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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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aussprechen.«
    »Nein, dann spuckt man die ganze Gegend voll. Aber vielleicht wisst Ihr, wer der Sohn des Harfenspielers ist?«
    »Ich kenne keinen Harfenspieler, tut mir leid. Nur Fabio mit seiner Ud.«
    »Und der ist weg. Außerdem hat der noch keinen Sohn.«
    »Eben. Woher hast du das?«
    »Aus dem Adler. Das lag da am Boden in Frau Franziskas Braustube. Ihr wisst doch, da ist der Vergolder von Groß Sankt Martin ersoffen.«
    »Die Wirtin berichtete von einem Unfall. Aber sie hatte keine Ahnung, wer der Unglückliche war. Was hast du damit zu tun? Wieso weißt du, wer der Tote ist?«
    »Ich hab ihn gefunden und aus dem Kessel gezogen. Da ist mir schon aufgefallen, dass ihm der Ohrring fehlt. Hab’s dem Lodewig erzählt, und der wusste von dem Thomas, der die Sachen von Bertram vergoldet.«
    Almut kannte natürlich den Brauch mancher Zünfte, den Gesellen einen goldenen Ohrring zu übergeben, der ihnen erst bei ihrem Tode abgenommen wurde, um die Kosten der Beerdigung zu decken. Ein herausgerissener Ring - dabei blieb ein Riss im Ohrläppchen zurück - bedeutete den unehrenhaften Ausschluss aus der Zunft.
    »Wie ist denn ein Schlitzohr ins Kloster gekommen?«
    »Ach, Ihr habt’s nicht gehört? Hat doch vor zwei Wochen einen lauten Knatsch mit den zünftigen Vergoldern und dem Camerarius gegeben. Weil der Abt wollte, dass die Apostel zu Pfingsten goldene Zungen haben. Aber die Zünftigen vergolden lieber die Clarissen.«
    Ein flüchtiges Bild von in Gold erstrahlenden Nonnen verwirrte Almut kurzfristig, dann besann sie sich aber auf den schönen Altar, der in ihrer Kirche an der alten Stadtmauer stand, und nickte.
    »Darum haben die Mönche also den Ausgestoßenen den Auftrag gegeben. Macht böses Blut, so was.«
    »Mächtig böses Blut, Frau Almut. Nicht nur bei den Zünften. Hat auch im Kloster Ärger gegeben.«
    »Hat der Vergolder sich etwas zu Schulden kommen lassen?«
    »Rumgeschnorrt hat er und dem Abt sein Bier ausgesoffen. Hat Lodewig erzählt. Und dann wurd’s lustig. Weil doch Euer Pater den Thomas verbimst hat.«
    »Was? Bitte?«
    »De Suffnaas hat in Pater Ivos Zelle ihren Rausch ausgeschlafen. Hat ene Hetzjach durch den janzen Kreuzgang gegeben. Und dann hat de Schruutekopp anjefangen, den Pater mit groben Worten zu beleidigen.«
    Der Wechsel von gehobener Gassensprache zu vornehmer Formulierung erzeugte bei Almut ein Glucksen in der Kehle, das Pitter beifällig würdigte.
    »Die groben Worte führten also zu groben Taten.«
    »Hat ene kräftige Handschrift, Euer Pater!«
    »Ei wei!«
    Pitter grinste und wies dann wieder auf das Pergament, das Almut auf den Tisch gelegt hat.
    »Soll ich das dem Vogt bringen? Was meint Ihr?«
    Zweifelnd betrachtete sie die kryptischen Wörter und zuckte dann mit den Schultern.
    »Der wird auch nichts damit anfangen können. Möglicherweise gehört’s der Wirtin. Ich kann sie ja mal fragen, wenn ich das nächste Mal zum Adler gehe.«
    Zufrieden, das seltsame Geschreibsel los zu sein, zog Pitter ab, um sich sein verdientes Mittagsmahl in der Küche zu holen. Lernen machte ihn immer besonders hungrig.
    Almut nahm das Pergament an sich und brachte es in ihre Kammer. Dort blieb es jedoch zunächst unbeachtet liegen, denn die Edle von Bilk hielt ihren Einzug in den Konvent.
     
    »Natürlich bin ich mit dem Zimmerchen zufrieden«, betonte die schlanke Frau, während Mettel und Bela eine Truhe die Stiege hochwuchteten. Magda, sehr würdevoll, hatte ihr angeboten, im Haupthaus über dem Refektorium einzuziehen, wenngleich das ihre eigene Bequemlichkeit beeinträchtigt hatte. Almut, die zur Begrüßung des Gastes hinzugekommen war, verspürte die Erleichterung ihrer Meisterin und hieß die Dame herzlich willkommen. Sie sah so ganz anders aus, als sie sich die Witwe eines Ritters vorgestellt hatte. Sie trug einen schlichen braunen Surkot aus Wolle, zwar sorgfältig gearbeitet, aber ohne besonderen Zierrat, und ein strahlend weißes Gebände, das Kinn und Wangen bedeckte. Das betonte ihre leicht gelbliche Hautfarbe recht ungünstig, und die rissigen, blassen Lippen wirkten wenig vorteilhaft. Schön waren einzig ihre braunen Augen, die unter schweren Lidern lagen, die sie jedoch bescheiden gesenkt hielt.
    »Ich richte mich nur schnell ein, Frau Magda, dann bin ich gerne bereit, meinen Anteil an Arbeiten zu übernehmen.«
    »Dazu seid Ihr nicht verpflichtet, edle Frau. Schaut Euch um, macht Euch ein Bild von unserem Leben, unterhaltet Euch mit unseren Schwestern. Unsere Elsa

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