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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ihr habt doch behauptet, es seien zwei unterschiedliche Stimmen gewesen, die mit Euch an der Klause gesprochen haben.«
    »Ja, die eine gehörte Almodis, die andere Ramon.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Er hatte die Stadt bereits verlassen, bevor Ihr Euch - mhm - zurückgezogen habt. Ich glaube, die andere Stimme gehörte Derich. Da die beiden Euch noch immer in der Klause wähnen, werden sie sich dort auch wieder einfinden.«
    »Das ist sehr klug gedacht, Herr Fredegar«, lobte Hardwin den Jungen. »Wir werden ihm dort auflauern und...«
    Der Knappe grinste plötzlich.
    »Pitter hat eine Schleuder.«
    Der Herr vom Spiegel stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Das, junger Mann, ist ein blendender Vorschlag. Such den Päckelchesträger und bring ihn her. Wir überlegen unterdessen, wie wir dann mit unserer Beute verfahren.«
    Sie berieten sich, bis die Glocken zur Vesper läuteten, und wägten die verschiedenen Möglichkeiten ab. Auch die, dass man Almodis auf diese Weise überwältigen könnte.
    Hardwin war jedoch der Einzige, der es wagte, dem Herrn vom Spiegel die sie alle bewegende Frage zu stellen:
    »Was wollt Ihr tun, wenn wir sie - wie auch immer - bezwungen haben, Herr?«
    Alle Blicke wandten sich ihm zu. Er stand hoch aufgerichtet mitten im Raum, aber seine Augen waren in die Ferne gerichtet. Sie hatte ihn verführt, gedemütigt, bestohlen, verraten und beinahe gebrochen. Sie hatte seinen Tod gewollt und Verderben über seine Freunde gebracht.
    Almut fühlte, wie sich ihr Herz zusammenzog. Wie groß mochte sein Hass auf sie sein? Wie groß sein Wunsch nach Rache? Sie hatte den Tod verdient, sie war eine giftige Schlange, die selbst keine Gnade kannte. Aber würde sie selbst damit leben können, wenn er sich die Hände mit ihrem Blut befleckte?
    »Ich habe genug Beweise, um sie als Zauberin anzuklagen, als Mörderin und Diebin. Sie hat mich der Inquisition überantwortet. Ich werde dasselbe für sie tun.«
    »Sie wird Wege finden zu entkommen.«
    »Nein.«
    Was immer er vorhatte, verschwieg er. Doch musste er sich seiner Beweise sehr sicher sein. Er schien fest davon überzeugt, dass es für sie kein Entrinnen mehr geben würde. Was auch immer geschehen sollte, es erleichterte Almut, dass er seinen Zorn im Zaum zu halten in der Lage war.
    Kurz darauf traf Fredegar mit Pitter ein, der sich mit großen Augen in dem prächtigen Raum umsah. Besonders das hohe Pfostenbett mit seinen Damastdraperien schien ihn zu faszinieren. Aber auch der von schimmernden Marmorsäulen umgebene Kamin, die leuchtenden Farben der Gobelins an den Wänden, das dunkle Holzmaßwerk, das den großen Schrank zierte, und die hohen silbernen Kerzenständer. Ungewohnt zurückhaltend hockte er sich auf den Rand eines mit dunkelrotem Leder gepolsterten Sessels und wartete darauf, angesprochen zu werden.
    Almut tat es, weil sie ahnte, dass der Gassenjunge sich erstmals in seinem Leben eingeschüchtert fühlen mochte.
    »Pitter, wir brauchen deine Hilfe. Fredegar hat dir berichtet, was wir herausgefunden haben?«
    »Ich soll den Derich schnappen.«
    »Schnappen werden die Männer ihn, aber du könntest ihnen mit einer gezielten Steinkugel die Arbeit erleichtern.«
    Endlich tauchte das übliche, spitzbübische Grinsen auf Pitters Gesicht wieder auf, und er bestätigte lapidar: »Klar!«
    »Sie kamen nach der Komplet, wenn die Dämmerung sich bereits gesenkt hatte«, fügte Ivo vom Spiegel hinzu.
    »Ich hab gute Augen, Pat... Herr.«
    »Ich weiß. Bring dich nicht in Gefahr, Junge. Diese beiden werden ganz in der Nähe sein«; er deutete auf Hardwin und Leon.
    »Wir unterhalten uns gleich noch über die Einzelheiten, Pitter«, schlug der Reitknecht vor. Der Päckelchesträger nickte und wollte sich erheben.
    »Warte einen Augenblick, Pitter«, hielt Almut ihn zurück, der der verschlüsselte Text wieder eingefallen war. »Wir haben die seltsamen Worte auf dem Pergament enträtselt, das du gefunden hast. Schau - was sagen sie dir?«
    Pitter wischte seine Hand am Kittel ab und nahm das Schreiben entgegen. Seine Lippen bewegten sich lautlos beim Lesen, dann schüttelte er ratlos den Kopf. Auch Hardwin, der ihm über die Schulter gesehen hatte, meinte: »Was soll das sein?«
    »Der Herr vom Spiegel wusste, dass es zu den Unterlagen gehört, die der Bruder, der das Bier braut, angefertigt hat. Thomas glaubte wohl, es sei das Rezept, das er damit erwischt hat. Aber viel weiter bringt uns das nicht.«
    »Doch, Herrin. Dann bringt es uns

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