Das brennende Gewand
für eine wunderbare Idee, Herr. Pitter wird seine helle Freude daran haben!«
»Begine!«
Almut stand auf und trat vor ihn. Sie legte ihre Rechte auf sein Herz und sah ihm in die Augen.
»Nun ist Euch leichter ums Herz«, flüsterte sie, doch als er nach ihrer Hand griff, fürchtete sie, er würde sie von sich weisen. Stattdessen aber legte er die seine darauf und hielt die ihre mit festem Griff. Sie lächelte ihn glücklich an.
»Nun stimmt es also, was der Weise sagt, Herr: ›Ein fröhliches Herz macht ein fröhliches Angesicht.‹«
»Ihr habt die Sprüche des Salomo erhalten? Das musste ja irgendwann so weit kommen. Aber bedenkt: ›Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert.‹«
»Er lässt sich gerne über den Einsatz der Zunge aus, das habe ich schon festgestellt. Ihr werdet reichlich Gebrauch von seinen Mahnungen machen können.«
»Es wird mir ein Anliegen sein, Begine. Denn: ›Tod und Leben stehen in der Zunge Gewalt; wer sie liebt, wird ihre Frucht essen.‹«
»Wie wahr! Und: ›Eine richtige Antwort ist wie ein lieblicher Kuss.‹ Hat er auch gesagt.«
Das Glitzern unter den schwarzen Brauen verstärkte sich, und ein starker Arm legte sich um Almuts Taille.
»Ihr tändelt auf ketzerische Art, Begine!«
»Stört es Euch?«
»Mich stört Euer Gebände, Weib. Ich möchte Eure Haare durch meine Finger gleiten lassen und sie über Eure Schultern fallen sehen.«
Almut hatte einige Schwierigkeiten mit dem Atem, und als sie nun in die Augen ihres Geliebten schaute, entdeckte sie die schwarze Flamme darin.
»So tut es«, wisperte sie und erschauderte bei dem Gedanken, welche Folgen es haben würde. Doch da ließ er sie auch schon los und schob sie beinahe grob zur Bank hin. Zitternd setzte sie sich.
»Verzeiht, Begine. Doch mein Gelübde ist noch nicht gelöst.«
Es klang tonlos, und plötzlich erkannte Almut den wahren Grund seiner erneuten Verbitterung. Diese Erkenntnis ernüchterte sie.
»Theo - er kam, um es Euch mitzuteilen? Und Euer Vater hörte es ebenso?«
»Was seinem Herzen einen schlimmen Schlag versetzte.«
»Dem Euren, Herr, und dem meinen ebenso. Was ist geschehen?«
»Man fand am Donnerstag vor dem Stadttor einen Toten. Ausgeraubt, wie es aussah, von Wegelagerern. Was sie ihm gelassen hatten, war ein gesiegeltes Dokument. Es hatte wohl keinen Wert für die Räuber. Die Wachen brachten den Mann zum Turm und übergaben das Schreiben dem Stadtrat. Der sandte es heute an die Adresse, an die es gerichtet war.«
»Der Tote war der Bote des Erzbischofs?«
»Und das Pergament enthielt Friedrichs Ablehnung. Der Dispens wurde nicht erteilt. Meine einstigen Verfehlungen wiegen zu schwer.«
Almuts kalte Hände verkrampften sich in ihrem Schoß.
»Und nun?«
»Wir werden versuchen herauszufinden, wer den Gesinnungswandel bewirkt hat, und weiter verhandeln. Wenn mein Vater wieder zu Kräften gekommen ist.«
»So ist noch nicht alle Hoffnung gestorben?«
»Nicht alle. Aber es wird Zeit ins Land gehen. Habt Ihr Geduld, Begine?«
»Für Euch, Herr, will ich sie haben, auch wenn es meinem Wesen nicht entspricht, tatenlos abzuwarten.«
»Umso mehr achte ich Euch. Da Euren Augen nichts entgeht, was meine hornhäutige Seele belastet, werde ich Euch nun noch ein Geständnis machen müssen und darauf vertrauen, dass Ihr mir - vielleicht - vergebt.«
»Habt etwa Ihr, Herr, einen Unfug angerichtet?«
»Unfug - ja, als törichter Jüngling, und mehr als genug davon. Ich habe heute meinem Vater gebeichtet, was er nicht wusste.«
»Das aber hat sein Herz nicht zum Stolpern gebracht.«
»Nein. Unglaublicherweise hat es ihn zum Lachen gebracht.«
»Dann werde auch ich über Eure Verfehlung hinwegsehen.«
»Ihr seid ein Weib, Euch mag es mehr schmerzen, Begine. Wisst, ich habe vor vielen Jahren einen Sohn gezeugt. Lange bevor die Ordensbande mich umschlangen.«
Almut setzte sich gerade auf und sah ihn an. Das Bild eines dunkelhaarigen jungen Mannes schob sich vor sein Gesicht. Ähnlich von Statur, vertraut von den Zügen. Vor einem Jahr, als sie des Mordes beschuldigt war und die Bahrprobe zu bestehen hatte, war er ihr schon aufgefallen. Der Stiefbruder des jungen Opfers. Sogar der Name fiel ihr wieder ein.
»Leon de Lambrays?«
Ivo vom Spiegel wirkte fassungslos.
»›Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge, die macht beide der Herr.‹« Almut grinste ihn breit an.
»Gerechter Gott, woher...?«
»Er weilte letztes Jahr in Köln. Aziza und ich sind ihm in - mhm
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