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Das Bourne-Vermächtnis

Das Bourne-Vermächtnis

Titel: Das Bourne-Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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zurückbrachte, die sich ihm so hartnäckig entzog. Vor seinem inneren Auge erschien wieder der Blick auf die Champs-Elysées. Er hielt das geschliffene Kristallglas in der Hand, und während er einen weiteren Schluck Scotch trank, zwang er sich dazu, das Glas an die Lippen zu heben. Er hörte die kräftige, beinahe bühnenreife Stimme und zwang sich dazu, sich nach dem Pariser Büro umzudrehen, in dem er einst gestanden hatte.
    Jetzt konnte er zum erstenmal die luxuriöse Einrichtung des Raums sehen: das Gemälde von Raoul Dufy, ein elegantes Reiterporträt aus dem Bois de Boulogne, die leuchtend dunkelgrün gestrichenen Wände, die hohe, cremefarben abgesetzte Decke, deren Stuckverzierungen im klaren Pariser Licht deutlich hervortraten. Weiter , drängte er sich selbst. Weiter … Ein Orientteppich, zwei Polsterstühle mit hohen Rückenlehnen und ein schwerer Walnussschreibtisch im Louis-XIV.-Stil, hinter dem ein großer, gut aussehender Mann mit wissenden Augen, einer langen gallischen Nase und frühzeitig ergrautem Haar stand. Jacques Robbinet, der französische Kulturminister.
    Das war’s! Woher Bourne ihn kannte, weshalb sie
    Freunde und in gewissem Sinn Landsleute geworden waren, blieb noch rätselhaft, aber nun wusste er zumindest, dass er einen Verbündeten hatte, mit dem er Verbindung aufnehmen, auf den er zählen konnte. Freudig erregt stellte Bourne die Flasche Scotch als Geschenk für den ersten Stadtstreicher, der sie entdeckte, unter die Bank.
    Er sah sich unauffällig um. Der alte Mann war verschwunden – und mit ihm die meisten Tauben; nur noch einige Tauber, die aufgeplustert ihr Territorium verteidigten, stolzierten umher und pickten die letzten Brotkrumen auf. Auf einer der benachbarten Bänke küsste sich ein junges Paar; drei Jugendliche, die mit einem Ghettoblaster an ihnen vorbeikamen, machten anzügliche Bemerkungen über die beiden. Bourne hatte den Eindruck, seine Sinne seien übernatürlich geschärft. Irgendetwas war hier nicht in Ordnung, passte nicht hierher, aber er konnte nicht herausfinden, was es war.
    Ihm war durchaus bewusst, dass der Zeitpunkt für sein Treffen mit Deron rasch näher rückte, aber ein Instinkt warnte ihn davor, sich zu bewegen, bevor er die Anomalie identifiziert hatte. Er betrachtete nochmals die Menschen in seiner Umgebung. Kein bärtiger Mann, jedenfalls keiner, der leicht hinkte. Und trotzdem … Ihm schräg gegenüber saß ein Mann mit aufgestützten Ellbogen und gefalteten Händen nach vorn gebeugt. Er beobachtete einen kleinen Jungen, dem sein Vater gerade eine Eiswaffel gegeben hatte. Was Bourne an ihm interessierte, war die Tatsache, dass er eine Bomberjacke aus dunklem Wildleder und dazu eine schwarze Hose trug.
    Sein Haar war schwarz, nicht grau; er hatte keinen Bart, und seine Beine sahen so normal aus, dass Bourne ihm keinen hinkenden Gang zutraute.
    Bourne, selbst ein Chamäleon und ein wahrer Verwandlungskünstler, wusste recht gut, dass ein veränderter Gang zu den besten Tarnmethoden zählte – vor allem wenn man einen Profi täuschen wollte. Ein Amateur achtete vielleicht eher auf Äußerlichkeiten wie Haarfarbe und Kleidung, aber für einen ausgebildeten Agenten war die Art und Weise, wie jemand sich bewegte, so charakteristisch wie ein Fingerabdruck. Er versuchte, sich den Mann in der Toilette des Restaurants ins Gedächtnis zurückzurufen. Hatte er eine Perücke und einen falschen Bart getragen? Das wusste er nicht sicher. Beschwören hätte er jedoch können, dass der Mann eine Bomberjacke aus dunklem Wildleder und eine schwarze Hose getragen hatte.
    Aus diesem Blickwinkel konnte Bourne das Gesicht des anderen nicht sehen, aber er war jedenfalls weit jünger, als der Mann auf der Toilette des Restaurants gewirkt hatte.
    Er hatte zusätzlich noch etwas an sich, aber was? Bourne studierte das Gesicht des Mannes sekundenlang von der Seite aus, dann wusste er’s plötzlich. In seiner Erinnerung blitzte ein Bild des Mannes auf, der ihn auf Conklins Anwesen im Wald überfallen hatte. Die Form dieses Ohrs, die tiefbraune Farbe, die Drehung der Ohrmuschel … das alles war unverkennbar.
    Großer Gott, sagte er sich plötzlich desorientiert, das ist der Mann, der auf dich geschossen, der’s fast geschafft hat, dich in der Höhle in Manassas umzulegen! Wie hatte der andere ihm bis hierher folgen können, obwohl er’s geschafft hatte, alle Leute abzuschütteln, die Agency und State Police gegen ihn aufgeboten hatten? Bourne erschauerte einen

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