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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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die würde sie ihm nicht schenken können. Sie dachte an den jungen Ivo - jetzt, da sie Leon kannte, konnte sie sich ein recht gutes Bild von seinem Aussehen machen. Aus den Bemerkungen seiner Freunde hatte sie hier und da Stückchen zusammengetragen, die ihr sein Wesen nähergebracht hatten. Bevor er sich verbittert und enttäuscht in das Klosterleben gefügt hatte, konnte er leichtherzig tändeln und glühend lieben, und seine neckenden Küsse hatten ihr gezeigt, dass er diese Neigung nur unterdrückt, nie aber ausgemerzt hatte. Wie anders war sie selbst. Tändelei hatte sie, außer ganz flüchtig als junges Mädchen, nie betrieben, und glühende Liebe war ihr noch nie beschieden worden.
    Solange er der schwarze Benediktinerpater war, hatte sie sein hartes Urteil gefürchtet, aber allmählich die feinen Risse in der Mauer entdeckt, hinter der er seine Gefühle verborgen hatte.
    Nun war die Mauer gefallen, sie selbst hatte ihn befreit, Stein um Stein - und nun packte sie die Angst vor dem, was sie freigesetzt hatte.
    Ihre Fingerspitzen trafen auf den goldenen Anhänger mit der Träne Mariens, der zwischen ihren Brüsten ruhte. Und die himmlische Braut neigte huldreich ihr Ohr, als die Begine leise betete: »Sieh, oh liebreichste Mutter, ich biete dir mein Herz, wie es überströmt von aller Seligkeit, und in ihm stelle ich dir vor all jene göttliche Liebe... Ich liebe ihn, gütigste Maria. Leite mich, damit er Gefallen an mir finde. Denn die Nachricht, die ich ihm bringen werde, wird alte Wunden aufreißen und Bitternis wecken. Er wird sich erinnern an Lust und Süße, Verrat und Demütigung. Er zeigt es nie und wahrt die Fassung, aber ich glaube ihn zu kennen, und seine Seele ist alles andere als hornhäutig. Ich werde ihn verletzen und möchte einen Trost für ihn bereithalten. Maria, bitte gib, dass meine Zuneigung ihn erreicht.«
    Trine hatte ihr einen langen, festen Zopf geflochten und reichte ihr ein sauberes, weißes Leinentuch, damit sie ihre Haare bedecken konnte. Dann raffte Almut das am Saum angesengte Gewand und trat aus dem Baderaum in das nun wieder präsentable Laboratorium. Meister Krudener sah ihr entgegen und verbeugte sich schweigend vor ihr.
    »Berichtet Ivo von meiner Verblendetheit und richtet ihm aus, dass die Verräterin nicht entkommen wird, bis er Gericht über sie hält.«
    »Macht Euch nicht zu viele Vorwürfe, Meister Krudener. Sie ist eine Zauberin und hat Euch behext, wie so viele andere auch.«
    Dann nahm sie den Dispens und die kleine Marienstatue und barg beides sorgsam in dem Beutel an ihrem Gürtel. Die Perle in ihrem goldenen Rankwerk schimmerte nun auf ihrer Brust, und dergestalt gewappnet schritt sie in Claras Begleitung zu dem Haus am Alter Markt.

45. Kapitel
    Wie ein eingesperrter Wolf schritt Ivo vom Spiegel in seinem Turmzimmer auf und ab. Seit er die Klause verlassen hatte, nagte die erzwungene Gefangenschaft in seinem luxuriösen Käfig an ihm. In den unteren Räumen herrschte geschäftiges Leben, Besucher kamen, Geschäfte wurden abgewickelt, Neuigkeiten von Märkten und Stapelhäusern ausgetauscht, Verträge abgeschlossen und Pläne geschmiedet. Obwohl krank und schwach, hielt Gauwin vom Spiegel noch immer die Fäden in der Hand, auch wenn seine Tätigkeiten sich vornehmlich darauf konzentrierten, sein Haus zu bestellen.
    Ivo vom Spiegel konnte keinen Anteil daran nehmen, denn noch durfte niemand erfahren, dass er sich wieder in Freiheit befand. Aber diese Freiheit beschränkte sich darauf, oben auf dem Söller von Ferne das Treiben auf dem Alter Markt zu beobachten.
    Schlimmer aber noch empfand er es, zur Untätigkeit in seiner eigenen Sache gezwungen zu sein. Er war ein Mann der Tat, und dass er es seinen Freunden überlassen musste, für ihn die vielfältigen Nachforschungen anzustellen, bereitete ihm Unbehagen. Sein Sohn war am Nachmittag bei ihm gewesen und hatte ihm von dem Brand in Azizas Haus berichtet. Auch von den Mutmaßungen, die sich durch das Befragen der Nachbarschaft ergeben hatten. Jemand konnte sich an einen Unbekannten erinnern, der sich an der Mauer zu schaffen gemacht hatte, über die man in die Höfe und Gärten hinter den Häusern gelangte. So mochte der falsche Mönch, der Handlanger, in das Haus der Maurin eingedrungen sein und unter dem Dach das Feuer vorbereitet haben. Anscheinend hatte er pechgetränkte Lumpen ausgelegt und so lange gewartet, bis die Bewohnerin sich zum Schlafen zurückgezogen hatte, um sie dann zu entzünden und sich

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