu schützen, dann diesen Mann, David Webb! Gedanken, die von der Angst kommen, von panischer Angst, dachte Marie, als sie von ihrem Stuhl aufstand und ans Geländer trat. Dieser Traum würde nie Wirklichkeit werden, weil David ihn nicht akzeptieren würde. Wo der Schakal im Spiel war, wurde David Webb zu Jason Bourne, und Bourne war fähig, Davids Körper zu zerstören. 0 du lieber Gott, was geschieht mit uns?
Das Telefon klingelte. Marie wurde steif, rannte dann ins Schlafzimmer und nahm den Hörer ab.
»Ja?«
»Hallo, Schwester, hier ist Johnny.«
»Ohh...«
»Was heißt, dass du noch nichts von David gehört hast.«
»Nein, und ich werde schon halb verrückt.«
»Er wird anrufen, wenn er kann, das weißt du.«
»Aber du rufst doch nicht an, um mir das zu sagen.«
»Nein. Ich wollte nur mal hören, wie’s dir geht. Ich stecke hier auf der großen Insel fest, und es sieht so aus, als ob es noch eine Weile dauern könnte. Ich bin mit Henry im Regierungsgebäude und warte auf den Gouverneur, der sich persönlich bedanken möchte, dass ich dem Außenministerium behilflich gewesen bin.«
»Ich verstehe überhaupt nicht, von was du redest...«
»Tut mir Leid. Henry Sykes, der Adjutant des Gouverneurs, hatte mich gebeten, mich um den alten französischen Kriegshelden zu kümmern... Und wenn der Gouverneur dir danken möchte, musst du warten, bis er dir gedankt hat. Du weißt ja, wenn das Telefon mal wieder nicht funktioniert, sind Cowboys wie ich auf das Wohlwollen der Regierung angewiesen.«
»Ich kapiere rein gar nichts, Johnny.«
»In wenigen Stunden wird ein Sturm von Basse-Terre aufziehen.«
»Von wem?«
»Egal. Ich werde vorher zurücksein. Lass das Mädchen die Couch für mich herrichten.«
»John, es ist nicht nötig, dass du hier schläfst. Gott sei Dank stehen draußen vor der Hecke und unten am Strand und was weiß ich, wo sonst noch, Männer mit Gewehren.«
»Da sollen sie auch stehen. Bis später. Gib den Kindern einen Kuss von mir.«
»Sie schlafen schon«, sagte Marie, als ihr jüngerer Bruder auflegte. Sie sah auf das Telefon, als sie den Hörer aus der Hand legte und sagte, unbewusst laut: »Wie wenig weiß ich über dich, kleiner Bruder... unseren Liebling, unseren unverbesserlichen Bruder. Und wie viel mehr weiß mein Mann über dich - ihr verdammten Kerle!«
Das Telefon klingelte schon wieder, was sie verblüffte.
»Hallo?«
»Ich bin’s.«
»Gott sei Dank!«
»Der ist grade nicht da, aber sonst ist alles in Ordnung. Mir geht’s gut, und wir machen Fortschritte.«
»Du musst das alles nicht machen! Wir müssen es nicht!«
»Doch, wir müssen«, sagte Jason Bourne - keine Spur von David. »Du sollst nur wissen, wie sehr ich dich liebe, er dich liebt...«
»Hör auf! Sonst passiert...«
»Tut mir Leid, entschuldige - vergib mir.«
»Du bist David!«
»Natürlich bin ich David. Ich hab nur einen Spaß...«
»Nein, hast du nicht!«
»Ich sprach gerade mit Alex, das ist alles. Wir haben gestritten, das ist alles!«
»Nein, das ist nicht alles! Ich möchte dich zurückhaben, ich möchte dich hier haben!«
»Dann kann ich nicht länger mit dir sprechen. Ich liebe dich.« Die Leitung war tot. Marie St. Jacques fiel aufs Bett. Verzweifelt über ihre Ohnmacht, weinte sie in die
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