Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
rechtzeitig, sonst hätte besagte schwielige Hand das spöttisch lächelnde Gesicht getroffen.
    »Was ich zu bieten habe, Almodis, ist weit mehr als Eure künstliche Schönheit. Denn wie der Weise schon sagt: ›Eine schöne Frau ohne Zucht ist wie eine Sau mit einem goldenen Ring durch die Nase.‹«
    »Bibelsprüche. Pah. Das wird dem Pater gefallen, glaubt Ihr? Ihr irrt, dummes Weib. Was er von einem Bettschätzchen verlangt, könnt Ihr ihm nicht bieten. Prüde Keuschheit und Zimperlichkeit hat er immer verlacht.«
    »Ich werde darüber nicht mit Euch streiten. Übergebt mir den Dispens, und ich will Eure Beleidigungen vergessen.«
    Diesmal war das Lachen schrill, und Krudener stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.
    »Dann holt ihn Euch doch!«, fauchte Almodis und zerrte das kostbare Pergament aus ihrer Gürteltasche. Sie wollte einen Satz zum Kamin machen, aber Almut trat ihr in den Weg.
    Almodis war flink, sie rammte ihr den Ellenbogen in den Magen, und die Begine knickte mit einem Stöhnen zusammen.
    »Nicht, Almodis. Nicht!«, krächzte Krudener.
    Die Edle von Bilk versuchte erneut, das Dokument in das Kaminfeuer zu werfen, aber diesmal stand ihr Trine im Weg. Bevor sie sie zur Seite stoßen konnte, hatte Almut sich wieder gefangen, und diesmal traf die schwielige Hand. Die kostbare Haube flog in die Flammen.
    »Verflucht sollt Ihr sein, nichtswürdige Hure. Höre mich Satanas, bei deiner Macht verfluche ich dieses Weib. Die Qualen der Hölle...«
    »Almodis, nein!«, bat Krudener und drückte sich an die Wand.
    Almut wurde laut, um die zeternde Frau zu übertönen.
    »Ruft Eure Dämonen, ruft Euren satanischen Herrn, er wird mir nichts anhaben!«
    »So, glaubt Ihr!«, kreischte Almodis, stieß mit einer Hand einen Mörser um und verstreute den Inhalt auf dem Tisch. Es ging ungeheuer schnell. Eine Kerzenflamme entzündete das Pulver und Stichflammen schossen empor. Mit hasserfüllter Stimme rief sie weitere Höllenbewohner herbei.
    »Maria, erbarme dich und schütze uns vor dem Unheil!«, rief Clara.
    »Fahr hin zur Hel, von Hunden zerfleischt«, krähte der Papagei.
    Almut fegte das Zauberfeuer mit einem Pergament vom Tisch und versuchte, Almodis den Dispens aus der Hand zu reißen, den diese triumphierend hochhielt.
    Sie entzog ihn Almuts Griff und lachte böse.
    Almut packte sie.
    Sie wand sich, kam frei.
    Almut riss sie an den Haaren zurück, bevor sie den Kamin erreicht hatte.
    Ihre Krallen fuhren ihr ins Gesicht.
    Mit erhobenen Armen versuchte Almut sich zu schützen.
    Ein schmerzhafter Tritt traf ihr Schienbein.
    Ihre Faust Almodis’ Brust.
    Und dann sah sie zu Trine auf, die verstört versuchte, einzugreifen. Sie machte ihr ein kurzes Zeichen, und in den Augen des taubstummen Mädchens glomm eine wilde Energie auf.
    Almodis war gegen den Tisch gefallen, erhob sich aber wieder und stürzte sich, Unflat schreiend, auf Almut. Diese wehrte sich mit Händen und Füßen. Stoff riss, ihr Gebände verrutschte, ihre Haare lösten sich.
    Ein gewaltiges Krachen erfolgte.
    Blaue, grüne, goldene und rote Funken tobten um Almodis.
    Karaffen klirrten, Schüsseln schepperten, Säure fraß sich in Säume. Almodis jaulte entsetzt auf.
    »Gellend heult Garm von Gnipahellir«, tönte der Papagei.
    Krudener leerte ein Schaff Schmutzwasser über Almodis glosendes Gewand.
    Zum Dank schlug sie ihm ins Gesicht, und er stolperte mit blutender Lippe gegen die Bank.
    Dann, von einer Höllenwut getrieben, wandte Almodis sich Almut zu. Ihre Lippen von Irrsinn verzerrt, ihre Zähne gebleckt griff sie nach dem Schürhaken.
    »Heilige Maria, Schild der Streitenden, höre mich!«, rief Almut und wich zurück.
    Clara hatte ihren Korb auf den Tisch gestellt, und als Almut vor den blindwütigen Schlägen Almodis’ zurücktaumelte, landete ihre Hand in den Wollnocken. Sie erspürte das Metall darin und griff zu. Als ihre Gegnerin mit dem Schürhaken zustieß, drehte sie sich zur Seite.
    Maria, die Stärke der Gerechten, fuhr in Almuts Arm.
    Mit einem dumpfen Schlag traf die Statue Almodis’ Schläfe.
    Sie verdrehte stumm die Augen und sank nieder.
    In die Stille krähte der Papagei: »Gluten sprüht er und Gift speit er; entgegen geht Gott dem Wurm.«
    »›Die Erde bebte und wankte, und die Grundfesten der Berge bewegten sich und bebten, da er zornig war. Rauch stieg auf von seiner Nase und verzehrend Feuer aus seinem Munde; Flammen sprühten von ihm aus‹«, rezitierte Clara mit erhobener Stimme den Psalm des

Weitere Kostenlose Bücher