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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sehr viel weiter.«
    »Was? Wie das?«
    Jetzt war es Hardwin, der grinste.
    »Der Graf Wilhelm von Berg, bei dem sich Ramon in Düsseldorf aufgehalten hat, ist ein großer Freund des kölschen Bieres. Für die Rezeptur hätte er sicher einiges gezahlt.«
    »Ei wei, so wird ein Schuh draus«, sagte Almut und musste leise lachen.
    »Dann hätt et ewwer jrad nochmals jot jejange«, feixte Pitter.
    »Tja, sieht aus, als ob die Düsseldorfer nun bei ihrem alten Bier bleiben müssten«, fügte der Herr vom Spiegel mit Genugtuung hinzu.

43. Kapitel
    Sie hatten an diesem Abend kein Glück. Niemand erschien an der Klause, und als die Nachtwächter ihre erste Runde beendet hatten, beschlossen Leon, Hardwin und Pitter, die Beobachtung aufzugeben. Der Päckelchesträger versprach, am kommenden Abend wieder bereit zu sein, und verschmolz mit den nächtlichen Schatten, der Pferdeknecht verabschiedete sich, um noch ein spätes Mahl bei Frau Nelda einzunehmen, und Leon machte sich auf den Weg zu seinem Quartier. Er wohnte, wenn er Köln besuchte, bei einem befreundeten Weinhändler in der Gereonsstraße, und einer Laune folgend wählte er den Weg dorthin an der Burgmauer entlang. Zweimal hatte er seit dem Morgen, an dem er mit Almut die zusammengeschlagene Aziza in ihrem Heim gefunden hatte, im Haus der schönen Maurin vorbeigeschaut, aber sie nur einmal angetroffen. Sie hatte sich sehr kühl verhalten, was er angesichts dessen, was ihr widerfahren war, verstand. Auch jetzt hatte er nicht die Absicht, sie zu so später Stunde aufzusuchen, aber die kleine Sehnsucht nach ihr wollte wenigstens durch den Anblick ihres Hauses befriedigt werden.
    Schon als er in die Burgstraße einbog, roch er den Holzrauch. Zunächst wunderte er sich darüber, denn die Nacht war warm, niemand brauchte mehr ein Kaminfeuer, um zu heizen, und für Handwerksarbeiten war es zu dunkel.
    Dann aber sah er den glutroten Schein und rannte los. In dem Augenblick rief auch eine andere Stimme, aufgeschreckt von Qualm und Ruß: »Feuer! Feuer!«
    Fensterläden sprangen auf, Türen öffneten sich, jemand brüllte nach Wasser.
    Es war der Giebel von Azizas Haus, aus dem einzelne Flammen schlugen. Das Fachwerkhaus war zwar mit Ziegeln gedeckt, unter diesen aber lag zum Schutz vor kalten Winden und Feuchtigkeit eine dicke Schicht trockener Strohbündel.
    Leon kämpfte sich den Weg durch die inzwischen zahlreich auf die Gasse strömenden Nachbarn frei. Feuer in den eng bebauten Vierteln konnte schnell genug auf eine ganze Häuserzeile übergreifen, und man versuchte zu retten, was zu retten war. Vom Brunnen her bildete sich eine Eimerkette, jemand lehnte eine Leiter an das Haus. Man reichte ihm die gefüllten Gefäße, damit er sie in das aufflackernde Feuer entleeren konnte. Dichter Dampf stieg auf, als Leon die Tür erreichte. Sie war verriegelt, und ein Stich von Panik durchfuhr ihn. Warum hatte Aziza noch nichts bemerkt? War sie noch im Haus?
    »Hat jemand eine Axt oder einen Hammer?«, fragte er den nächsten Mann, der eine Kanne Wasser herbeischleppte.
    »Ist die maurische Hure noch drin?«, fragte der entsetzt.
    »Scheint so. Der Riegel liegt vor.«
    Der Mann verschwand und kam gleich darauf mit einem schweren Hammer zurück. Ein kräftiger Schlag, und die Tür sprang auf.
    »Aziza!«, brüllte Leon in den dunklen Raum.
    »Aziza!« Er nahm die Stiege mit großen Sprüngen.
    »Aziza!« Er musste husten, als er in die raucherfüllte Kammer trat.
    Ein Balken krachte, und glühende Splitter fielen auf das Bett. Sie entzündeten das Kopfpolster. Auch die Decke brannte. Leon stürzte sich mit einem Keuchen auf die leblose Gestalt. Mit aller Kraft zerrte er die Frau aus dem Zimmer. Oben auf der Stiege riss er sich das Wams vom Leib und drückte es auf ihre brennenden Haare, um die Flammen zu ersticken. Dann warf er sich Aziza über die Schulter und taumelte hustend und mit tränenden Augen die Treppe hinunter.
    Zwei Frauen kreischten auf, als er auf die schlammige Gasse trat, die von dem verschütteten Wasser aufgeweicht war.
    »Hat sie’s erwischt?«
    »Weiß nicht. Wasser - einen Eimer für mich!« Jemand reichte ihm einen kleinen Zuber, und er goss das Wasser mit Schwung über die Maurin.
    Sie würgte und hustete, aber sie kam zu sich.
    »Geht weg hier, der First stürzt ein!«, warnte sie jemand, und wieder hob Leon seine Last auf. Ein Schuster wies ihn in sein Haus auf der anderen Straßenseite. Er taumelte unter Azizas Gewicht und brach vor der Tür in die Knie.

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