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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wortgewaltigeren. Noch nie einen, der weniger in die Bibel gehörte, denn keine Androhung göttlicher Strafen, keine Mahnung vor Sünde und Gottlosigkeit war darin zu finden, sondern er mutete fast wie ein Minnelied an. Claras Gatte musste ihr unsagbar zugeneigt gewesen sein, dass er diese Bibelstelle für sie übersetzt hatte.
    Sehr sorgsam rollte sie das Schriftstück wieder zusammen und hing ihren träumerischen Gedanken nach.
    Die jäh von Gepolter unterbrochen wurden.
    Keuchend stand Clara in der Tür.
    »Almut. Sie ist bei Krudener.«
    »Wer?«
    »Bilk. Er hofiert sie.«
    »Pest und schwarze Galle. Ich muss zu ihm.«
    »Du gehst nicht alleine. Ich komme mit.«
    Aziza wachte auf und hustete.
    »Schwester, wenn jemand nach mir fragt - ich bin bei Krudener. Almodis den Hals umdrehen.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, stürzte Almut zur Tür. Aziza griff nach der Marienfigur auf dem Tischchen neben sich.
    »Soll sie mitnehmen. Schutz!«
    Clara nickte und legte sie in den Korb mit Wollnocken an ihrem Arm. Dann hastete sie hinter Almut her.
     
    Die Begine hetzte mit weit ausholenden Schritten durch die Gassen. Clara hatte Mühe, neben ihr zu bleiben, und unter Schnaufen beantwortete sie die kurzen Fragen.
    »Trine war es. Ich versteh sie nicht so gut wie du. Wachstäfelchen. Hat Schlange mit zwei Zungen gemalt. Darum war ich gewarnt.«
    »Hat sie dich gesehen?«
    »Nein. Bin nicht ins Labor. Nur durch den Vorhang gespäht.«
    »Aber erkannt hast du sie?«
    »Die Stimme. Sie hat ein Prachtgewand getragen. Rot, mit Pelz und Perlen. Kostbare Haube. Ganz verändert.«
    »Krudener?«
    »Katzbuckelt vor ihr.«
    Almut erinnerte sich, dass der Apotheker einst mit großer Achtung und Wohlwollen von der Dame de Castra gesprochen hatte. Ihre Rolle in dem Verrat an Ivo vom Spiegel kannte er offensichtlich nicht. Es würde schwierig werden.
    Es wurde schwierig.
    Sie stürmte in die Apotheke, und diesmal kündigte Almut ihr Kommen nicht durch einen Ruf an, sondern schob sogleich den Vorhang zur Seite, der in die hinteren Räume führte.
    Die Überraschung hatte sie auf ihrer Seite. Krudener, dessen Haltung hingerissene Bewunderung ausdrückte, stand neben der am Tisch sitzenden Almodis, die eine Schriftrolle in den Händen hielt. Trine hatte ihren Platz am Kamin, wo sie in einem Kessel rührte.
    Alle drei sahen verblüfft auf.
    »Frau Almut, so stürmisch? Gibt es einen Notfall?«
    »Ja, Meister Krudener.« Sie machte einen Schritt auf den Tisch zu. »Almodis von Bilk.«
    »Aber, aber, Frau Almut. Ich habe Euch nicht gestattet, mich so vertraulich anzureden.«
    »Ihr habt mir nichts zu gestatten. Vielmehr werdet Ihr mir Rede und Antwort stehen!«
    »Georg, diese Frau ist toll. Sie ist eine Irrwitzige. Beschützt mich vor ihr.«
    Hilfesuchend klammerte Almodis sich an Krudeners weiten Ärmel.
    »Aber nein, meine Liebe. Frau Almut ist vielleicht manchmal ein wenig heftig in ihren Worten, aber eine kluge und besonnene Frau.«
    »Ungeheuer besonnen, und ich werde es auch bleiben, sofern Ihr mir den echten Dispens umgehend aushändigt, Almodis«, zischte Almut.
    Almodis lachte perlend auf. »Nein, nein, was trübt Euren Geist, Frau Almut? In der Tollkammer muss die Umnachtung über Euch gekommen sein. Ihr braucht doch keinen Dispens, um die Beginen zu verlassen.«
    »Ja, Frau Almut. Was unterstellt Ihr der edlen Dame?«
    »Ich unterstelle ihr und ihren Kumpanen den Mord am erzbischöflichen Kurier und die Fälschung des Dokuments, das Ivo vom Spiegels Lösung von den Gelübden betrifft.«
    »Ich habe Euch ja gesagt, Georg, sie ist dem Wahn anheimgefallen. Könnt Ihr Euch vorstellen, ich sei zu einer solch üblen Tat fähig? Ivo war mein Freund, ja mein Geliebter.«
    Der allererste Anflug eines Zweifels schwang in Krudeners Tonfall mit.
    »Es muss ein Missverständnis vorliegen, Frau Almut.«
    »Nein. Wir haben Beweise. Ihr und Euer Bruder seid Fälscher, Diebe, Mörder und Brandstifter.«
    »Was für eine unsinnige Unterstellung. Ach, ich ahne es - Euer Irrsinn rührt aus der Eifersucht.«
    Wieder folgte das perlende Lachen.
    »Eifersucht? Auf Euch?«
    Die von Verachtung triefende Stimme ließ das Lachen verebben. Almodis sprang auf, und in ihren Augen flackerte Wut.
    »Natürlich Eifersucht. Was habt Ihr denn schon zu bieten? Schwielige Hände, einen Verstand wie ein Maurerknecht und einen vertrockneten Leib, den Ihr mit schmutzigen Lumpen bedeckt.«
    Almut hörte Clara leise »Dispens« murmeln und besann sich gerade noch

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