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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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seine Bourne-Persönlichkeit empfand Webb zugleich Liebe und Hass für Conklin. Er war Vater, Beichtvater, Mitverschwörer und Ausbeuter. Alex Conklin verwahrte die Schlüssel zu Bournes Vergangenheit. Er musste jetzt unbedingt mit Conklin sprechen, denn Alex war der Einzige, der wissen würde, wie jemand, der Jason Bourne umlegen wollte, David Webb auf dem Campus der Georgetown University gefunden hatte.
    Er hatte die Großstadt hinter sich gelassen, und als er in Virginia übers Land fuhr, schlug das Wetter um.
    Dichte Wolkenbänke verdeckten die Sonne, und auffrischender Wind bewegte das Grün der Hügel Virginias.
    Er trat das Gaspedal weiter durch, und der große Wagen schoss mit aufbrummendem Motor vorwärts.
    Als er den überhöhten Kurven des Highways folgte, fiel ihm plötzlich ein, dass er Mo Panov seit über einem Monat nicht mehr gesehen hatte. Mo, ein ihm von Conklin empfohlener Psychologe der Agency, bemühte sich, Webbs Persönlichkeitsspaltung zu überwinden, die Bourne-Identität endgültig zu unterdrücken und Webb zu helfen, seine verlorenen Erinnerungen wiederzufinden. Dank Mos Techniken hatte Webb erlebt, wie Bruchstücke von verloren geglaubten Erinnerungen wieder in seinem Bewusstsein auftauchten. Aber diese Arbeit war mühsam und anstrengend, deshalb war es nicht ungewöhnlich für ihn, die Sitzungen jeweils zum Semesterende, wenn sein Leben unerträglich hektisch wurde, für einige Zeit zu unterbrechen.
    Er bog vom Highway ab und folgte einer kleineren
    Makadamstraße nach Nordwesten. Weshalb hatte er gerade jetzt an Panov denken müssen? Bourne hatte gelernt, auf seine Sinne und seine Intuition zu vertrauen.
    Dass Mo aus heiterem Himmel aufgetaucht war, war eine Art Signal. Welche Bedeutung hatte Panov im Augenblick für ihn? Er verkörperte Erinnerung, ja, aber was noch? Bourne dachte zurück. Bei ihrem letzten Treffen hatten Panov und er über Stille gesprochen. Mo hatte ihm erklärt, Stille sei ein nützliches Werkzeug für Erinnerungsarbeit. Der Verstand, der tätig bleiben wollte, verabscheute Stille. Konnte man im Bewusstsein eine ausreichend wirksame Stille herstellen, war es möglich, dass verloren geglaubte Erinnerungen auftauchten, um die Leere zu füllen. Okay , sagte Bourne sich, aber wieso denkst du gerade jetzt an Stille?
    Den Zusammenhang erkannte er erst, als er auf
    Conklins lange, elegant geschwungene Zufahrt abgebogen war. Der Attentäter hatte einen Schalldämpfer benützt, der vor allem verhindern sollte, dass der Schütze entdeckt wurde. Aber ein Schalldämpfer hatte auch Nachteile. Bei einer Waffe mit großer Reichweite, wie der Scharfschütze sie benützt hatte, verringerte er die Treffsicherheit erheblich. Er hätte auf Bournes Oberkörper zielen sollen – dort war die Trefferwahrscheinlichkeit wegen der Körpermasse größer –, aber stattdessen hatte er auf den Kopf gezielt. Das war unlogisch, wenn man voraussetzte, dass er Bourne hatte erschießen wollen.
    Hatte er jedoch nur versucht, ihn zu erschrecken, ihn zu warnen … dann war das etwas anderes. Der unbekannte Scharfschütze besaß also ein Ego, aber er war kein Angeber; er hatte keinen Beweis seiner Tüchtigkeit zurückgelassen. Und trotzdem hatte er einen bestimmten Zweck verfolgt – so viel war klar.
    Bourne fuhr an der hoch aufragenden missgestalteten Ruine der alten Scheune, den übrigen kleineren Nebengebäuden – Wirtschaftsgebäude, Lagerschuppen und dergleichen – vorbei. Dann kam das Herrenhaus in Sicht. Es stand zwischen hohen Tannen, Gruppen von Birken und Blauzedern: alte Bäume, die seit fast sechzig Jahren hier wuchsen und ein Jahrzehnt älter als das Steinhaus waren.
    Das Anwesen hatte einem inzwischen verstorbenen General der Army gehört, der tief in geheime und ziemlich unappetitliche Aktivitäten verwickelt gewesen war. Daher war das Herrenhaus – tatsächlich das ganze Grundstück –
    mit zahlreichen Geheimgängen samt ihren Ein- und Ausgängen untertunnelt. Bourne konnte sich vorstellen, dass es Conklin Spaß machte, in so einem Haus voller Geheimnisse zu leben.
    Als er dann vorfuhr, sah er, dass vor dem Haus neben Conklins 7er BMW auch Mo Panovs Jaguar parkte. Auf dem Weg über den bläulichen Sandsteinschotter fühlte er sein Herz plötzlich leichter werden. Seine beiden besten Freunde – beide auf ihre eigene Art die Hüter seiner Vergangenheit – waren hier. Gemeinsam würden sie dieses Geheimnis genauso lösen wie alle anderen zuvor. Er stieg die Stufen zur vorderen Veranda

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