Das Bourne-Vermächtnis
sobald Sie dazu in der Lage sind.«
»Selbstverständlich«, sagte der CIA-Direktor, während er sich hastig zurückzog. Als die schwere Tür des Lageraums hinter ihm ins Schloss fiel, fügte er trocken hinzu:
»Eure Hoheit.« Darüber musste der Agent, den sein Büro als Boten eingesetzt hatte, laut lachen.
Der Direktor brauchte keine Viertelstunde, um die CIA-Zentrale zu erreichen, in der die versammelten Hauptabteilungsleiter auf seine Ankunft warteten. Das Thema: der Doppelmord an Alexander Conklin und Dr.
Morris Panov. Der Hauptverdächtige: Jason Bourne.
Diese Herren waren blasse Männer, die tadellos geschnittene konservative Anzüge, Krawatten aus Seidenrips und blank geputzte feste Schuhe trugen. Für sie gab es keine gestreiften Hemden, farbig abgesetzte Kragen oder sonstige vergängliche Moden. Sie waren es gewöhnt, sich innerhalb des Beltways auf den Korridoren der Macht zu bewegen, und sie veränderten sich ebenso wenig wie ihre Kleidung. Sie waren konservative Denker, die von konservativen Colleges kamen; sie stammten aus den richtigen Familien und waren von ihren Vätern frühzeitig bei den richtigen Leuten eingeführt worden, deren Vertrauen sie gewonnen hatten – Führungskräfte mit Energie und Visionen, die wussten, wie man Dinge tatkräftig anpackte. Die Zentrale, in der sie jetzt saßen, war der Mittelpunkt einer eifersüchtig verteidigten geheimen Welt, deren Tentakel jedoch die Erde umspannten.
Sobald der Direktor den Raum betrat, wurde die Beleuchtung gedämpft. Auf der Projektionsfläche erschienen Polizeifotos der Mordopfer am Tatort.
»Um Himmels willen, weg damit!«, rief der Direktor.
»Das ist doch obszön. So dürfen wir uns diese Männer nicht ansehen!«
Martin Lindros, der stellvertretende CIA-Direktor, drückte auf einen Knopf und ließ die Bilder verschwinden. »Damit alle auf demselben Stand sind: Seit gestern Abend steht fest, dass der dritte Wagen vor Conklins Haus David Webb gehört.« Er machte eine Pause, als der Alte sich räusperte.
»Nennen wir das Kind doch beim rechten Namen.«
Der Direktor beugte sich nach vorn und stemmte beide Fäuste auf die polierte Tischplatte. »Die Welt im Allgemeinen mag diesen … diesen Mann als David Webb kennen, aber hier ist er als Jason Bourne bekannt. Deshalb werden wir nur diesen Namen benützen.«
»Ja, Sir«, sagte Lindros, der sich auf keinen Fall mit dem Direktor, der heute äußerst schlecht gelaunt war, anlegen wollte. Er brauchte kaum in seine Notizen zu sehen, so frisch und deutlich standen ihm die Ermittlungsergebnisse vor Augen. »W … Bourne ist zuletzt auf dem Campus der Georgetown University gesehen worden –
ungefähr eine Stunde vor dem Doppelmord. Ein Zeuge hat ihn zu seinem Auto hasten gesehen. Wir können annehmen, dass er direkt zu Alex Conklins Haus gefahren ist. Ungefähr zum Zeitpunkt der Tat war Bourne nachweisbar in dem Haus. Seine Fingerabdrücke sind an einem halb leeren Glas Scotch im Medienraum gefunden worden.«
»Was ist mit dem Revolver?«, fragte der Direktor. »Ist er die Tatwaffe?«
Lindros nickte. »Durch ballistische Untersuchungen eindeutig bestätigt.«
»Und er gehört Bourne, wissen Sie das bestimmt,
Martin?«
Lindros suchte eine Fotokopie heraus, ließ sie über den Tisch zu dem Direktor hinübersegeln. »Die Registrierung bestätigt, dass die Tatwaffe einem gewissen David Webb gehört. Unserem David Webb.«
»Verdammt!« Die Hände des Direktors zitterten. »Hat der Scheißkerl seine Fingerabdrücke drangelassen?«
»Die Waffe ist abgewischt worden«, sagte Lindros, in seinen Notizen blätternd. »Die Spurensicherer haben keinen einzigen Abdruck gefunden.«
»So arbeitet ein Profi.« Der CIA-Direktor wirkte
plötzlich müde. Es war nicht leicht, einen alten Freund zu verlieren.
»Ja, Sir. Absolut.«
»Und Bourne?«, knurrte der Direktor. Für ihn schien es schmerzlich zu sein, den Namen auch nur auszusprechen.
»In den frühen Morgenstunden haben wir einen Tipp bekommen. Bourne soll sich in einem Motel in Virginia in der Nähe einer der Straßensperren verkrochen haben«, sagte Lindros. »Das Gebiet wurde sofort abgesperrt, ein Einsatzteam zum Motel entsandt. Falls Bourne tatsächlich dort gewesen ist, war er bereits geflüchtet und irgendwie durch die Absperrung gelangt. Im Augenblick ist er spurlos verschwunden.«
»Verdammter Mist!« Der Direktor war rot angelaufen.
Lindros’ Assistent kam schweigend herein und legte ihm ein Blatt Papier hin. Er überflog es,
Weitere Kostenlose Bücher